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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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schlagartig verändert. Die Meldung vom Tod des Königs und dem Fall der Küstenstädte hatte jeden einzelnen Einwohner des Städtchens geschockt. König Wigold war beliebt und seine Politik im ganzen Land geschätzt gewesen. Die Bürger Nelbors hatten sich unter seiner Herrschaft beschützt gefühlt. Auch wenn er sich nicht um die Belange jedes einzelnen Landes kümmern konnte, so handelten die verschiedenen Lords doch in seinem Sinn. Er hatte den Nelborianern Frieden und Wohlstand gebracht. Sein Tod würde unweigerlich zu einer Menge Zwistigkeiten zwischen den Ländern führen, die auf dem Rücken der Bürger ausgetragen würden.
    Was jedoch noch schlimmer war, war die akute Angst vor einem fremden Volk, von dem bislang niemand wusste, was es wollte oder suchte. Der Fall der Küstenregion deutete darauf hin, das die elfenähnlichen Wesen danach strebten, das Land zu besetzten, es vom Nachschub abzuschneiden und für sich einzunehmen.
    Die meisten Einwohner Osbergs hatten Angst vor dem, was als Nächstes geschehen würde. Viele trauerten um die Soldaten, die bei der Parade in Sandleg gefallen waren. Einige beklagten den Verlust ihrer Männer, Väter oder Kinder. Es gab aber, wie immer in solchen Zeiten, auch Menschen, die das Ganze mit Gelassenheit betrachteten und versuchten, einen kleinen Nutzen aus der Situation zu ziehen.
    Hagrim hatte Schwierigkeiten, dem Verlauf des schmalen Bürgersteigs zu folgen. Sein übermäßiger Genuss von Rotwein hatte an diesem Abend den Höhepunkt erreicht. Es kam selten vor, dass er nach Hause ging, solange es noch willige Zuhörer gab, die ein paar Münzen übrig hatten, um sich seine Geschichten anzuhören. Heute aber war einer dieser Tage. Seine Zunge hatte den Zustand der Lockerung schon weit überschritten. Seine Zuhörer hatten Schwierigkeiten gehabt, den Schilderungen, die er von sich gab, zu folgen. Wörter, die er nicht mehr auszusprechen imstande war, umschrieb er weit ausschweifend, und als selbst dies zum Problem wurde, bediente er sich großer Gesten mit Händen und Füßen. Irgendwann im Laufe des Abends hatte er dann komplett die Kontrolle über seine Mitteilungsfähigkeit verloren und war kurz eingenickt. Als er wieder aufwachte und feststellen musste, dass es ihm immer noch nicht vergönnt war, selbst ein Gläschen nachzubestellen, hatte er beschlossen, nach Hause zu gehen. Der kurze Weg erschien ihm schier unendlich, aber die Angst vor dem Diebstahl seiner wohlverdienten Münzen ließ ihn diese Tortur zu Ende bringen. Nachdem er sich mehrfach in einigen dunklen Ecken erleichtert hatte, erreichte er schließlich doch noch das gemeinsame Zuhause von Cindiel und seiner Wenigkeit. Er machte sich Sorgen um die junge Hexe. Sie war ihm zwar in den meisten Lebenslagen weit überlegen, war lebenstüchtiger, selbstständiger, unabhängiger, strebsamer und verantwortungsbewusster, doch derzeit musste sie sich alleine dort draußen durchschlagen, außerhalb der Stadt. Sie war nicht wirklich allein, das wusste er, aber er war nicht sicher, ob Mogda eine Hilfe oder eher ein Problem darstellte.
    Leider erlaubte es sein augenblicklicher Zustand nicht, weiter darüber nachzudenken und gleichzeitig die Tür zu öffnen, daher verwarf er seine Gedanken und bemühte sich darum, ins Haus zu kommen. Nachdem der Riegel ein drittes Mal wieder ins Schloss gefallen war, gelang es ihm endlich, die letzte dieser Hürden zu überwinden, um seinen wohlverdienten Schlaf anzutreten. Er schlurfte auf den bequemen Schaukelstuhl zu, den Cindiel ihm geschenkt hatte, und ließ sich stöhnend darin nieder. Das Hin- und Herschaukeln verstärkte die aufkommende Übelkeit. Er warf den Kopf zur Seite und fixierte einen Punkt auf dem Boden, um die Übelkeit loszuwerden. Sein Blick fiel auf ein Paar fast albern wirkender höfischer Fußbekleidungen. Er wäre nie auf die Idee gekommen, diese Schlappen als Schuhe zu bezeichnen. Sie waren etwas für Leute, die es nicht gewohnt waren, sich auf ihren eigenen Füßen zu bewegen. Die Füßlinge standen genau unterhalb der grünsilbrigen Vorhänge. Erschrocken riss Hagrim die Augen auf. In seinem Haus gab es keine Vorhänge, jedenfalls hatte es heute Morgen noch keine gegeben, als er sich aufgemacht hatte. Sein Blick folgte dem edlen Stoff nach oben. In panischer Angst bemühte er sich, aus dem Stuhl aufzuspringen, was der Stuhl nach Kräften zu verhindern suchte. Gleichzeitig zog er seinen Dolch aus dem Hosenbund und schaffte es, mit der frisch geschärften Klinge

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