Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
Vom Netzwerk:
Pentagramm wurde blasser.
    Die Königin machte einen Schritt nach rechts und stand nun mitten in dem Sonnenstrahl, der durch die hohen Fenster einfiel, während sich der alte Kater an ihrem nackten Bein rieb.
    Schatten erfüllten das Pentagramm. Der Magus hielt seinen Stab hoch und deutete mit dem goldenen Ende wie mit einem Speer zwischen sich und das Zeichen auf dem Boden.
    »Wer ruft mich?«, ertönte eine flüsternde Stimme aus einem Spalt in dem Licht, das wie ein Schmetterling über dem Pentagramm flatterte.
    » KALEO «, sagte Harmodius nachdrücklich.
    Charun manifestierte sich unter dem Schatten. Der Magus spürte, wie es in seinen Ohren knackte, und das Sonnenlicht schien blasser zu werden.
    »Aah«, zischte er.
    »Macht für Wissen«, sagte Harmodius.
    Die Schatten zogen sich zu einer Kreatur zusammen, die wie ein Mensch aussah; allerdings war sie größer als das höchste Bücherregal, nackt, von sattem Weiß, das so blau geädert war wie alter Marmor. Sie hatte feste, lederige Flügel, die majestätisch in einem vollkommenen Bogen, den jeder Künstler bewundert hätte, von hoch über Harmodius’ Kopf bis auf den Boden reichten.
    Der Geruch, den das Wesen mitgebracht hatte, war fremdartig – wie der Duft von verbrannter Seifenlauge. Es roch weder sauber noch faulig. Seine Augen waren vollkommen leer. Es trug ein Schwert, das so groß wie ein Mensch und mit schrecklichen Stacheln besetzt war, und sein Kopf drückte engelgleiche Schönheit und fremdartiges Grauen zugleich aus. Ein ebenholzschwarzer Schnabel war von Gold umrahmt, die rissigen, mandelförmigen Augen waren von endlos tiefem Blau, wirkten wie Zwillingssaphire, und den Kopf krönte ein Knochenkamm, dessen Haare wie die Verzierung an einem archaischen Helm wirkten.
    »Macht für Wissen«, wiederholte Harmodius.
    Die leeren Augen des Dämons richteten sich auf ihn. Wer konnte schon sagen, was ein solches Wesen gerade dachte? Sie sprachen nur selten, und oft verstanden sie nicht, worum der Magus sie bat.
    Dann schoss das Schwert so schnell vor, wie ein Adler einen Hasen ergreift, und schnitt einen Kreis in den Boden hinein.
    Harmodius kniff die Augen zusammen, aber er wäre niemals so alt geworden, wie er inzwischen war, wenn er zur Panik neigen würde. »Sol et scutum Dominus Deus«, sagte er.
    Der zweite Schwertstreich durchstach den magischen Kreis, prallte aber von dem Schild ab, der sich nun über dem Dämon gebildet hatte. Die Kreatur betrachtete diesen Schild, der wie eine purpurrote, mit Weiß durchschossene Blase wirkte, und rammte ihr Schwert dagegen. Funken stoben an den Seiten des Schildes herunter, der wie eine Glocke aus leuchtender Farbe über dem Dämon hing. Rauch stieg vom Boden auf.
    Harmodius klopfte mit seinem Stab dort gegen den Rand des Kreises, wo das Schwert seine Zeichen durchschnitten hatte. »Sol et scutum Dominus Deus!«, brüllte er.
    Der Spalt im Kreis schloss sich, während die Kreatur sich aufbäumte und dabei zischte.
    Die Königin beugte sich zu ihr hin, und Harmodius verspürte nun doch einen Schlag aus purem Entsetzen, weil er befürchtete, sie könnte unabsichtlich den Kreis überschreiten. Doch er konnte nichts zu ihr sagen. Hätte er es getan, dann hätte er die Energie, die er für die Beschwörung brauchte, vermindert. Sein ganzer Wille war auf die Kreatur gerichtet, die sich manifestiert hatte, sowie auf den Kreis, das Pentagramm und den Schild.
    Er erkannte, dass er gerade mit zu vielen Bällen jonglierte.
    Er dachte daran, den Schild aufzulösen – bis der Dämon plötzlich Feuer spuckte.
    Es erblühte wie eine Blume, floss über die gesamte Oberfläche des Schildes, und nun wurde es im Raum sehr heiß. Das Feuer vermochte den Schild nicht zu durchdringen, aber die Hitze konnte dies, und damit hatte sie nun den Wettstreit des Willens völlig verändert. Harmodius musste die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er möglicherweise besiegt wurde, und diese Tatsache faszinierte ihn. Trotz des Schildes roch er die Kreatur so deutlich, wie er die Hitze spürte.
    So plötzlich wie die Flammen erschienen waren, zogen sie sich von den Rändern des Schildes auch wieder zurück und krochen in das Maul der Kreatur. Die Hitze ließ spürbar nach.
    Desiderata beugte sich vor, bis ihre Nase die nachgiebige Oberfläche des Schildes berührte. Und sie lachte .
    Der Dämon wandte sich ihr zu, hielt den Kopf schräg und wirkte plötzlich wie ein Schoßtierchen. Und dann lachte er ebenfalls.
    Sie machte einen Knicks und

Weitere Kostenlose Bücher