Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
werden unseren Namen ein ganzes Jahrhundert weitertragen.
Natürlich ritt der verzweifelte, wütende Junge einfach weiter. Er würde sein Pferd zu Tode reiten, dann zu Fuß weitergehen, und schließlich würde er versuchen, sich mit einem Dolch umzubringen. Aber er würde feststellen müssen, dass er dazu nicht den Mut hatte, und so würde er weinend einschlafen. Und aufwachen und es abermals versuchen, dann abermals versagen und sich für das hassen, was er war. Vor allem aber würde er sich für seine Feigheit hassen.
Der Hauptmann wusste es. Er war dabei gewesen. Er hatte noch immer die beiden Messernarben.
»Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute«, sagte er kaum mit Bitterkeit. Er betastete das weiße Taschentuch an seiner Schulter und ritt pfeifend auf den Konvent zu.
Lissen Carak · Die Näherin Meg
Meg beobachtete die Rückkehr von ihrem Fass neben dem Haupttor aus, auf dem sie mit dem Rücken gegen das Abflussrohr des Kapellendaches gelehnt saß und nähte.
Wie viele der Bauern und anderen Leute in der Festung hatte sie gute Gründe, die bewaffneten Männer zu fürchten. Aber heute wirkten sie anders. Heute schien es weniger eine Bande von Schlägern zu sein, die zu Gewalttaten bereit waren, sondern eher eine Heldengruppe aus einem der Lieder.
Der junge Ritter, der ihr Anführer war, ritt als Erster durch das Tor. Er hielt inne und rief seinem Zug etwas zu – er rief nämlich: »Beendet es so, wie ihr es begonnen habt!« Und sie sah, wie sich alle in ihren Sätteln aufrichteten, sogar diejenigen, die blutig waren.
Der einzige Unterschied bestand darin, dass die meisten nun lächelten. Aber da war noch etwas anderes. Ein Stolz umgab sie, den Meg vorher nicht bemerkt hatte.
Der Hauptmann schwang sich von seinem Kriegspferd herunter und gab die Zügel an Toby weiter, der ihn anstrahlte. Der Hauptmann grinste und sagte etwas, das die Miene des jungen Dieners noch mehr aufhellte.
So sahen keine Besiegten aus, dessen war sich die Näherin sicher.
Ser Thomas ritt mit der Ritterin an seiner Seite herein, und die beiden passten kaum gemeinsam durch das Tor, doch keiner von beiden wollte dem anderen den Vortritt lassen.
Meg beendete die Naht schnell, sammelte die Aura des Sieges gegen eine große Übermacht mit jedem Stich und zog sie in die Kappe hinein, die sie gerade nähte.
Die alte Äbtissin schritt die Treppe vor der Halle hinunter, und der junge Hauptmann stieg in seinem hellroten Wappenrock und der goldgeränderten Rüstung hinauf, ließ sich zum Gruß auf das Knie nieder und sprach mit ihr.
Sie nickte, reichte ihm die Hand und hob dann beide Hände mit der Bitte um Stille.
»Gutes Volk!«, rief sie. »Der Hauptmann teilt mir mit, dass unsere kleine Armee durch die Gnade Gottes einen großen Sieg errungen hat. Aber uns steht auch ein baldiger Angriff bevor, und jeder Einzelne sollte sich nun in Sicherheit begeben.«
Die Soldaten schoben die Leute bereits ins Dormitorium und die große Halle des Klosters zurück. Meg sah, wie sich der junge Ritter umdrehte und den Blick einer Novizin auffing.
Aha, dachte sie und lächelte – vor allem, weil die beiden ebenfalls lächelten.
Als die Bogenschützen auf den Mauern sie eindringlich anblickten, nahm sie ihren Nähkorb und huschte ins Dormitorium.
Gerade noch hatte sie gesehen, wie der Priester etwas äußerst Seltsames tat. Er hatte eine Taube aus einem Käfig genommen und sie über die Mauer geworfen.
Vielleicht hätte Meg etwas sagen oder tun sollen, aber während sie der Taube nachblickte, erschien der Rote Ritter auf einem Balkon des Klosters, und der Priester verschwand. Sie hatten einander nicht gesehen. Der Rote Ritter sprach mit jemandem, der hinter ihm stand, und ein Bein erschien auf dem Balkon. Dann hielt der Mann in der Rüstung plötzlich jemanden in seinen Armen. Jemanden, der das einfache Gewand einer Novizin trug.
Die Eindringlichkeit, die die beiden verband, war atemberaubend. Meg konnte sie sehen, konnte sie fühlen, so wie sie die Quelle der Macht tief unter den Verliesen auch spürte und stets wusste, wann die Äbtissin einen Zauber wirkte. Es war großartig.
Aber es war auch vertraulich, und so wandte sie den Kopf ab. Es gab Dinge, die sollten andere Leute einfach nicht sehen.
Zitadelle von Albinkirk · Ser John Crayford
Der Hauptmann von Albinkirk saß vor seinem verglasten Fenster und betrachtete den Wald in der Ferne.
Mylord,
ich muss annehmen, dass mein letzter Bote Euch erreicht hat. Die
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