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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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verlassen oder zu betreten.«
    Rator schob die beiden Soldaten einfach beiseite und hob den Verriegelungsbalken aus der Halterung. Krachend bohrte sich ein Bolzen bis zur Hälfte des Schaftes in das massive Eichentor, kaum zwei Fuß von Rators Kopf entfernt. Gelassen schaute der Oger auf das Geschoss und folgte mit seinem Blick dem Verlauf des Schaftes bis zum Schützen.
    Hagrim verspürte ein ungutes Gefühl. Was hätte er nicht alles für einen Umhang gegeben, wie ihn die Elfen besaßen, um einfach unsichtbar zu werden. Tatsache war, dass ihm die Oger misstrauten, die Soldaten ihn als Spion betrachten würden und er genau zwischen ihnen stand. Falls Rator seine Kinderstube vergessen sollte, wenn er überhaupt eine besessen hatte, und wenn die Soldaten noch nervöser wurden, als sie ohnehin schon waren, würde er schutzlos im Zentrum einer kleinen Schlacht stehen. Was das bedeutete, wusste er aus den zahlreichen Geschichten, die er für ein Glas Wein Abend für Abend zum Besten gab.
    Der Armbrustschütze hielt Rators Blick stand.
    »Du hast doch gehört, was die Wache gesagt hat«, schrie er den Oger an. »Niemand verlässt die Stadt nach Einbruch der Dunkelheit.«
    Zu Hagrims Verwunderung nickte Rator verständnisvoll und legte sein gepacktes Bündel ab. Kruzmak und die übrigen Oger standen weiterhin abmarschbereit am Tor. Rator ging hinüber zum Lagerfeuer und riss ein brennendes Tischbein aus den Flammen. Damit ging er auf die Unterkünfte der Soldaten zu.
    »Halt!«, schrie der Soldat vom oberen Wehrgang. »Was hast du vor?«
    Rator stellte sich neben die Hütte und hielt die Fackel unter den Dachfirst. »Zünden Häuser in Osberg an, dann nicht mehr dunkel.«
    Die Wachen rissen ihre Armbrüste hoch und nahmen Rator ins Visier.
    »Die Waffen runter!«, befahl Leutnant Tossil, der eben aus einem der Wehrtürme auf die Balustrade trat. »Wenn sie gehen wollen, lasst sie ziehen. In den letzten Tagen ist genug Blut geflossen. Wir sind ihnen etwas schuldig.«
    Rator und die übrigen Oger zogen ab, ohne weiter behelligt zu werden. Auch Hagrim folgte den Kolossen, ohne unangenehme Fragen beantworten zu müssen. Beim Verlassen der Kaserne hörte Rator die Stimme des Elfen aus dem Dunkeln.
    »Geht nicht allein. Nehmt mit, wer immer Euch folgen will. Eure Feinde sind zahlreich.«
    Osbergs nächtliche Straßen waren wie leergefegt. Die Patrouillen der Stadtwachen hatten ganze Arbeit geleistet. Nur vereinzelt verschwand ein Schatten in den engen Gassen, als die Gruppe schwer bewaffneter Oger die Hauptstraße herunterkam.
    Hagrim wollte nur noch weg; weg von den Ogern, weg von den Stadtwachen, weg von den Elfen, egal wo sie momentan stecken mochten. Und bis morgen früh wollte er so weit weg vom Zustand der Nüchternheit sein, wie nur irgend möglich.
    Über die gesamte Straßenbreite verteilt zogen die Oger Richtung Südtor. Staunende Gesichter zeichneten sich hinter den beleuchteten Fenstern ab. Dennoch hatten die Menschen zu großen Respekt vor den Ogern, um sich ihnen zu nähern. Sie bewunderten ihre Kraft und Konstitution genauso, wie sie sie fürchteten.
    Doch drei Einwohner hatten sich anders entschieden.
    Rator sah die Gestalten rund zweihundert Meter vor sich auf der Straße. Links und rechts standen zwei zäh aussehende Kämpfer, zwischen ihnen eine schmale, kleinere Gestalt. Der Mann in der Mitte hielt eine Fackel vor sich, und das gleißende Licht verbarg ihre Gesichter. Inständig hoffte Rator, dass es sich nicht um Wichtigtuer aus der Garde handelte, die sich eine Belobigung verdienen wollten.
    »Ich nehme an, sie haben dir zum Dank kein Schiff geschenkt, oder?« Rator erkannte die Stimme von Kapitän Morrodak. Er stand da, mit einem Barbaren aus den Nordlanden, der die Uniform der Leibgarde des Königs trug, und einem anderen, unauffällig wirkenden Mann.
    »Nein, kein Schiff«, antwortete Rator. »Warum du noch hier?«
    »Wir haben hier gewartet. Wir wollen uns euch anschließen.«
    Rator trat näher an die drei heran und drückte die Fackel beiseite, die Morrodak hielt.
    »Warum?«, fragte Rator und schaute einen nach dem anderen an.
    »Mir fiel die Geschichte von Kapitän Londor wieder ein«, sagte Morrodak. »Wenn es jemand schaffen kann, mir ein neues Schiff zu besorgen, dann bist wohl du es.«
    »Wir nicht reisen zum Wasser, wir gehen Turmstein«, erwiderte Rator.
    »Oh, das macht nichts. Mit einem Schloss gebe ich mich auch zufrieden«, feixte Morrodak.
    »Wie viele ihr sein?«
    »Fünfzig Mann«,

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