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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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war, rückte aus dem unteren Teil des
schwarzen
Himmelsgewölbes in die obere Halbkugel, und der rote Mars, der
über
unseren Köpfen geleuchtet hatte, befand sich jetzt unten.
    Es vergingen noch Hunderte von Stunden, bis sich der Mars in
eine
helle kleine Scheibe verwandelte, und bald wurden seine beiden
Begleiter sichtbar — Deimos und Phobos, unschuldige winzige
Monde, die
keineswegs die schrecklichen Namen »Furcht« und
»Schrecken« verdienen,
wie die übersetzung aus dem Griechischen lautet. Die ernsten
Marsmenschen wurden lebhafter und kamen immer öfter in Ennos
Observatorium, um auf ihren Heimatplaneten zu blicken. Ich schaute
ebenfalls durchs Teleskop, aber trotz Ennos Erklärungen
verstand ich
kaum, was ich sah. Dort gab es wirklich viele merkwürdige
Dinge.
    Die roten Flecken waren Wälder und Wiesen und die
dunklen erntereife
Felder. Die Städte zeigten sich als bläuliche
Kleckse, nur Wasser und
Schnee hatten die mir bekannten Farben. Der fröhliche Enno
ließ mich
manchmal erraten, was ich sehe, und meine naiven Fehler belustigten ihn
und Netti; ich zahlte es ihnen heim, indem ich ihren Planeten ein Reich
gelehrter Eulen und verworrener Farben nannte.
    Die rote Scheibe wuchs — bald übertraf sie
um ein Vielfaches die
schrumpfende Sonne und ähnelte einer astronomischen Karte ohne
Erklärungen. Die Schwerkraft nahm merklich zu, was ich als
äußerst
angenehm empfand. Die hellen. Pünktchen des Deimos und Phobos
schwollen
zu winzigen, aber klar umrissenen Kreisen an.
    Einen Tag später drehte sich der Mars schon als
flache Kugel unter
uns, und mit bloßen Augen sah ich mehr, als alle
astronomischen Karten
unserer Gelehrten zeigen. Deimos glitt über die runde Karte,
während
Phobos nicht sichtbar war; er befand sich auf der Rückseite
des
Planeten.
    Alle freuten sich — ich allein vermochte ein
beängstigendes, wehmütiges Gefühl nicht zu
unterdrücken.
    Näher und näher... Niemand wollte sich mit
etwas beschäftigen, alle
schauten hinunter, wo sich eine andere Welt entfaltete, für
sie die
Heimat, für mich ein Planet voller Geheimnisse und
Rätsel, Nur Menni
war nicht bei uns, er stand am Steuer. Die Stunden vor der Landung sind
die gefährlichsten, er musste die Entfernung
überprüfen und die
Geschwindigkeit regulieren.
    Und ich, der unfreiwillige Kolumbus dieser Welt,
fühle ich denn
keine Freude, keinen Stolz, nicht einmal die Erleichterung, die der
Anblick einer festen Küste nach einer langen Fahrt durch den
luftleeren
Ozean hervorrufen muss?
    Künftige Ereignisse werfen schon ihren Schatten auf
die Gegenwart.
    Es blieben noch zwei Stunden. Bald würden wir in die
Atmosphäre
eintauchen. Mein Herz schlug peinigend schnell, ich konnte nicht
länger
hinunterschauen und ging in meine Kajüte. Netti folgte mir.
    Er begann ein Gespräch mit mir — nicht
über die Gegenwart, sondern über die Vergangenheit,
über die ferne Erde dort oben.
    »Sie werden zurückkehren, wenn Sie Ihre
Aufgabe erfüllt haben«,
sagte er, und seine Worte klangen wie eine zärtliche
Ermunterung.
    Wir sprachen über diese Aufgabe, über ihre
Notwendigkeit und ihre Schwierigkeiten. Die Zeit verging unmerklich.
    Netti blickte auf das Chronometer. »Wir sind
gelandet, kommen Sie!«
    Das Sternschiff stand still, die breiten metallenen Lamellen
flatterten im Wind, frische Luft drang herein. Ein klarer
grünlichblauer Himmel über uns —
Menschenmassen ringsumher.
    Menni und Sterni stiegen als erste aus; auf den Schultern
trugen sie
einen durchsichtigen Sarg, in dem der starre Leichnam ihres Kameraden
Letta lag.
    Meine anderen Reisegefährten folgten ihnen. Netti und
ich verließen
das Sternschiff als letzte, und gemeinsam, Hand in Hand, schritten wir
durch die vieltausendköpfige Menge.

Teil II

1. Bei Menni
    In der ersten Zeit wohnte ich in einem
Industriestädtchen bei Menni.
Zentrum und Grundlage der Siedlung bildete ein großes
chemisches
Laboratorium, das tief unter der Erde lag. Der oberirdische Teil des
Städtchens lag inmitten eines Parks verstreut; auf einer
Fläche von
zehn Quadratkilometern befanden sich mehrere hundert Wohnungen von
Laborarbeitern, ein großes Gemeinschaftsgebäude, ein
Konsumgüterlager —
in der Art eines Warenhauses — und eine Verkehrsstation, die
den Ort
mit der übrigen Welt verband. Menni war der Leiter aller
Arbeiten und
wohnte gleich neben dem Hauptlift zum Laboratorium.
    Das erste, was mich

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