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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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werden viele ungedruckte
Phonogramme von Beratungen unterschiedlichster Art aufbewahrt.
    Ich wählte einen Moment, als der Bibliothekar
beschäftigt war, und
ging unbemerkt in die phonographische Abteilung. Dort erbat ich bei der
Aufsichtsperson den großen Katalog.
    Die Nummer der Tagung war schnell gefunden, und unter dem
Anschein,
das Personal nicht belästigen zu wollen, suchte ich selbst die
Phonogramme heraus. Das gelang mir ebenfalls leicht.
    Die Beratung hatte fünfzehn Tage gedauert, und von
jeder Sitzung war ein Phonogramm vorhanden, dem eine Inhaltsangabe
beilag.
    Die ersten fünf Sitzungen befassten sich mit den
Expeditionen, die
nach der letzten Tagung stattgefunden hatten, und der neuen,
verbesserten Technik der Sternschiffe.
    Die Inhaltsangabe des sechsten Phonogramms lautete:
    »Vorschlag der Statistikzentrale, mit der
Massenkolonisation zu
beginnen. Wahl des Planeten — Erde oder Venus. Reden und
Vorschläge von
Sterni, Netti, Menni. Vorläufige Entscheidung für die
Venus.«
    Ich spürte, dass ich das Richtige gefunden hatte.
Schnell legte ich
das Phonogramm in den Wiedergabeapparat. Was ich vernahm,
prägte sich
mir für immer in die Seele.
    Die sechste Sitzung wurde von Menni eröffnet, der die
Tagung
leitete. Als erster sprach der Chef der Statistikzentrale. Er bewies
mit einer Reihe von Daten, dass beim gegenwärtigen
Bevölkerungswachstum
und den dementsprechend steigenden Bedürfnissen nach
dreißig Jahren ein
Mangel an Nahrungsmitteln eintreten würde, wenn sich die
Marsbewohner
auf die Nutzung ihres Planeten beschränkten. Ein Ausweg
wäre die
technisch einfache Synthese von Eiweiß aus anorganischen
Stoffen, aber
niemand könne garantieren, dass sich das innerhalb von
dreißig Jahren
erreichen lasse. Deshalb sei es geboten, von einfachen
wissenschaftlichen Exkursionen auf andere Planeten zu einer echten
Massenumsiedlung überzugehen. Vorläufig
böten sich nur zwei Planeten
mit riesigen Naturreichtümern an. Man müsse
unverzüglich entscheiden,
welchen von beiden man für den Anfang auswähle, und
dann einen Plan
ausarbeiten.
    Niemand brachte Einwände gegen diesen Vorschlag oder
seine
Begründung vor. Danach ließ Menni das Problem
beraten, welchen Planeten
man zuerst für die Massenkolonisation auswählen
sollte.
    Sterni sprach als erster.

7. Sterni
    »Die erste Frage, die der Vertreter der
Statistikzentrale gestellt
hat«, begann Sterni in seinem mathematisch-sachlichen Tonfall,
»die
Frage nach der Wahl des Planeten für die Kolonisation, bedarf
keiner
Entscheidung, weil sie längst entschieden ist, entschieden von
der
Wirklichkeit. Es gibt keine Wahl. Von den beiden erreichbaren Planeten
eignet sich nur einer für die Massenkolonisation. Das ist die
Erde.
über die Venus gibt es viel Literatur, die Ihnen
natürlich bekannt ist.
Aus allen dort angeführten Daten ist zu schließen:
Vorläufig können wir
die Venus nicht besiedeln. Die sengende Hitze würde unsere
Kolonisten
peinigen und entkräften, die schrecklichen Stürme und
Gewitter würden
unsere Bauten zerstören, unsere Sternschiffe
fortreißen und sie an den
Gebirgen zerschellen lassen. Die Raubtiere könnten wir
bezwingen,
allerdings um den Preis nicht geringer Opfer, doch die sehr
formenreiche Bakterienwelt ist uns kaum bekannt — und wie
viele neue
Krankheiten birgt sie in sich? Die Oberfläche der Venus
gärt noch, wie
viele Erdbeben, Vulkanausbrüche, überschwemmungen
hätten wir zu
gewärtigen? Vernünftige Wesen sollen nichts
Unmögliches unternehmen.
Der Versuch, die Venus zu kolonisieren, würde zahllose, aber
nutzlose
Opfer kosten, keine Opfer für die Wissenschaft und das
allgemeine
Glück, sondern Opfer der Unvernunft und der
Träumerei. Diese Frage
scheint mir klar zu sein, und der Bericht der letzten Venusexpedition
zerstreut alle Zweifel.
    Wenn man also Massen umsiedeln will, dann nur auf die Erde.
Dort
sind die Voraussetzungen sehr günstig und die
Naturreichtümer
unermesslich — sie übersteigen diejenigen unseres
Planeten um das
Achtfache. Die Kolonisation ist schon von menschlichen Wesen
vorbereitet worden, wenn diese auch auf einer niederen Kulturstufe
stehen. Das alles ist auch der Statistikzentrale bekannt. Wenn sie uns
trotzdem die Frage nach der Wahl des Planeten vorlegt und wir eine
Erörterung für notwendig erachten, dann
ausschließlich aus dem Grunde,
weil es dort ein sehr ernsthaftes Hindernis

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