Der rote Tod
auf?«
»Miss Elizabeth ist vor einiger Zeit zu Bett gegangen. Mr. Barrett ebenso.«
Ja. Sie waren beide erschöpft, und es war lange nach ihrer normalen Schlafenszeit, aber ich fühlte trotz alledem einen Stich der Einsamkeit. Es war so, wie ich angenommen hatte, und ich würde mich einfach daran gewöhnen müssen, den größeren Teil der Nacht alleine zu verbringen. Oh, es gab wesentlich schlimmere Dinge auf der Welt, und ich fühlte mich, als ob ich eine stattliche Anzahl von ihnen bereits durchlitten hätte.
»Nun gut. Gib mir bitte den Band von Gibbon aus dem Regal.« Jericho suchte das richtige Buch heraus und stellte eine Kerze auf meinen Nachttisch. Da die Läden geschlossen waren, bemerkte ich, dass ich sie brauchte. Ich kann nicht behaupten, dass die Kämpfe des späten Römischen Reiches meine gesamte Aufmerksamkeit beanspruchten, während er daran arbeitete, den Raum gegen das Eindringen der Sonne abzudichten, aber es half. Als Jericho seine Aufgabe beendet hatte und ich ihn bat, zu gehen, damit er noch etwas wohlverdienten Schlaf bekäme, wurde mein Studium sogar noch erfolgloser. Am Ende stellte ich mein Studium von Gibbon mitten im Satz ein, um meine Bibel zu suchen und aufzuschlagen.
Ich wurde von einem ungewöhnlich starken Drang erfasst, das elfte Kapitel des Johannesevangeliums noch einmal zu lesen.
KAPITEL
15
Mit aufgerissenen Augen befreite ich mich wie rasend von meinem inneren Gefängnis, sog schaudernd die Luft ein und rollte aus dem Bett, um auf dem Boden aufzuschlagen. Der Aufprall machte sich unangenehm in meinem verkrüppelten Arm bemerkbar, ließ mich augenblicklich aufwachen und machte mir jeden einzelnen verletzten Nerv bewusst.
»Mr. Jonathan?« Jerichos Stimme, beunruhigt.
Ich schüttelte den Kopf und hätte ihn mit einer Geste fort geschickt, wenn ich nicht damit beschäftigt gewesen wäre, die Zähne zusammenzubeißen, um den Schmerz zu unterdrücken. Er musste dies in meiner Haltung gesehen haben und zögerte. Erst als ich bereit war, trat er vor. Ich brauchte einige Minuten, bevor ich meinen gesunden Arm ausstreckte und ihm gestattete, mir auf die Beine zu helfen.
»Wieder schlechte Träume?«, erkundigte er sich.
Ich nickte und wandte mich dem Stuhl an meinem Schreib tisch zu. Ich verspürte kein Bedürfnis danach, in dieses Bett zurückzukehren. Mit meinem gesunden Ellbogen auf dem Tisch, die Stirn in die Hand gestützt, atmete ich die stickige Luft meines Zimmers tief ein und versuchte mich zu sammeln. Jericho nahm die Steppdecken ab, die er über das Fenster gehängt hatte, und öffnete die Fensterläden. Es war erst kurz nach Sonnenuntergang, aber der Raum lag in Richtung Osten, sodass das natürliche Glühen, das hereinflutete, für meine empfindlichen Augen erträglich war.
»Werden Sie mit Dr. Beldon sprechen?«, fragte er. Sein Ton war nicht direkt vorwurfsvoll, aber enthielt immerhin den Anfing eines Vorwurfes. Er hatte diesen Vorschlag bereits gestern Abend gemacht, und ich hatte ihn kategorisch abgelehnt.
Es war Zeit nachzugeben. »Ja, ich werde ihn aufsuchen, aber Gott weiß, wie er mir dabei helfen kann.«
»Vielleicht kann er den Grund dafür bestimmen, ob es sich um ein körperliches oder ein mentales Problem handelt.«
Oder um beides, dachte ich unglücklich. In den drei Tagen seit meiner Rückkehr hatte ich keine nennenswerte Ruhe gefunden, während die Sonne am Himmel stand. Ich lag gesäubert und versorgt in meinem bequemen Bett, mein Familienleben war ohne großes Aufsehen wieder aufgenommen worden; man würde also annehmen, dass meine Probleme beseitigt wären. Aber so war es nicht. Der zuvor gekannte Zustand reiner Vergessenheit, die dazu geführt hatte, dass der Tag vorbeirauschte, ohne dass ich es bemerkte, war verschwunden. Nun war ich mir jeder Sekunde der verstreichenden Zeit qualvoll bewusst.
Wenn das Licht kam und mein Körper an Ort und Stelle unbeweglich wurde, kamen auch die Träume, sich schlängelnde Dinge, die sich durch meine Gedanken wanden wie giftige Schlangen. Sie attackierten meine tiefsten Gedanken und Gefühle, ich war ihnen ausgeliefert, konnte ihnen nicht entkommen, indem ich aufwachte, und konnte trotzdem nicht wirklich schlafen. Alles, was mein Leben ausmachte, wurde, wenn es angenehm war, fortgezerrt und verdreht, wenn nicht, ohne Gnade wieder und wieder erlebt. Nach drei Tagen konnte ich nicht mehr zählen, wie oft Tony Warburton versucht hatte, mich zu töten, oder wie oft ich mich wieder in diesem verdammten Sarg
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