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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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verschwunden, und er war allein. Mit Trauer im Herzen drehte er sich um und verließ den Bahnhof. In diesem Augenblick verstand Pekkala, was ihm bis dahin nicht klar gewesen war – sein Vater musste gewusst haben, dass sie sich nie mehr wiedersehen würden. Und dass ihm der alte Mann seine Abreise nicht verziehen hatte, lag nur daran, dass es nichts zu verzeihen gab.
    Als sich das Bild langsam verflüchtigte, richtete Pekkala seine Gedanken auf die Gegenwart. Hatte Nagorski seinem Sohn verziehen, falls er dazu noch Gelegenheit gehabt hatte?
    Als sie in der Anlage eintrafen, wurde der Himmel bereits hell. Pekkala pochte an die Tür zur Hauptfertigungshalle und trat einen Schritt zurück.
    Konstantin wartete neben ihm. Er schien sich in sein Schicksal gefügt zu haben.
    Die Tür ging auf. Abgestandene, nach schalem Tabak und Waffenöl riechende Luft schlug ihnen entgegen. In der Tür erschien Gorenko. Er hatte seinen verdreckten Laborkittel übergestreift und nestelte hektisch an den schwarzen Knöpfen wie jemand, der überraschend Gäste vor der Tür stehen hat. »Inspektor«, sagte er, »ich dachte, Sie wären nach Moskau zurückgefahren.« Dann fiel sein Blick auf Konstantin, und er lächelte. »Hallo, junger Mann! Was führt dich so früh am Morgen hierher?«
    »Hallo, Professor.« Konstantin konnte das Lächeln nicht erwidern.
    »Ich brauche Sie, damit Sie auf ihn aufpassen«, sagte Pekkala zu Gorenko. »Ich bedauere es, aber wir müssen ihm Handschellen anlegen.«
    »Handschellen?« Gorenko riss die Augen auf. »Er ist der Sohn des Obersts. Das kann ich nicht tun!«
    »Das ist keine Bitte«, sagte Pekkala.
    »Inspektor«, sagte Konstantin, »ich gebe Ihnen mein Wort, ich werde nicht weglaufen.«
    »Ich weiß«, antwortete Pekkala leise. »Ich weiß, glaub mir, Konstantin, aber von jetzt an müssen wir uns an gewisse Spielregeln halten.«
    »Ich habe keine Handschellen!«, protestierte Gorenko.
    Pekkala zog ein Paar Handschellen aus der Tasche. An der Kette baumelte ein Schlüssel. Er reichte sie Gorenko. »Los, machen Sie!«
    Gorenko starrte auf die Handschellen. »Wie lang wird das dauern?«
    »An die zwei Stunden, schätze ich. Mir ist das Benzin ausgegangen. Ich muss mit einem Kanister raus auf die Straße, dann komme ich zurück, hole Konstantin ab, und wir fahren nach Moskau. Es darf ihn niemand zu Gesicht bekommen oder mit ihm reden. Haben Sie verstanden?«
    Gorenko starrte Konstantin nur an. »Mein Junge«, sagte er, »was hast du bloß angestellt?« Der Professor machte einen so verwirrten Eindruck, dass es schien, als müsste sich Konstantin die Handschellen selbst anlegen.
    »Wo lagern Sie Ihren Treibstoff, Professor?«, fragte Pekkala.
    »Neben dem Gebäude finden Sie auf einer Palette Zwanzig-Liter-Kanister. Zwei davon reichen locker, um nach Moskau zu kommen.«
    Pekkala legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Ich komme so schnell wie möglich zurück«, sagte er und wandte sich bereits zum Gehen.
    »Inspektor«, rief Gorenko ihm hinterher. »Ich muss mit Ihnen reden. Über etwas sehr Wichtiges.«
    »Über Uschinskij können wir später sprechen«, sagte Pekkala.
    »Es geht nicht um ihn. Etwas ist vorgefallen. Etwas, was ich nicht verstehe.«
    Pekkala starrte ihn kurz an, kehrte kopfschüttelnd um, fesselte Konstantin mit den Handschellen an einen Tisch und wandte sich Gorenko zu. »Kommen Sie mit!«, sagte er.
    Draußen packte sich Pekkala zwei Benzinkanister von der Palette. »Worum geht es, Professor?« Die Kanister waren schwer, die Flüssigkeit darin schwappte hin und her. Hoffentlich schaffte er es überhaupt, sie bis zum Emka zu schleppen.
    »Es geht um den Panzer.« Gorenko senkte die Stimme. »Um den, der nach Stalingrad geschickt wurde.«
    »Den Prototyp? Was ist mit ihm, Professor?«
    »Der Panzer ist nicht angekommen. Ich habe dort angerufen und mich erkundigt. Sie wissen schon, falls es irgendwelche Fragen gibt.«
    »Es ist ein weiter Weg bis nach Stalingrad. Vielleicht hat die Zugmaschine eine Panne.«
    »Nein, Inspektor, das glaube ich nicht. Man sagte mir am Telefon, dass überhaupt kein Panzer angefordert wurde.«
    Bedächtig stellte Pekkala die Kanister auf den Boden. »Aber Sie müssen ihn angefordert haben. Sie haben doch das entsprechende Formular gesehen, oder?«
    »Ja, das wurde mir vorgelegt.« Gorenko wühlte in den Taschen seines Kittels und zog einen zerknüllten gelben Zettel heraus. »Das ist mein Durchschlag. Ich wollte ihn mir einrahmen.«
    Pekkala hielt das

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