Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
bekommen, hatte der Bauer dort Bäume gefällt, die älter als Peters Großvater gewesen sein mussten. Hier blieb Peter stehen, legte sich auf den niedrig hängenden Zweig eines Apfelbaums und sah dem Treiben zu.
Bevor die rötliche Sonne ganz aus dem Himmel verschwunden war, hatte er seine Hose ausgezogen – billig, schmutzig, zerrissen – und ging im Hemd zu den anderen zurück. Einige von ihnen trugen Hemden aus Hirschhaut oder Leinen, und er hoffte, dass er ihnen etwas verdeutlichen konnte.
Über seiner Schulter hingen noch seine Tasche und seine Axt.
Und der Bogen.
Er stellte sich in die Nähe des Scheunenfeuers, spürte die Wärme, und sein Magen machte Purzelbäume, als er das bratende Schweinefleisch roch.
Einer der bemalten Männer hatte nun auch die Hütte in Brand gesteckt. Lachen ertönte. Ein anderer hatte sich verbrannt, weil er Fleischstücke aus dem Leib der Sau hatte stehlen wollen, während die Krieger um ihn herum wie Dämonen lachten.
Falls es ein Signal gegeben hatte, hatte Peter es nicht gehört. Plötzlich fielen sie alle über die Ferkel her, als wäre eine Tischglocke geläutet worden. Sie aßen gierig. Es war, als sehe er Tieren beim Fressen zu. Wenige Laute waren zu hören, nur das Kauen und das Abreißen des Fleisches von Knochen, unterbrochen vom Ausspucken von Knorpel und verbrannten Stücken sowie dem anhaltenden Gelächter.
Wenn dieses nicht gewesen wäre, hätte es wie ein Albtraum gewirkt. Aber das Lachen war warm und menschlich, und Peter stellte fest, dass er näher und näher an das Feuer herangetreten war, angezogen vom Duft des Bratens und dem Klang des Lachens.
Der rote Mann, der vorhin auf ihn gezielt hatte, befand sich nun in seiner Nähe. Plötzlich trafen sich ihre Blicke, und der rote Mann schenkte ihm ein Grinsen und deutete mit einem Rippenspeer auf ihn.
»Dodeck?«, fragte er. »Gaerleon?«
Die anderen Krieger in seiner Nähe drehten sich um und sahen Peter an.
Ein Mann – größer als die meisten, mit öligem Schwarz bemalt und mit ebenso öligem Haar sowie einem einzelnen roten Streifen quer über dem Gesicht – wandte sich ihm ebenfalls zu und grinste. »Willst du essen?«, fragte er. »Skadai bietet es dir an.«
Peter machte einen weiteren Schritt voran. Er war sich des Umstandes deutlich bewusst, dass seine Beine, sein Hals und sein Gesicht nackt und ganz anders als die dieser Menschen waren.
Der rote Mann – Skadai – winkte ihm zu. »Iss«, sagte er.
Ein anderer Krieger lachte und sagte etwas in der fremden Sprache. Skadai lachte ebenfalls, ebenso wie der schwarze Krieger.
»War das deine Sau?«, fragte der schwarze Krieger.
Peter schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich bin bloß zufällig hier vorbeigekommen.«
Der schwarze Krieger schien dies seinen Freunden zu übersetzen und gab ihm dann eine Portion Schweinefleisch.
Er aß es. Er aß zu schnell, verbrannte sich Hände und Zunge an dem Fleisch und Fett.
Der schwarze Krieger reichte ihm eine Kalebasse, die sich als mit Wein gefüllt herausstellte. Peter trank, verschluckte sich und gab sie zurück. Plötzlich schmerzten die Verbrennungen an seinen Händen.
Alle beobachteten ihn.
»Ich war ein Sklave«, sagte er plötzlich. Als könnten sie das verstehen! »Ich werde nie mehr ein Sklave sein. Lieber sterbe ich. Ich werde auch für euch kein Sklave sein.« Er holte tief Luft. »Aber wenn ihr das von mir nicht verlangt, würde ich mich euch gern anschließen.«
Der schwarze Krieger nickte. »Ich bin auch ein Sklave gewesen«, sagte er und lächelte schief. »Na ja, so was Ähnliches.«
Am Morgen standen sie im ersten Licht der Dämmerung auf und bewegten sich die schmale Straße hinunter, auf der Peter am vergangenen Tag heraufgekommen war. Sie gingen in vollkommenem Schweigen und verständigten sich nur durch Pfiffe und Vogelrufe. Peter schloss sich dem schwarzen Krieger an, der sich Ota Qwan nannte. Ota Qwan wiederum folgte Skadai, der nach Peters Auffassung der Hauptmann war. Aber bisher hatte er keine Befehle gegeben.
Niemand sprach mit Peter, doch es wurde ohnehin kaum gesprochen, und daher konzentrierte er sich ganz darauf, sich so zu bewegen, wie sie es taten. Er verhielt sich sowieso nie laut im Wald, und niemand ermahnte ihn zu weiterer Vorsicht. Er folgte Ota Qwan so gut wie möglich durch einen Erlensumpf, einen sanften Hügel hinauf, der mit Birken bestanden war, dann nach Westen einen Wildpfad entlang durch lichte Buchenwälder und schließlich an einem See
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