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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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Phantom hatte sich in meiner Seele
eingenistet. Und es blieb dort, weil die Zeit stillstand.
    Der Gedanke an Selbstmord tauchte auf und setzte sich in mir
fest,
bezwang aber nicht mein Bewusstsein. Ein Selbstmord erschien mir
nutzlos und traurig: Konnte er den schwarzen Schmerz vertreiben, der
alles war? Ich vertraute einem Selbstmord nicht, weil ich nicht an
meine Existenz glaubte. Die Beklemmung, die Kälte, das
verhasste Alles
existierten, aber mein Ich verlor sich darin als etwas Bedeutungsloses,
Nichtiges, Unendlich-Kleines. Das Ich war nicht vorhanden.
    In manchen Minuten wurde mein Zustand so
unerträglich, dass ich den
unwiderstehlichen Drang verspürte, mich auf alles zu
stürzen, auf alles
einzuschlagen, alles zu zerstören, zu vernichten. Aber ich
wusste noch,
dass das sinnlos und kindisch gewesen wäre; ich biss die
Zähne zusammen
und bezähmte mich.
    Immer wieder musste ich an Sterni denken. Er war gleichsam das
Zentrum aller Beklemmung und allen Schmerzes. Ganz allmählich,
sehr
langsam, aber ununterbrochen formte sich um dieses Zentrum herum eine
Absicht, die dann zu einem klaren und unwiderruflichen Entschluss
wurde: Ich muss Sterni sehen! Warum ich ihn sehen wollte, konnte ich
nicht sagen. Es war nur unbezweifelbar, dass ich ihn aufsuchen
würde.
Und es war zugleich quälend schwer, aus meiner Lethargie zu
erwachen,
um den Entschluss auszuführen.
    Endlich kam der Tag, an dem meine Energie ausreichte, um
diesen
inneren Widerstand zu brechen. Ich setzte mich in die Gondel und flog
zu Sternis Observatorium. Unterwegs versuchte ich zu
überlegen, worüber
ich mit ihm sprechen wollte, aber die Kälte in meinem Herzen
und der
Frost in der Natur erstickten meine Gedanken. Nach drei Stunden war ich
angelangt.
    Nachdem ich den großen Saal des Observatoriums
betreten hatte, sagte
ich zu einem von Sternis Gehilfen: »Ich muss Sterni
sehen.« Der Mann
ging fort, kehrte nach einem Augenblick zurück und
erklärte mir, Sterni
wäre mit der überprüfung von Instrumenten
beschäftigt und käme in einer
Viertelstunde, ich sollte es mir in seinem Arbeitszimmer bequem machen.
    Man führte mich in den Raum, ich setzte mich in den
Schreibtischsessel und wartete. Das Zimmer war voller Geräte
und
Maschinen, die ich nur zum Teil kannte. Rechts von meinem Sessel stand
ein kleines Instrument auf einem schweren dreibeinigen Stativ, auf dem
Schreibtisch lag ein aufgeschlagenes Buch über die Erde und
ihre
Bewohner. Unwillkürlich begann ich zu lesen, aber nach den
ersten
Worten hörte ich auf und verfiel in einen Zustand, der meiner
vorherigen Lethargie ähnelte. Neben der gewohnten Beklemmung
verspürte
ich noch eine krampfhafte Erregung. So verging eine gewisse Zeit.
    Im Korridor erklangen schwere Schritte, Sterni kam mit
ruhig-sachlicher Miene ins Zimmer, ließ sich in einen Sessel
an der
anderen Seite des Schreibtischs nieder und sah mich fragend an. Ich
schwieg. Er wartete ungefähr eine Minute, ehe er sich an mich
wandte:
»Womit kann ich dienen?«
    Ich schwieg weiter und betrachtete ihn unverwandt wie einen
toten
Gegenstand. Er zuckte kaum merklich die Schultern und rekelte sich
abwartend im Sessel.
    »Sie sind Nettis Mann... «, brachte ich
endlich angestrengt hervor.
    »Ich war Nettis Mann«, berichtigte er mich
in gelassenem Tonfall. »Wir haben uns vor langer Zeit
getrennt.«
    »Die Ausrottung... wird nicht... grausam
sein«, fuhr ich fort,
halbbewusst den Gedanken wiederholend, der sich in meinem Hirn
eingegraben hatte. »Ach, das ist es«, sagte er, ohne
den Tonfall zu
ändern. »Davon ist doch jetzt keine Rede mehr. Wie
Sie wissen, hat man
eine andere vorläufige Entscheidung getroffen.«
    »Eine vorläufige Entscheidung... «,
wiederholte ich automatisch.
    »Was meinen damaligen Plan betrifft«, fuhr
Sterni fort, »so habe ich
ihn nicht völlig verworfen, aber ich muss eingestehen, dass
ich ihn
heute nicht mehr so überzeugt verteidigen
würde.«
    »Nicht völlig verworfen... «,
wiederholte ich.
    »Ihre Genesung und Ihre Teilnahme an unserer
gemeinsamen Arbeit haben zum Teil meine Argumente zerstört...
«
    »Ausrottung... zum Teil«, unterbrach ich
ihn. All meine Beklemmung
und Qual mussten sich deutlich in meiner unbewussten Ironie spiegeln.
Sterni erblasste und sah mich beunruhigt an. Wir schwiegen.
    Mit unerhörter Kraft zog sich der kalte Ring des
Schmerzes plötzlich
zusammen. Ich klammerte mich an die Sessellehne,

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