Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
allein in einem Meer aus glühendem Grün befand.
Er nahm alles zusammen – jede Faser aufgespeicherter Macht …
Er roch das brennende Leder, und er sah … Bäume. Aufrecht und schwarz.
Grendel wieherte und ging durch.
Er wollte nur noch schlafen, aber Cuddy brauchte Gewissheit. »Ihr seid in voller Rüstung gewesen …«, sagte der Meisterschütze.
»Das war eine gute Entscheidung«, stimmte ihm der Haupt mann zu.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass wir Euch so oft getroffen haben«, meinte Cuddy und schüttelte den Kopf. Während er redete, arbeitete Carlus, der Waffenmeister und Trompeter der Kompanie, mit Hitze und Kraft daran, die Dellen aus dem wunderschönen Helm des Hauptmanns zu entfernen.
»Ich werde mehr darauf achten, wem ich in der Zukunft Sonderaufgaben erteile«, meinte der Hauptmann.
Cuddy verließ das Zelt und murmelte etwas in sich hinein.
Michael half dem Hauptmann aus dem Rest seiner Rüstung. Die Brustplatte war an zwei Stellen stark beschädigt, die Armschienen hingegen wirkten unberührt.
»Wisch zuerst meine Klinge ab«, murmelte der Hauptmann. »Ich habe gehört, dass das Blut der Kobolde ätzend ist.«
»Kobolde«, sagte Michael und schüttelte den Kopf. »Irks. Magie.« Er holte tief Luft. »Haben wir gewonnen?«
»Frag mich das noch mal in einem Monat, junger Michael. Wie viele Männer haben wir verloren?«
»Sechs Knappen. Und drei Bogenschützen beim Rückzug, als dieses Wesen Feuer auf uns gespuckt hat.« Michael zuckte mit den Achseln.
Der Rückzug war zu einem Tumult geworden. Die meisten Männer waren blind vor Angst ins Lager geritten, als immer mehr Ungeheuer im Gefolge der feuerspeienden Schreckensgestalt auf den Hügel geklettert waren.
»Gut.« Der Hauptmann erlaubte es sich, einen Moment lang die Augen zu schließen, doch dann riss er sie wieder auf. »Ich muss der Äbtissin unbedingt Bericht erstatten.«
»Sie könnten uns erneut angreifen«, sagte Michael.
Der Hauptmann sah ihn eindringlich an. »Was immer sie sind, sie sind nicht vollkommen anders als wir. Sie kennen die Angst. Sie wollen nicht sterben. Heute haben wir sie verletzt.« Und sie haben uns verletzt. Ich war zu voreilig. Verdammt.
»Und was geschieht jetzt?«, fragte Michael.
»Wir schleichen uns in die Festung hinein. Dieses Ding wird kommen und uns belagern.« Langsam stand der Hauptmann auf. Einen Moment lang fühlte er sich, als könnte er fliegen, da er das Gewicht seiner Rüstung nicht mehr ertragen musste. Dann überfiel ihn die Erschöpfung wieder wie ein alter und böser Bekannter.
»Hilf mir«, sagte er.
Die Äbtissin empfing ihn unverzüglich.
»Anscheinend hattet Ihr recht. Eure Männer sehen sehr mitgenommen aus.« Sie wandte den Blick ab. »Das war unwürdig«, erlaubte sie sich zu sagen.
Ihm gelang ein Lächeln. »Mylady, Ihr solltet erst einmal den Zustand sehen, in dem sich unsere Feinde befinden.«
Sie lachte. »Ist das Großspurigkeit oder Wahrheit?«
»Ich glaube, wir haben etwa hundert Kobolde und fünfzig Irks getötet. Und vielleicht sogar ein paar Wildbuben. Und wir haben in das Hornissennest getreten.« Er runzelte die Stirn. »Ich habe ihren Anführer gesehen – eine große, gehörnte Kreatur. Wie ein lebendiger Baum und vollkommen bösartig.« Er zuckte die Achseln und versuchte seine Panik zu vergessen. Und seine Stimme ruhig zu halten. »Sie war gewaltig.«
Die Äbtissin nickte.
Er beschloss, über dieses Nicken erst später nachzudenken. Trotz seiner Erschöpfung erkannte er, dass sie etwas wusste.
Sie ging zum Kamin und nahm das seltsame Elfenbeinkästchen vom Sims. Dann öffnete sie es und ergriff die darin liegende Rinde. Sofort wurde sie tintenschwarz. Er spürte ihre Magie. Dann warf sie die Rinde ins Feuer.
»Was soll ich jetzt tun?«, fragte der Hauptmann. Er war so müde, dass er nicht mehr denken konnte.
Sie schürzte die Lippen. »Das müsst Ihr mir sagen, Hauptmann«, erwiderte sie. »Schließlich habt Ihr hier den Oberbefehl.«
Lissen Carak · Pater Henry
Pater Henry sah zu, wie der Söldner am Arm der Äbtissin die Treppe zur Großen Halle hinunterschritt, und seine Haut kräuselte sich, als er gewahren musste, wie sie von dieser Satansbrut berührt wurde. Der Mann war jung und schön, trotz all seiner Prellungen und der dunklen Kreise unter den Augen. Außerdem hatte er ein Gehabe an sich, von dem Pater Henry wusste, dass es nur Heuchelei sein konnte – der Wurm der Falschheit und vorgetäuschtes Mitgefühl.
Der große Söldner
Weitere Kostenlose Bücher