Der rote Planet
gibt. Das ist die irdische
Menschheit.
Die dortigen Menschen beherrschen die Erde, sie werden
keineswegs
freiwillig weichen und uns einen bedeutenden Teil des Planeten
abtreten. Das geht aus dem Charakter ihrer Kultur hervor. Sie beruht
auf dem Eigentum, das durch organisierte Gewalt geschützt
wird. Obwohl
selbst die zivilisiertesten Stämme tatsächlich nur
einen winzigen Teil
der ihnen zugänglichen Naturkräfte ausbeuten, wird
ihr Streben nach der
Eroberung neuer Territorien niemals geringer. Der systematische Raub
von Land und Besitz weniger zivilisierter Stämme
heißt bei ihnen
Kolonialpolitik und wird als eine Hauptaufgabe der staatlichen
Organisation betrachtet. Man kann sich vorstellen, wie man den
natürlichen und vernünftigen Vorschlag aufnehmen
würde, uns einen Teil
des Festlands abzutreten, wofür wir die dortigen Menschen
lehren
würden, den übrigen Teil unvergleichlich besser zu
nutzen. Für sie ist
Kolonisation nur eine Frage roher Gewalt. Ob wir wollen oder nicht
—
sie zwingen uns, uns ihnen gegenüber ebenfalls .so zu
verhalten.
Es geht nicht einfach darum, ihnen unsere Übermacht
einmal zu
beweisen — das wäre relativ einfach und erforderte
nicht mehr Opfer als
jeder beliebige von ihren unsinnigen Kriegen. Große, auf Mord
dressierte Menschenherden, die Armeen heißen, wären
das geeignetste
Objekt für eine solche unvermeidliche Gewaltanwendung. Jedes
Sternschiff könnte mit den tödlichen Strahlen, die
beim beschleunigten
Radiumzerfall entstehen, in wenigen Minuten ein bis zwei solcher Herden
vernichten, und das würde der irdischen kulturellen
Entwicklung eher
nützen als schaden. Aber leider ist die Sache nicht so
einfach, und die
Schwierigkeiten würden erst mit dem Moment beginnen.
Im ewigen Kampf unter den Stämmen ist auf der Erde
eine
psychologische Besonderheit entstanden, die Patriotismus
heißt. Dieses
unbestimmte, aber starke und tiefe Gefühl enthält
boshaftes Misstrauen
gegenüber allen anderen Völkern und Rassen, die
elementare Gewöhnung an
das eigene Milieu, besonders das Territorium, mit dem die irdischen
Stämme verwachsen sind wie eine Schildkröte mit ihrem
Panzer, und einen
kollektiven Dünkel und oft wohl auch ein Verlangen nach
Gewalt,
Vernichtung und Eroberungen. Der patriotische Seelenzustand wird nach
militärischen Niederlagen außerordentlich
verstärkt und verschärft,
besonders wenn die Sieger den Besiegten einen Teil des Territoriums
wegnehmen. Dann wird der Patriotismus der Besiegten zu verbissenem
Hass, und die Rache wird zum Lebensideal eines ganzen Stammes, nicht
nur seiner übelsten Elemente, der ›oberen‹
oder herrschenden
Klassen, sondern auch der besten Vertreter, der arbeitenden Massen.
Wenn wir also einen Teil der Erdoberfläche gewaltsam
erobern, würde
sich die gesamte dortige Menschheit in einem Gefühl von
irdischem
Patriotismus vereinen, unsere Kolonisten würden dem
schonungslosen Hass
und der abgrundtiefen Bosheit der Erdenmenschen begegnen; die
Vernichtung unserer Siedler, auf welche Weise auch immer, selbst durch
Verrat, würde eine geheiligte, edle Heldentat sein, die
unsterblichen
Ruhm verspräche. Das Leben unserer Kolonisten würde
völlig unerträglich
werden. Wir alle wissen, dass es sogar für niedere Kulturen
leicht ist,
Leben zu zerstören. Im offenen Kampf wären wir
unvergleichlich stärker
als die Erdenmenschen, aber bei unvermuteten
überfällen könnten sie uns
ebenso erfolgreich töten, wie sie das untereinander tun.
übrigens ist
die Kunst des Mordens bei ihnen unvergleichlich höher
entwickelt als
alle anderen Seiten ihrer Zivilisation.
Zusammen mit den Erdenmenschen und mitten unter ihnen zu leben
wäre
also unmöglich; wir müssten vor
Verschwörungen auf der Hut sein und
wären ihrem Terror ausgesetzt, unsere Siedler lebten in
ständiger
Gefahr und würden unzählige Opfer bringen. Also
müssten wir die
Erdenmenschen aus allen von uns benötigten Gebieten aussiedeln
—
Dutzende, vielleicht Hunderte Millionen Menschen. Bei ihrer
Gesellschaftsordnung, die keine kameradschaftliche gegenseitige Hilfe
kennt, bei ihren sozialen Verhältnissen, wo jeder Dienst mit
Geld
bezahlt werden muss, und bei ihrer plumpen und unbeweglichen
Produktionsweise, die keine schnelle Produktionserweiterung und
Umverteilung der Erzeugnisse zulässt, wäre die
überwiegende Mehrheit
der Ausgesiedelten einem qualvollen Hungertode
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