Der rote Prophet
Stämme von Roten, die nicht einmal Ketzer waren, von Christen ganz zu schweigen. Das waren richtige Heiden, und die Hälfte aller militärischen Operationen in Detroit bestand nur daraus, diese widerlichen, blutigen Trophäen aufzukaufen ...
»Aber mein lieber Frederic, Ihr erkältet Euch ja wohl doch noch«, meinte La Fayette.
»Kein bißchen.«
»Ihr habt gezittert.«
»Ich bin erschauert.«
»Ihr müßt aufhören zu schmollen und das Beste daraus machen. Die Irrakwa waren sehr kooperativ. Sie haben uns mit der Gouverneursbarkasse versorgt, ohne etwas dafür zu verlangen, als eine Geste des guten Willens.«
»Gouverneursbarkasse! Gouverneur? Meint Ihr etwa diese fette, widerliche, rothäutige Heiden frau ?«
»Für ihre rote Haut kann sie auch nichts, und eine Heidin ist sie auch nicht. Tatsächlich ist sie Baptistin, was fast das gleiche ist wie Christin, nur etwas lauter.«
»Wer soll sich mit diesen ganzen englischen Ketzereien noch auskennen?«
»Mir scheint, daran ist etwas durchaus Elegantes. Eine Frau als Gouverneur des Staats Irrakwa, noch dazu eine Rote, gleichberechtigt mit den Gouverneuren von Sushwa-henny, Pennsylvania, New Amsterdam, New Sweden, New Orange, New Holland ...«
»Manchmal glaube ich, daß Ihr diese abscheulichen kleinen Vereinigten Staaten Eurem Heimatland vorzieht.«
»Im Grunde meiner Seele bin ich ein Franzose«, erwiderte La Fayette milde. »Aber ich bewundere den amerikanischen Geist des Egalitarismus.«
Schon wieder dieser Egalitarismus. Der Marquis de La Fayette war wie ein Klavier mit einer einzigen Taste. »Ihr vergeßt wohl, daß unser Feind in Detroit Amerikaner sind.«
»Und Ihr vergeßt, daß unser eigentlicher Feind die Horde illegaler Squatter sind, egal aus welchem Volk sie stammen mögen, die sich im Reservat der Roten niedergelassen haben.«
»Das ist spitzfindig. Es sind alles Amerikaner. Alle kommen sie durch New Amsterdam oder Philadelphia auf ihrem Weg nach Westen. Also werden sie von Euch hier im Osten ermutigt – sie wissen ja alle, wie sehr Ihr ihre antimonarchistische Philosophie bewundert. Und ich muß dann für ihre Skalps bezahlen, wenn die Roten sie draußen im Westen massakrieren.«
»Aber, aber, Frederic! Ihr dürft mich nicht einmal im Scherz des Antimonarchismus zeihen. Wer dessen überführt wird, den erwartet Mr. Guillotins raffinierte Maschine.«
»Ach, nun seid doch mal ernsthaft, Gilbert. Gegen einen Marquis würde man die doch nie einsetzen. Aristokraten, die diese verrückten demokratischen Ideen verbreiten, werden nicht geköpft. Man schickt sie einfach nur nach Quebec.« Frederic lächelte. »Und jene, die man wirklich verabscheut, schickt man zum Niagara.«
»Was habt denn dann Ihr um alles in der Welt angestellt, um nach Detroit geschickt zu werden?« murmelte La Fayette.
Schon wieder eine Demütigung. Hörte das denn niemals auf?
Die Marie-Philippe war inzwischen nahe genug herangekommen, um einzelne Seeleute auszumachen und ihre Rufe zu hören, als das Schiff schließlich in Port Irrakwa einfuhr. Irrakwa, der südlichste der Großen Seen, war der einzige, der für größere Schiffe tauglich war, dafür sorgten die Niagarafälle. In den letzten drei Jahren, seit die Irrakwa ihren Kanal fertiggestellt hatten, wurde fast alle Fracht, die an den Fällen vorbei zum Lake Canada verbracht werden sollte, am amerikanischen Ufer angelandet und von dort aus den Niagarakanal emporbefördert. Die französischen Hafenstädte lagen im Sterben. Eine geradezu peinlich große Zahl von Franzosen war ans andere Ufer des Sees gezogen, um auf der amerikanischen Seite zu leben, wo die Irrakwa ihnen nur zu gern Arbeit gaben. Und der Marquis de La Fayette, der doch angeblich der oberste Gouverneur des gesamten Kanada südlich und westlich von Quebec war, schien zu allem Überfluß nicht einmal das geringste dagegen zu haben. Wenn Frederics Vater wieder jemals in die Gunst des König Charles gelangen sollte, würde Frederic schon dafür sorgen, daß La Fayette der erste Aristokrat wurde, der die Schneide der Guillotine zu spüren bekam. Was er hier in Kanada getan hatte, war reiner Hochverrat.
Als könnte er Frederics Gedanken lesen, klopfte La Fayette ihm auf die Schulter und sagte: »Gleich, habt nur Geduld.« Einen Augenblick lang überfiel Frederic der wahnwitziges Gedanke, daß La Fayette soeben in aller Ruhe seine eigene Hinrichtung wegen Hochverrats prophezeite.
Doch La Fayette sprach lediglich über die Tatsache, daß die Marie-Philippe
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