Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
sich auf den Marsch vor.
Thurkan sprang wieder neben ihn; es fiel ihm nicht schwer, mit dem riesigen Magier Schritt zu halten. »Warum?«, fragte er. »Warum Albinkirk?«
Thorn blieb stehen. Es hasste es, ausgefragt zu werden, vor allem wenn es sich um einen Störenfried wie Thurkan handelte, der sich Thorn ebenbürtig fühlte, obwohl er doch bloß ein Dämon war. Am liebsten hätte er geantwortet: »Weil ich es so will.«
Aber es war nicht der rechte Moment für eine solche Antwort.
»Macht ruft Macht hervor«, sagte er stattdessen.
Thurkans Kopfkamm zitterte vor Zustimmung. »Und?«, fragte er.
»Die Irks und die Koboldhorden sind ruhelos. Sie sind hierhergekommen – bist du dafür verantwortlich, Dämon?« Thorn bückte sich zu ihm herunter? »Ja?«
»Gewalt ruft Gewalt hervor«, sagte Thurkan. »Menschen haben Geschöpfe der Wildnis getötet. Eine goldene Bärin wurde von Menschen versklavt. Das ist unerträglich. Auch mein Vetter wurde von ihnen ermordet, genau wie einer der Lindwürmer. Dabei sind wir doch die Wächter. Wir müssen handeln.«
Thorn hob seinen Stab. Sie bewegten sich nach Norden von der großen Festung weg, die undeutlich auf ihrem Felsvorsprung in der Ferne zu erkennen war.
»Mit der Streitmacht, über die wir verfügen, werden wir diesen Felsen niemals einnehmen«, sagte Thorn. »Aber es ist nicht mein Kampf. Allerdings sind wir verbündet, und deshalb werde ich euch helfen.«
»Indem du uns von dem wegführst, was wir zurückerobern wollen?«, fuhr ihn der Dämon an.
»Indem ich die Wildnis gegen ein würdiges Ziel ins Feld führe. Gegen ein erreichbares Ziel. Wir werden so sehr zuschlagen, dass es die Königreiche der Menschen erschüttern mag, und das wird ein mächtiges Signal an die Wildnis aussenden. Dann werden sie in großen Zahlen zu uns kommen. Ist es etwa nicht so?«
Thurkan nickte langsam. »Wenn wir Albinkirk niederbrennen, werden viele es erfahren, und viele werden zu uns stoßen.«
»Und dann«, fuhr Thorn fort, »werden wir die Streitmacht und die Zeit haben, uns gegen den Felsen zu wenden, während die Menschen auf den rauchenden Ruinen sitzen.«
»Und du wirst noch viel mächtiger sein, als du es jetzt schon bist«, fügte Thurkan misstrauisch hinzu.
»Wenn du und deinesgleichen wieder aus der Quelle des Felsens trinken und ihr euch in den Höhlen unter dem Felsen paart, dann werdet ihr mir danken«, sagte Thorn.
Gemeinsam gingen sie weiter.
6
Prynwrithe · Ser Mark Wishart
Mehr als zweihundert Meilen südlich des Cohocton und westlich von Harndon erhob sich die Priorei von Prynwrithe. Es war eine wunderbare, hundert Jahre alte Burg, die auf einem massiven Felssporn errichtet war und hohe Zinnen, vier schlanke Türme mit Bogenfenstern und kupfernen Dächern sowie ein großes gewölbtes Tor besaß, sodass manchem Besucher bei diesem Anblick die Bemerkung entfuhr, dies alles müsse von den Feen erbaut worden sein.
Aber Ser Mark Wishart, der Prior, wusste es besser. Dieses Bauwerk war einmal von einem reichen Dieb errichtet worden, der es zur Rettung seines Seelenheils der Kirche übereignet hatte.
Es war sehr bequem, an diesem Ort zu wohnen – ein Traum für jeden Soldaten, der die meiste Zeit seines Lebens auf der harten, kalten Erde hatte schlafen müssen. Der Prior stand im Hemd vor einem lodernden Feuer und hielt ein Stück Rinde in der Hand – ein kleines Stück Birkenrinde, das beinahe vollkommen schwarz geworden war. Er drehte es hin und her und zuckte dabei unter den Schmerzen in seiner Schulter zusammen. Die Bärin hatte ihn stark verwundet.
Es war ein kalter Morgen, und durch das verglaste Fenster sah er, dass es Frost gegeben hatte. Doch es war nur harmlos; denn der Frühling lag schon in der Luft und mit ihm das Versprechen auf Blumen, Feldfrüchte und frisches Leben.
Er seufzte.
Dean, sein neuer Diener, erschien mit einem Becher Dünnbier und seinem gereinigten Mantel. »Mylord?« Obwohl diese Frage nur aus einem Wort bestand, war sie aufrüttelnd und bedeutungsschwer.
Der Junge war viel zu klug, um sein Leben damit zu verbringen, alten Männern Hypocras einzuschenken.
»Unterhose, Hose, Wams und Rock, mein Junge«, sagte der Prior. »Und ruf den Marschall sowie meinen Knappen.«
Thomas Clapton, der Marschall des Ordens vom heiligen Thomas von Acon, traf in seinen Privatgemächern ein, bevor der Prior seine Hose an das Wams geknöpft hatte – dies war etwas, das er keinem Diener erlauben wollte.
»Mylord«, sagte der Marschall
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