Der Rubin der Oger
nicht. Das Gefühl der Vertrautheit war stärker als jede Vorsicht.
»Sie lagern im Innenhof der Kaserne«, antwortete er willenlos.
»Bitte, Freund Hagrim, bring uns zu ihnen.«
»Die Wachen werden uns aufhalten«, wandte er ein.
»Das lass unsere Sorge sein.«
Hagrim erhob sich und ging zur Tür. Erst jetzt bemerkte er den dritten Elfen, der sich neben Cindiels Kräutertisch postiert hatte. Die Elfen zogen sich ihre Kapuzen über den Kopf und folgten ihm.
Auf dem ganzen Weg zur Kaserne nahm niemand Notiz von ihnen. Es gab keine erstaunten Blicke und keine aufgeregten Rufe. Selbst als sie vor dem Seitentor der Kaserne stehen blieben und der Wachposten Hagrim mit freundlichen Worten begrüßte, wunderte sich niemand über die Elfen.
»Hagrim, alte Schnapsnase, was ist los? Ostmir hat dich wohl rausgeworfen, und jetzt willst du unsere Bestände leersaufen, was?«, meinte der Soldat lachend.
»Hallo Kandler«, begrüßte ihn Hagrim, »wir würden gern hineingehen und mit den Ogern sprechen.«
Einer der Elfen kam heran und stellte sich genau neben die Wache. Dann beugte er sich ein Stück vor und flüsterte Kandler etwas ins Ohr. Der Soldat reagierte nicht auf den Elfen. Er schien ihn überhaupt nicht zu sehen.
»Hoho, seit wann sprichst du von dir in der dritten Person? Hast du vor, in den Adel einzuheiraten, oder hast du einen unsichtbaren Freund dabei? Du solltest etwas kürzer treten und vielleicht mal das eine oder andere Gläschen ausschlagen. Na klar kannst du reinkommen, Freund.«
Hagrim wunderte sich über gar nichts mehr. Er schritt durch das Tor und gelangte auf den Innenhof der Kaserne. Dicht hinter ihm folgten die drei Elfen.
Der Lagerplatz der Oger war nicht zu übersehen. Das Feuer schlug einige Meter hoch in den Nachthimmel und beleuchtete die Silhouetten der Kolosse. Jedes Mal, wenn er einen von ihnen sah, musste Hagrim an Tarbur zurückdenken. Sie beide hatte damals mehr als nur der gemeinsame Feind verbunden. Der Tod des Ogers hatte Hagrim schwer erschüttert. Ihm war bewusst geworden, dass diese Welt Außenseitern keinen Platz bot. Der Geschichtenerzähler blieb einige Schritte abseits der Oger stehen und sprach sie dann an.
»Wie ich sehe, hat man euren Besuch dazu genutzt, einige ungeliebte Möbelstücke zu Feuerholz zu verarbeiten.«
Zwei Oger sprangen sofort auf und bewaffneten sich, doch Rator hielt sie zurück. Er wies sie an, wieder am Feuer Platz zu nehmen. Hagrim kannte keinen der beiden, und er legte auch keinen besonderen Wert darauf, sie näher kennen zu lernen.
»Du Geschichtenerzähler, Freund von Cindiel der Hexe«, stellte Rator fest. »Sie auch hier?«
Hagrim schüttelte den Kopf und deutete mit einer Handbewegung auf die Elfen. Rator starrte ungläubig ins Leere. Die Elfen traten näher ans Feuer heran, doch niemand außer Hagrim schien sie zu sehen.
»Wo Cindiel? Mogda wollte besuchen kommen. Du gesehen?«, hakte Rator nach.
Noch bevor Hagrim auf seine Fragen antworten konnte, zogen die Elfen die Kapuzen von ihren Häuptern. Rator machte einen Satz zurück und griff nach seiner Streitaxt. Auch die anderen schreckten von der Feuerstelle hoch und bewaffneten sich.
»Ihr braucht Euch nicht zu fürchten, Freund Rator«, sagte Lodjodran-Thee. Hagrim erkannte wieder den Zauber, den sie in das Wort Freund legten. Rator machte einen Schritt auf den Elfen zu. Urplötzlich packte er ihn an der Kehle und hob ihn vor sich in die Höhe.
»Mein Volk und dein Volk nicht Freunde. Ihr Sklaven von Meister.«
Lodjodran-Thee hing regungslos im Würgegriff des Ogers. Seine Stimme klang ruhig und gelassen.
»Vielleicht sind wir keine Freunde, aber wir haben die gleichen Feinde. Auch wir sind auf der Suche nach dem Mann ohne Schuhe. Er hat etwas, das in eurer Obhut war, und er sucht nach etwas, das unser Volk seit Ewigkeiten beschützt.«
Rator warf den Elfen zurück, doch statt in den Staub zu stürzen, landete dieser geschickt auf den Füßen und erwiderte standhaft Rators Blick.
»Dein Volk nur Worte«, brummte Rator. »Ich gesehen, sie verändert. Sie Sklaven von Meister. Sie nicht mehr beschützen. Sie Tod bringen über Volk der Oger und Volk der anderen Hüttenbauer. Du allein.«
»Du hast Recht. Die meisten meines Volkes sind dem Willen der Teudraeden unterworfen worden. Doch an ihrer Spitze steht der Mann ohne Schuhe. Er ist es, nach dem wir suchen und dessen Tod ihr wollt. Wenn er nicht aufgehalten werden kann, wird das Volk der Elfen untergehen und zusammen mit ihnen
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