Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
sagte er.
»Ich habe eine Erlaubnis vom Bischof von Lorica!«, stieß der Bärenmeister aus.
»Der Bischof von Lorica würde sogar dem Satan eine Erlaubnis zur Eröffnung eines Bordells verkaufen«, entgegnete der Priester und fuhr mit der Hand an den Dolch, der in seinem Gürtel steckte.
Der Fuhrmann packte seine Tochter, aber sie entwand sich seinem Griff. »Vater, der Bär hat Schmerzen«, sagte sie.
»Ja«, meinte er. Er war ein rücksichtsvoller Mann. Aber er hielt den Blick weiter auf den Priester gerichtet.
Und der Priester sah ihn an.
»Dürfen wir einem Lebewesen wehtun?«, fragte seine Tochter. »Hat Gott die Wildnis nicht genauso erschaffen wie uns?«
Das Lächeln des Priesters wirkte genauso schrecklich wie das vor Zähnen starrende Maul des Bären. »Deine Tochter hegt sehr bemerkenswerte Gedanken«, sagte er. »Ich frage mich, woher sie diese hat.«
»Ich will keinen Ärger bekommen«, entgegnete der Fuhrmann. »Sie ist doch bloß ein Kind.«
Der Priester trat näher, doch nun wollte der Bärenmeister endlich mit seiner Zurschaustellung fortfahren. Darum rief er etwas. Er hatte eine ziemlich große Menschenmenge angezogen – es waren mindestens hundert Leute, und in jeder Minute kamen weitere hinzu. Auch ein halbes Dutzend Soldaten des Grafen waren zu sehen. Sie hatten ihre Röcke in der frühen Hitze aufgeknüpft und schäkerten nun mit den Bauernmägden herum. Dabei drängten sie sich eifrig nach vorn, weil sie Blut zu sehen hofften.
Der Fuhrmann zog seine Tochter zurück, sodass die Soldaten zwischen ihm und dem Priester hindurch marschieren konnten.
Der Bärenmeister trat das Tier und zerrte an dessen Kette. Einer seiner Jungen spielte auf einer dünnen Flöte eine schnelle, abgehackte Melodie.
Die Menge sang: »Tanz! Tanz! Tanz, Bär, tanz!«
Die Bärin saß einfach nur da. Als ihr das Zerren des Meisters Schmerzen verursachte, hob sie den Kopf und brüllte ihren Trotz heraus.
Die Menge wich ein wenig zurück und murmelte enttäuscht; nur der Priester schien zufrieden zu sein.
Einer der Soldaten schüttelte den Kopf. »Das ist doch Mist«, ärgerte er sich. »Sollen sich doch die Hunde mit diesem Biest vergnügen!«
Zwar wurde diese Idee sofort von seinen Gefährten aufgegriffen, aber der Bärenmeister war damit gar nicht einverstanden. »Das ist mein Bär«, beharrte er.
»Ich will deinen Marktpass sehen«, forderte der Sergeant. »Gib ihn mir.«
Der Mann blickte zu Boden und wirkte trotz seiner Größe eingeschüchtert. »Hab keinen.«
»Dann kann ich dir deinen Bären wegnehmen, Kumpel. Ich kann dir deinen Bären und deine Jungen wegnehmen.« Der Sergeant lächelte. »Aber ich bin kein grausamer Mann«, fuhr er mit einer Stimme fort, die seinen Worten Hohn sprach. »Wir hetzen einfach ein paar Hunde auf deinen Bären, und du kannst das Silber dafür einsammeln. Lass uns wetten.«
»Das ist ein Goldener Bär«, sagte der Bärenmeister. Sogar seine rote Weinnase wurde bleich. »Ein Goldener Bär!«
»Du willst wohl sagen, du hast ein bisschen Silber ausgegeben, damit du etwas Gold in seinen Pelz schmieren konntest«, meinte einer der anderen Soldaten. »Das ist für die Leute hübscher anzusehen.«
Der Bärenmeister zuckte die Achseln. »Holt eure Hunde«, sagte er.
Der Fuhrmann wollte noch einen Schritt zurückweichen, aber der Priester packte ihn am Arm. »Du bleibst hier«, sagte er. »Und deine kleine Hexe von Tochter auch.«
Der Griff des Mannes war wie Stahl, und in seinen Augen brannte ein fanatisches Feuer. Der Fuhrmann erlaubte es nur widerwillig, zurück in den Kreis um die Bärin gezogen zu werden.
Die Hunde wurden herbeigeschafft. Es waren Mastiffs – so groß wie Ponys – und ein paar andere Mischlinge, deren Wildheit ihre Größe noch übertraf. Einige ließen sich still nieder, während die anderen die Bärin unerbittlich anknurrten.
Die Bärin hob den Kopf und knurrte ebenfalls – ein einziges Mal.
Alle Hunde wichen einen Schritt zurück.
Die Männer machten ihre Wetten.
Der Bärenmeister und seine Jungen gingen in der Menge umher. Zwar wollte er seinen Bären nicht in einem Kampf sehen, aber gegen die schiere Menge an Silber, die sich nun auf seine Handflächen ergoss, hatte er auch nichts einzuwenden. Sogar der kleinste Bauer wettete mit. Und da der Bär als eine Kreatur der Wildnis gelten musste …
Es war beinahe eine religiöse Pflicht zu wetten.
Der Bär erzielte eine immer schlechtere Quote.
Und es kamen immer mehr Hunde herbei, die umso
Weitere Kostenlose Bücher