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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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befand und schrie, bis ich nahezu wahnsinnig wurde.
    Nach dem ersten Tag dieser privaten Hölle bat ich Jericho zu bleiben, damit er mich beim Schlafen bewache. Ich bat ihn, mich zu wecken, sollte er etwas Ungewöhnliches an mir erkennen. Er sah nichts anderes als meine ruhige und reaktionslose äußere Hülle. Beim nächsten Mal lauteten meine Instruktionen, dass er mich während des Tages zu wecken versuchen sollte, aus der Hoffnung heraus, dies würde helfen. Obwohl ich mir seiner Anwesenheit und seiner Anstrengungen bewusst war, war es schließlich doch sinnlos. Die Träume, den dunkelsten Fantasien eines Opiumessers würdig, hielten an.
    Nun erschöpfter als heute Morgen, als ich zu Bett gegangen war, musste ich mich selbst dazu zwingen, mich anzuziehen. Jericho schaffte es, mich korrekt zu kleiden, bis auf die Jacke. Bei dieser konnte ich nur in den linken Ärmel schlüpfen und den Rest über meine Schulter drapieren. Frühere Versuche, meinen Arm gerade zu biegen, hatten sich als zu schmerzhaft entpuppt, um mit ihnen fortzufahren, und das ständige Unwohlsein war so schlimm, dass ich Beldon in jedem Fall würde aufsuchen müssen. So widerwillig, wie ich einem erneuten Brechen des Armes auch gegenüberstand, ich befand mich auf dem besten Wege, es doch durchführen zu lassen.
    Ich verließ Jericho, damit er sich weiter um seine Pflichten kümmern konnte, und begab mich nach unten in den Salon. Elizabeth übte ein neues Stück auf dem Spinett und hatte Schwierigkeiten mit einer bestimmten Phrase, aber die Klänge wirkten erfrischend auf mich. Sie hörte auf, als ich hereinkam, lächelte und fuhr dann fort.
    Mutter, Mrs. Hardinbrook, Beldon und – wie ich überrascht feststellte – Vater spielten Karten. Vater hatte normalerweise keine Geduld dazu, sondern zog seine Bücher vor, sodass ich vermutete, dass Mutter ihm so lange zugesetzt hatte, bis er mitspielte. Sie sahen ebenfalls auf und nickten mir zu.
    Alles war so unglaublich, wundervoll normal. Ich wollte sie alle umarmen, nur dafür, dass sie da waren. Ich hatte niemals wirklich geschätzt, was ich besaß. Erst der drohende Verlust hatte mir das bewusst gemacht.
    »Also bist du schließlich aufgestanden«, meinte Mutter.
    »Ja, Madam.« Selbst sie konnte mein Hochgefühl nicht dämpfen.
    »Du hast den ganzen Tag versäumt, weißt du. Wie kannst du deinem Vater bei seiner Arbeit helfen, wenn du den Faulpelz spielst?«
    Wenn sie für irgendetwas ein Talent besaß, dann war es das, unmögliche Fragen zu stellen. Auch erschien es mir interessant, dass sie, obwohl sie Vaters Arbeit in der Anwaltskanzlei verachtete, diese doch als nützlich genug erachtete, um im Zusammenhang damit meine offensichtliche Faulheit zu betonen.
    Ich machte eine Verbeugung vor Vater. »Ich entschuldige mich, Sir.«
    Er unterdrückte ein Lächeln. »Schon gut. Lass den Arm in Ruhe heilen, dann werde ich Arbeit für dich finden.«
    »Du bist dem Jungen gegenüber zu weich, Samuel«, sagte sie naserümpfend.
    »Vielleicht, aber er ist der Einzige, den wir haben«, gab er ruhig zurück.
    Beldon und seine Schwester machten während dieses Wortwechsels eine diplomatische Pause. Elizabeth hielt wieder in ihrem Spiel inne, um mir einen kurzen Blick zuzuwerfen. Mein Mund zuckte, und ich machte eine ruckartige Bewegung mit meinem Kinn nach unten, um sie wissen zu lassen, dass alles in Ordnung war. Es wurde einfacher, Mutters Launen als Anlass zum Amüsement statt zur Verstimmung zu nehmen. Wir drei waren durch die Hölle gegangen, und durch diese gemeinsame Erfahrung hatten wir erkannt, dass die Irritationen, die von Mutter ausgingen, in der Tat unbedeutend waren.
    Ich ging hinüber zum Spinett, um Elizabeth zuzusehen. »Wie du das lesen kannst, geht über meinen Verstand hinaus«, meinte ich, indem ich auf ihre Noten deutete.
    »Es ist einfach, als ob man eine neue Sprache lernt. Eines Tages ergibt plötzlich alles einen Sinn.«
    »Aber es mit deinen Augen auf deine Hände zu übertragen und damit auf das Gehör ...«
    »Jonathan!« Mutters Stimme schlug zwischen uns ein wie die Klinge einer Axt. Elizabeth traf die richtigen Töne nicht mehr und hörte ganz auf zu spielen.
    Mutter funkelte uns mit verstörender Feindseligkeit an, was mich an diese furchtbare Nacht vor mehr als drei Jahren und ihre abscheuliche Anschuldigung erinnerte. »Hast du nichts Besseres zu tun, als deine Schwester beim Üben zu stören?«
    Elizabeth stand kurz davor, mit bebenden Lippen etwas zu sagen, was wir alle

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