Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
des Eisens?
Peter zuckte zusammen und fragte sich, ob er geträumt hatte.
Eine Fee ist für einen Menschen das, was ein Kolibri für eine Hummel ist. Zumindest dachte Peter so etwas, als er das juwelenartige Wesen anstarrte.
Was ist er dir wert? Ein Jahr deines Lebens?
Peter überlegte nicht lange. Ja, dachte er.
Der rosafarbene Umriss trieb an Ota Qwans Brustkorb entlang, streckte den Arm aus und berührte Peter – anmutig, so unendlich anmutig, doch der Griff war härter als jedes Sklaveneisen, das je geschmiedet worden war. Etwas wurde aus seiner Brust gerissen; es war, als drangen glühende Nadeln in sein Herz und zogen es durch die Rippen heraus. Er musste sich in den Schoß übergeben.
Die Feen lachten. Ihr Gelächter schien in seinem leeren Kopf widerzuhallen wie das Brüllen von Zechern in einer Höhle …
Und Ota Qwan hustete, spuckte und richtete sich auf.
»Nein«, sagte er plötzlich. Seine für gewöhnlich allzu ruhige Stimme war nun von Verwunderung beschwingt. »Nein! Das hast du nicht getan!«
Peter weinte, denn nun hatte er einen Grund dafür – was immer es sein mochte, das er soeben verloren hatte.
Und die Feen lachten.
So süß, so süß. So fern! So selten.
Ein Handel ist ein Handel.
Vielleicht geben wir dir ein anderes. Du warst so süß und bist so selten.
Ihr Lachen klang eher wie ein Fluch.
Otterbachtal, östlich von Albinkirk · Ranald Lachlan
Ranald Lachlan erhob sich aus dem schwarzen Fluch, tauchte durch die Schmerzen und in die weiche Dunkelheit der Aprilnacht ein. Er setzte sich auf, hatte keinen einzigen Gedanken im Kopf, und der Pfeil, der sein Kettenhemd durchdrungen hatte, fiel von ihm ab. Er schnitt sich die Hand an seinem eigenen Langschwert, das zwischen den blutfleckigen Blumen neben ihm lag.
Und dann wusste er, wo er war.
Sag nie, dass wir nicht alles gewähren, was wir versprechen!
So süß, so süß!
Peter hat dich gerettet. Peter hat dich gerettet!
Feenvolk. Nun wusste Ranald, dass er tot gewesen war – oder jedenfalls so knapp vor dem Tod, dass es keinen Unterschied machte –, und jemand namens Peter hatte den üblichen Handel mit ihnen abgeschlossen. Ein Stück deiner Seele für das Leben deines Freundes.
Die Hinterwaller befanden sich überall um ihn herum in der monderhellten Dunkelheit. Einen Moment lang überlegte er, ob er sich davonstehlen sollte – aber sie beobachteten ihn. Es waren mindestens hundert.
Fluchend kämpfte er sich auf die Beine.
Der schwarze Tod war hinter ihm, und in wenigen Herzschlägen würde er ihm auch wieder gehören. Ranald spuckte aus.
Ah, Rebecca, ich habe es versucht. Ich liebe dich, dachte er. Er hob die Axt, die Meister Pyle für ihn gefertigt hatte – nun war sie ausreichend auf die Probe gestellt worden –, und legte sie sich auf die Schulter.
Am Fuß der kleinen Erhebung, wo er seinen letzten Kampf ausgetragen hatte, sah er das Glimmen des Mondlichts, und eine der dunklen Gestalten stand auf. Sie wurde von vier Wesen aus dem Feenvolk beleuchtet, die wie ätherische Leibwächter wirkten.
Der Mann war schwarz angemalt. Ranald erinnerte sich an ihn. Er kam die Erhebung hoch, und Ranald erwartete ihn. Die Hände hatte er um den Schaft seiner Axt gelegt.
»Geh«, sagte der schwarze Mann.
Ranald musste sich das Wort vergegenwärtigen. Es war ein Schock, den Mann gotisch reden zu hören und von einem anderen gesagt zu bekommen, er möge weggehen.
»Wir sind das Volk der Sossag«, sagte der Mann. »Was die Feen zurückgeben, rühren wir nicht an.« Die Augen des Mannes strahlten in der Finsternis. »Ich bin Ota Qwan von den Sossag. Ich strecke dir meine Hand im Frieden entgegen. Ich war tot. Du bist auch tot gewesen. Lass uns beide von hier weggehen und leben.«
Ranald war ein tapferer Mann, ein Veteran von fünfzig Kämpfen, und doch war die Erleichterung, die ihn jetzt überspülte, wie ein mütterlicher Kuss oder wie ein Liebesbekenntnis, und nie zuvor hatte er das Gefühl verspürt, so viel zu haben, wofür er leben konnte.
Er blickte auf den Leichnam seines Vetters hinunter. »Kann ich mit den Feen einen Handel um ihn abschließen?«, fragte er.
Das Lachen klang spöttisch.
Zwei! Wir haben zwei gegeben! Und wir werden tagelang speisen!
So süß und so selten.
Ranald wusste, was die Menschen über das Feenvolk sagten. Also verneigte er sich. »Mein Dank an euch, Volk der Feen.«
Dank Peter!
Hahaha.
Und dann waren sie verschwunden.
Ranald bückte sich und nahm das große Schwert aus Lachlans
Weitere Kostenlose Bücher