Der rote Würfel
Sterben.
»Komm her, Schätzchen«, flüstere ich.
Als sie zum dritten Mal auf mich zuschwenken, ramme ich durch das Fenster vor mir und schieße auf sie. Zuerst schalte ich den Bordschützen aus. Seine Nase paßt mir einfach nicht. Als nächstes ist der Scheinwerfer fällig. Dann halte ich auf den Treibstofftank. Wie schon gesagt: Für ein buntes Feuerwerk oder eine affengeile Explosion bin ich immer zu haben. Kaum habe ich den Finger gekrümmt, detoniert der Hubschrauber in einem gewaltigen Feuerball. Der Pilot schreit auf, und Flammen verschlingen ihn. Der andere Mann wird seitlich herausgeschleudert. Stückchenweise. Der Motor geht aus, und die Maschine driftet abwärts. Ich höre, wie ganz unten Leute schreien. Weit oben, zu meiner Rechten, höre ich, wie die beiden anderen Helikopter abdrehen. Sie haben den Spaß am Kämpfen verloren.
Auf dem Weg zum Aufzug komme ich an einem Wachmann vorbei. Er schaut kaum hoch. Obwohl ich voller Blut und bewaffnet bin, wünscht er mir einen schönen Abend. Ich lächele ihn an.
»Wünsche ich Ihnen ebenfalls«, entgegne ich.
Der Aufzug bringt mich nach oben zum Dachgeschoß. Dort habe ich keine Mühe, eine kleine Leiter aufs Dach zu finden. Nicht einer, sondern gleich zwei Helikopter warten darauf, uns in die Freiheit zu befördern. Beide haben Düsenantrieb, und das freut mich. Sie sind sicher genauso schnell wie die der Bullen, wenn nicht sogar noch schneller. Unglücklicherweise hat hier ein Sicherheitsmann Dienst. Ein alter Mann, der sich hier wahrscheinlich seine magere Rente aufbessert. Er wirft mir einen kurzen Blick zu und kommt dann auf mich zugelaufen. Er trägt eine Waffe, zieht sie aber nicht. Seine Brillengläser sind bemerkenswert dick; er schielt hindurch und betrachtet mich von oben bis unten.
»Sind Sie ein Bulle?« fragt er mich.
Ich bringe es nicht übers Herz, ihn anzulügen. »Nein. Im Gegenteil. Ich bin die, die gerade draußen den Hubschrauber runtergeholt hat.«
Er ist fasziniert. »Ich habe zugesehen, wie Sie von Gebäude zu Gebäude gesprungen sind. Wie machen Sie das?«
»Steroide.«
Er schlägt sich auf die Schenkel. »Hab ich mir’s doch gedacht! Die Drogen, die die jungen Leute heutzutage nehmen. Was wollen Sie? Einen von den Hubschraubern hier?«
Ich richte meine Schrotflinte auf ihn. »Ja. Bitte geben Sie mir die Schlüssel. Ich will Sie nicht dafür umbringen müssen.«
Rasch hebt er die Hände hoch. »Das brauchen Sie auch nicht. Die Schlüssel stecken im Zündschloß. Können Sie einen Helikopter fliegen?«
Ich lasse die Waffe wieder baumeln. »Ja. Ich habe Flugstunden genommen. Machen Sie sich keine Sorgen um mich.«
Er begleitet mich zur nächstgelegenen Maschine, einer Bell 230. »Dieses Bürschchen hat eine Reichweite von mehr als fünfhundert Kilometern. Sie wollen sicher weit raus aus der Stadt. Im Radio und Fernsehen wird über Sie geredet; man nennt Sie eine Bande arabischer Terroristen.«
Lachend klettere ich ins Cockpit. »Zerstören Sie deren Illusionen nicht. Erzählen Sie ihnen bloß, Sie wären von überlegenen Kräften überwältigt worden. Schließlich kann Ihnen nichts daran liegen, wenn die Leute erfahren, daß Sie sich von einer jungen Frau ‘nen Hubschrauber vor der Nase haben wegschnappen lassen.«
»Und dann auch noch von einer Blondine«, stimmt er mir zu. »Passen Sie auf sich auf!«
Er macht die Türe hinter mir zu, und ich hebe ab.
Joel abzuholen stellt sich als leichteste Übung des Abends heraus. Die Polizeihubschrauber halten sich beinahe zwei Kilometer zurück. Sie sind es nicht gewohnt, vom Himmel geholt zu werden. Die Flammen des gerade abgestürzten Hubschraubers breiten sich über die Fassade des Wolkenkratzers aus. In der Ferne sehe ich noch den Rauch vom ersten Helikopter aufsteigen. Joel schüttelt den Kopf, als er zu mir ins Cockpit klettert.
»Jetzt werden sie ewig hinter uns herjagen«, meint er.
»Wer weiß, vielleicht haben sie ja auch Angst vor mir«, scherze ich.
Wir brechen auf in Richtung Nordosten. Ich will unbedingt raus aus dem Stadtgebiet und hinein in die Wildnis, irgendwohin, wo wir untertauchen können. Vielleicht in die nahegelegenen Berge. Unser Hubschrauber ist schnell, macht mehr als dreihundert Sachen die Stunde. Überraschenderweise bleiben uns die Polizeihubschrauber nicht auf der Pelle. Und nicht etwa deswegen, weil wir schneller wären als sie, denn das bezweifele ich. Sie lassen vielmehr den Abstand zwischen sich uns auf mindestens dreißig Kilometer anwachsen. Diese Entfernung
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