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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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sie gekommen war. Irgendetwas stimmte nicht mit seinen Erinnerungen.
    Christus, dachte er und setzte sich auf einen Stuhl. Er konnte sich daran erinnern, wie er die Katze aus dem Misthaufen neben den Stallungen geholt und vorgehabt hatte, sie zu sezieren. Aber er hatte es nicht getan.
    Warum hatte er das vergessen?
    War es überhaupt eine wahre Erinnerung?
    Ein Speer aus reiner Angst stach durch seine Seele. Das Trinkglas fiel zu Boden, und alle Katzen sprangen auf.
    Ich wurde verzaubert.
    Rasch zog er die Macht mit einem geflüsterten Gebet in sich zusammen und vollführte einen kleinen und feinen Zauber. Tatsächlich war er so zart gewebt, dass er nur sehr wenig Macht dazu benötigte.
    Die Spitze seines Stabes erglühte in einem satten Violett, und Harmodius bewegte ihn langsam durch das Zimmer.
    Für eine Weile veränderte sich die violette Farbe nicht, doch als er eine Pause einlegte und den Stab aufrecht hielt, während er seine eigenen Kreidezeichen an der einen Wand betrachtete, glühte die Spitze zuerst rosafarben und dann in einem wütenden Rot auf.
    Er schwenkte den Stab.
    Rot.
    Er ging näher an die Wand heran, bewegte die Spitze seines Stabes in immer kleineren Kreisen, murmelte einen zweiten Zauberspruch und redete dabei so steif wie ein Mann, der befürchtet, seine Zeilen in einem Schauspiel vergessen zu haben.
    Plötzlich erschien eine ganze Reihe von Runen in heftigem Feuerrot. Es waren wilde Runen, verborgen unter der Wandfarbe.
    In der Mitte befand sich ein Brandmal, das ein Drittel der Zeichen getilgt hatte.
    »Beim heiligen Christus und bei Hermes, dem Heiligen der Magister«, sagte er, taumelte zurück und setzte sich etwas zu plötzlich. Eine Katze schrie auf und zog ihren Schwanz unter ihm hervor.
    Jemand hatte einen Bindezauber an den Wänden seines Allerheiligsten hinterlassen. Jemand musste einen Bindezauber über ihn gelegt haben.
    Auf eine bloße Ahnung hin legte er seinen Stab zur Anreicherung der Macht dorthin, wo er sich gestern befunden hatte. Er warf einen Blick von seinem Kristall zur Spitze des Stabes …
    »Reines Glück«, sagte er. »Oder es ist der Wille Gottes.«
    Nachdenklich stand er da. Dann holte er tief Luft und schnüffelte.
    Langsam und vorsichtig sammelte er die Macht und benutzte dazu eine Gerätschaft, die in der Zimmerecke stand, sowie einen uralten Spiegel auf einem kleinen Tisch und eine Phiole mit einer leuchtend weißen Flüssigkeit darin.
    Im Palast seines Geistes bewegten sich auf einem schwarz und weiß gemusterten Boden, der wie ein riesiges Schachbrett wirkte, die Figuren – Schachfiguren, die aber doch ganz anders aussahen. Es waren Bauern und Türme und Springer, aber auch Nonnen und Bäume und Pflüge, Katapulte und Lindwürmer. Langsam ordnete er sie zu einem Muster; jede Figur erhielt ein eigenes Feld.
    Er ließ seine gesammelte Macht langsam auf dem Altar in der Mitte des Bodens ausfließen.
    Während der Zauber voller Willenskraft in seinem Geist schwebte, kletterte Harmodius die zwanzig Stufen von seinem Studierzimmer zur Turmspitze hoch. Er öffnete die Tür und trat auf die hölzerne Brüstung hinaus, die wie ein gewaltiger Balkon wirkte und die Spitze an allen vier Seiten umgab. Die Frühlingssonne schien hell, und die Luft wirkte klar, doch der Wind war kalt.
    Im Südosten sah er das Meer. Unmittelbar im Süden breitete sich Jarsey mit seinen Gehöften und Burgen meilenweit aus; es war ein Anblick wie aus einem Bilderbuch. Er hob die Arme und sandte sein Phantasma aus.
    Sofort spürte er die Macht hinter sich – im Norden.
    Das überraschte ihn kaum.
    Langsam schritt er die Brüstung ab, wobei sein Stab dumpf auf die hölzernen Planken pochte. Den Blick hielt er auf den Horizont gerichtet. Nun sah er in westliche Richtung, und mit seiner verstärkten Sehkraft bemerkte er einen schwachen grünen Dunst tief im Westen. So war es richtig; dort herrschte die Wildnis. Aber die Grenze war weiter entfernt, als ein Mann mit einem guten Pferd in fünf Tagen zurücklegen konnte. Der grüne Hauch rührte von den riesigen Wäldern hinter den Bergen her. Sie bedeuteten eine Bedrohung – aber eine, die stets da war.
    Er ging um den Turm herum.
    Lange bevor er die nördlichste Stelle erreicht hatte, sah er das hellgrüne Schimmern. Sein Zauber war mächtig, also benutzte er ihn vorsichtig und saugte jede einzelne Erkenntnis auf, die ihm sein verändertes Sehvermögen gewährte.
    Da war es.
    Er wirkte den Zauber noch feiner, sodass das Licht, das durch ein

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