Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
stets wütend waren.
»Warum hast du mich gerufen?«, kreischte er.
Thorn nickte. »Weil ich dich brauche«, gab er zur Antwort.
Tunxis klackte verächtlich mit dem Schnabel. »Aber vielleicht brauche ich dich doch nicht. Und auch deine Spielchen nicht.«
»Es waren meine Spielchen, die es dir erlaubt haben, die Hexe zu töten.« Thron lächelte nicht. Er hatte die Fähigkeit dazu verloren, aber innerlich musste er grinsen, denn Tunxis war noch so jung.
Der Schnabel klackte erneut. »Sie war gar nichts.« Ein weiteres Klacken, diesmal aus tiefer Befriedigung. » Du wolltest sie tot sehen. Außerdem war sie zu jung. Du hast mir einen Festschmaus versprochen und nur Abfall gegeben. Ein Nichts .«
Thorn betastete seinen Stab. »Jetzt ist sie allerdings ein Nichts.« Sein Freund hatte um ihren Tod gebeten. Verrat über Verrat. Gefallen, um die gebeten wurde und die geschuldet wurden. Eben die Wildnis. Seine Aufmerksamkeit drohte von dem Dämon abgelenkt zu werden. Vermutlich war es ein Fehler gewesen, Tunxis die Erlaubnis zu geben, in jenem Tal zu töten.
»Meine Base sagt, dass bewaffnete Männer durch das Tal reiten. Durch unser Tal.« Tunxis sprach undeutlich, wie es bei seinesgleichen stets vorkam, wenn man von großer Leidenschaft bewegt war.
Thorn beugte sich vor und war plötzlich sehr interessiert. »Mogan hat sie gesehen?«, fragte er.
»Sie hat sie gerochen. Beobachtet. Und ihre Pferde gezählt.« Tunxis bewegte seine Augenbrauen auf Dämonenart. Es wirkte wie ein Lächeln, aber sein Schnabel schloss sich dabei – wie in Freude über eine gute Mahlzeit.
Thorn hatte die Dämonen seit vielen Jahren studieren können. Sie waren seine engsten Verbündeten, seine Leutnants, denen aber nicht zu trauen war. »Wie viele?«, fragte Thorn geduldig.
»Viele«, erwiderte Tunxis, der schon wieder gelangweilt wirkte. »Ich werde sie finden und töten.«
Thorn seufzte. »Nein. Du wirst sie aufspüren und beobachten. Und zwar aus der Ferne. Wir werden alles über ihre Stärken und Schwächen in Erfahrung bringen. Es besteht die Möglichkeit, dass sie nach Süden über die Brücke ziehen oder sich der Garnison der Lady anschließen. Für uns ist das nicht von Bedeutung.«
»Es ist vielleicht für dich nicht von Bedeutung, Wendehals. Aber es ist unser Land. Unser Tal. Unser Gebirge. Unsere Festung. Unsere Macht. Nur weil du schwach bist …« Tunxis klackte mit seinem Schnabel dreimal laut und deutlich.
Thorn machte eine rollende Bewegung mit seiner Hand, zuckte mit den langen Fingern, und der Dämon fiel so plötzlich zu Boden, als wären ihm alle Sehnen durchtrennt worden.
Thorns Stimme wurde zum Zischen einer Schlange.
»Ich bin schwach? Es sind viele Soldaten? Sie kommen aus dem Osten? Du bist ein Narr und ein Kind, Tunxis. Ich könnte dir die Seele aus dem Körper reißen und sie verspeisen, und du könntest nicht einmal eine Klaue heben, um mich daran zu hindern. Selbst jetzt kannst du dich nicht mehr bewegen, bist nicht in der Lage, eine Macht herbeizurufen. Du bist wie ein Küken im rauschenden Wasser, während der Hecht kommt und es fressen will. Verstanden? Und du sagst mir, dass es ›viele‹ sind – wie ein Lord, der seinen Bauern ein paar Krumen vor die Füße wirft. Viele?« Er beugte sich über den flach am Boden liegenden Dämon und stieß ihm seinen schweren Stab in den Bauch. »Wie viele genau, du kleiner Dummkopf?«
»Ich weiß es nicht«, gelang es Tunxis zu sagen.
»Aus Osten oder aus Südosten? Aus Harndon, vom König? Oder aus dem Gebiet jenseits der Berge? Weißt du es?«, zischte er.
»Nein«, gab Tunxis zu und krümmte sich.
»Tunxis, mir gefällt es, höflich zu sein. Ich handle gern wie …« Er suchte nach einem Weg, sich der fremdartigen Gedankenwelt mitzuteilen. »Ich verhalte mich gern so, als wären wir Verbündete, die ein gemeinsames Ziel teilen.«
»Du behandelst uns wie Diener. Aber wir dienen niemandem!«, spuckte der Dämon aus. »Wir sind nicht so wie deine Menschen , die immer nur lügen und all diese hübschen Dinge sagen. Wir sind Qwethnethogs!«
Thorn stieß seinen Stab noch fester gegen die Eingeweide des jungen Dämons. »Manchmal habe ich die Wildnis und ihren endlosen Kampf einfach satt. Ich versuche dir und deinem Volk dabei zu helfen, dass ihr euer Tal zurückbekommt. Euer Ziel ist auch mein Ziel. Und deshalb werde ich dich nicht verspeisen, so gern ich es in diesem Augenblick auch täte.« Er zog seinen Stab zurück.
»Meine Vettern sagen, dass ich dir
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