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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Hast du daran schon mal gedacht?«
    »Der Gouverneur Harrison wird doch wohl kaum sein eigenes Haus niederbrennen und seine eigene Familie umbringen, nur damit er die Leute gegen die Roten aufhetzen kann«, meinte AI. »Das ist doch wohl Blödsinn.«
    Und so spekulierten auch sie über die Rotenunruhen im südlichen Teil des Wobbish-Landes, wie es zur Zeit allgemein üblich war.
    Plötzlich aber waren sie von einem Dutzend Roter umringt. So nahe an ihrem Elternhaus, in einer Gegend, die sie die letzten zehn Jahre immerhin vier- oder fünfmal im Jahr durchstreift hatten, waren sie einfach nicht achtsam genug gewesen.
    Es dauerte ein paar Momente, bevor sie sich zu fürchten begannen. In Prophetstown gab es haufenweise Rote, sie kamen ziemlich regelmäßig, um in Brustwehrs Laden Handel zu treiben. Also sagte Alvin, bevor er sie überhaupt richtig angeschaut hatte: »Hallo!«
    Sie erwiderten sein Hallo nicht. Ihre Gesichter waren bemalt.
    »Das sind keine Hallo-Roten«, sagte Measure leise. »Die haben Musketen.«
    Damit war sicher, daß sie nicht aus Prophetstown stammten. Der Prophet trug seinen Anhängern auf, niemals die Waffen des weißen Mannes zu benutzen. Ein wahrer Roter brauchte nicht mit dem Gewehr zu jagen, weil das Land seine Bedürfnisse kannte und weil das Wild nahe genug für ihn herankam, um sich mit Pfeil und Bogen erlegen zu lassen. Der einzige Grund, weshalb ein Roter ein Gewehr in die Hand zu nehmen brauchte, meinte der Prophet, war Mord. Und Mord war eine Sache der Weißen. Es war also klar, daß diese Roten hier nicht sonderlich viel auf die Worte des Propheten geben konnten.
    Alvin, der gerade das Seil in der Hand hielt, mit dem sie den Baumstamm weggeschafft hatten, sah einem der Roten direkt ins Gesicht. Anscheinend mußte er seine Angst offenbart haben, denn die Augen des Roten begannen zu glitzern, und er lächelte.
    Dann streckte er die Hand vor.
    »Gib ihm das Seil«, sagte Measure.
    »Das ist unser Seil«, widersprach Al. Doch allmählich begriff er, daß das jetzt wohl keine Rolle spielte. Also reichte er ihm beide Seile.
    Der Rote nahm sie ganz freundlich entgegen. Er und seine Leute machten sich sogleich an die Arbeit, zogen den Jungen die Oberbekleidung aus und fesselten ihre Arme so straff auf dem Rücken, daß ihnen die Schultergelenke weh taten.
    »Was sollen die mit unseren Kleidern?« fragte Al.
    Zur Antwort schlug einer der Roten ihn hart ins Gesicht. Er mußte das Geräusch mögen, das dabei entstand, denn er wiederholte den Schlag. Der Schmerz trieb Al die Tränen in die Augen, doch er schrie nicht auf, teils weil er so überrascht war, teils weil es ihn wütend machte und er ihnen keine Befriedigung verschaffen wollte. Zu prügeln gefiel den anderen Roten, auch sie begannen nun, Measure ins Gesicht zu schlagen. Sie prügelten auf die Jungen ein, bis die halb benommen waren und ihre Wangen innen und außen bluteten.
    Einer der Roten plapperte etwas, dann reichte man ihm Als Hemd. Er hackte mit seinem Messer darauf ein und rieb dann Als blutendes Gesicht damit ab. Offensichtlich genügte ihm das Blut nicht, denn nun nahm er sein Messer und schnitt Al damit in die Stirn. Blut spritzte sogleich hervor, und Al spürte einen tiefen Schmerz und schrie zum ersten Mal. Measure brüllte sie an, sie sollten von Al ablassen, aber es war hoffnungslos. Jedermann wußte, daß man des Todes war, wenn ein Roter erst einmal damit angefangen hatte, einen mit dem Messer zu bearbeiten.
    Kaum hatte Al aufgeschrien, als die Roten anfingen zu lachen und juchzende Geräusche auszustoßen. Dieser Haufen wollte richtigen Ärger machen, und Al dachte wieder an all die Geschichten, von denen er gehört hatte. Die berühmteste war vielleicht die Geschichte von Dan Boone, einem Mann aus Pennsylvania, der eine Weile versucht hatte, in den Kronkolonien zu siedeln. Das war zu einer Zeit gewesen, als die Cherriky noch gegen den weißen Mann gekämpft hatten, und eines Tages wurde Dan Boones Junge entführt. Die Roten hatten kaum mehr als eine halbe Stunde Vorsprung vor Boone. Es war, als würden sie mit ihm spielen. Ab und an hielten sie an, um dem Jungen Hautstücke aus dem Leib zu schneiden oder ihm ein Auge auszustechen, irgend etwas, was schlimmen Schmerz verursachte und ihn aufschreien ließ. Boon hörte seinen Jungen schreien und folgte ihm, zusammen mit seinen Nachbarn, mit ihren Musketen bewaffnet und halb verrückt vor Zorn. Sie kamen an die Stelle, wo der Junge gemartert worden war, und die Roten

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