Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Männern, die Zielscheiben, die mit altem Stoff gefüttert oder aus Stroh geflochten waren, aus den Wagen zu laden.
»Ich bin doch gar nicht dran«, jammerte Kanny. »Warum hackst du immer auf uns rum?« Seine Worte hätten tapferer geklungen, wenn er mit ihnen nicht gewartet hätte, bis Bent weit genug weg war.
Geslin war der jüngste Mann in der Truppe, gerade erst vierzehn Jahre alt, und hatte einen dürren Körper, der darauf schließen ließ, dass er als Kind nie genug zu essen bekommen hatte. Er kletterte auf einen der großen Wagen, nahm still eine Zielscheibe und warf sie zu Gadgee herunter, einem seltsam aussehenden Mann mit gebräuntem Gesicht und fremdartigen Zügen.
Gadgee fing die Scheibe unter Grunzen auf und ging auf das ferne Feld zu. »Halt’s Maul und tu was«, sagte er.
Kanny spuckte aus und bewegte sich sehr langsam auf einen Wagen zu, in dem sich keine Zielscheiben befanden. »Ich seh mal nach, ob …«
Cuddy, der Bogenschütze von Tom Schlimm, erschien wie aus dem Nichts und schob ihn auf den Wagen zu, in dem Geslin eine zweite Zielscheibe hervorgeholt hatte. »Halt’s Maul und tu was«, sagte er ebenfalls.
Er war so langsam, dass alle anderen neun Zielscheiben bereits aufgestellt waren, als er mit der seinen endlich fertig war. Vierzig Bogenschützen standen jeweils hundert Schritt entfernt, überprüften ihre Reservesehnen und murmelten etwas von Feuchtigkeit.
Cuddy legte die Sehne mit sparsamen Bewegungen, die von einer langen Übung zeugten, in den Bogen. Dann zog er die Schnur auf, mit der die Pfeile in seinem Köcher zusammengehalten wurden.
»Soll ich den Tanz eröffnen?«, fragte er.
Er legte einen Pfeil ein und schoss ihn ab.
Einige Schritte zu seiner Rechten spannte Mutwill Mordling, der sich für einen der besten Schützen hielt, seinen Bogen und schoss bereits eine Sekunde später. Beim Spannen des großen Kriegsbogens hatte sich sein Körper stark verzerrt.
Bent setzte sein Horn an die Lippen und blies hinein. »Aufhören!«, brüllte er und wandte sich an Cuddy. »Kanny ist noch bei den Zielscheiben!«, schrie er den Meisterschützen an.
Cuddy grinste. »Ich weiß, wo er ist. Genauso wie Mutwill.«
Die beiden Männer kicherten, als Kanny hinter der Scheibe in der Mitte hervorkam und so schnell lief, wie es seine langen, dürren Beine erlaubten.
Die Schützen brüllten vor Lachen.
Kanny tobte vor Wut und Angst. »Du Bastard!«, schrie er Cuddy an.
»Ich hatte dir doch gesagt, du solltest schneller arbeiten«, meinte Cuddy milde.
»Das werde ich dem Hauptmann berichten!«, drohte Kanny.
Bent nickte. »Das solltest du tun.« Er winkte ihn fort. »Geh.«
Kanny wurde blass.
Hinter ihm stellten sich die übrigen Bogenschützen auf und begannen mit ihren Schießübungen.
Der Hauptmann kam zu spät zu den Übungen. Er wirkte müde und bewegte sich langsam. Dann lehnte er sich gegen die hohe Steinmauer, die den Schafspferch umgab, den Ser Hugh zu einem Übungshof umgewandelt hatte, und beobachtete die Kämpfe der bewaffneten Männer.
Trotz der Müdigkeit und des Gewichts seiner Rüstung bewegte sich Ser George Brewes leichtfüßig von einer Kampfposition zur nächsten. Ihm gegenüber befand sich sein »Kamerad«, wie es in der Sprache des Übungshofes hieß. Dabei handelte es sich um den liebenswürdigen Robert Lyliard, dessen vorsichtiger Kampfstil in einem starken Gegensatz zu seiner prunkvollen und prahlerischen Bewaffnung und Kleidung stand.
Brewes pirschte sich wie ein tänzelnder Panther an Lyliard heran; sein Arm mit der Stange bewegte sich durch alle Positionen – niedrig, mit vorgestrecktem rechtem Bein, dann die Stellung des Eberzahns, in einer heftigen Aufwärtsbewegung, bis die Stange wie die Axt eines Holzfällers auf seiner rechten Schulter ruhte.
Daneben stand der dickbäuchige und vorsichtige Francis Atcourt Tomas Durrem gegenüber. Beide waren alte Soldaten, die schon seit Jahrzehnten den Harnisch trugen, aber nie zum Ritter geschlagen worden waren. Sie umkreisten sich unablässig, griffen jedoch nicht an. Der Hauptmann befürchtete schon einzuschlafen, während er ihnen zusah.
Tom Schlimm kam herbei und lehnte sich gegen dieselbe Mauer. Sein Kopf überragte den des Hauptmanns deutlich und auch noch die Feder an dessen Hut.
»Wie wäre es mit einem Kämpfchen?«, fragte Tom mit einem Grinsen.
Niemand wollte sich mit Tom einlassen. Er verletzte seine Kameraden. Trotz der Rüstungen, den Auspolsterungen und Kettenhemden sowie einer sorgfältigen
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