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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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das Gleichgewicht. Mit rudernden Armen stürzte er hintenüber. Haran rollte sich zur Seite. Blitzschnell versetzte er seinem Gegner einen Tritt mit der Ferse gegen die Schläfe, ein zweiter Tritt brach die Nase des Ogers. Fast akrobatisch warf er die Beine in die Höhe und benutzte den Schwung, um seinen Oberkörper aufzurichten und in die Hocke zu kommen. Mit voller Wucht schlug er dem liegenden Oger die Holzlatte über den Kehlkopf. Tastmar blieb am Boden liegen. Der Kampf war entschieden. Mit kurzen röchelnden Atemzügen versuchte der Oger, wieder Luft zu bekommen. Haran beugte sich über ihn und tastete seinen Hals ab.
    »Es wird gleich wieder in Ordnung sein, nur sprechen wird dir die nächsten Tage schwerfallen«, stellte er nüchtern fest.
    Oger, Menschen und Zwerge starrten ihn fassungslos an.
    »Lasst uns wieder zurück in die Scheune gehen, hier draußen holt man sich ja den Tod«, sagte Haran und sammelte seine Kleidungsstücke ein.
    Rator und Gnunt halfen Tastmar auf die Beine und setzten ihn in der Nähe des Eingangs ab. Seine Nase blutete immer noch, doch er bekam wieder besser Luft.
    Haran stand am Feuer und trocknete sich oberflächlich ab.
    »So, damit hätten wir das geklärt«, sagte er zu Rator, Wulbart und Dranosil, die auf ihn zukamen. »Nun will ich dir deine beiden Fragen beantworten, Rator.«
    Der Oger blickte ungläubig drein. Er hatte keine Frage gestellt.
    »Was Frage?«
    Haran warf sich sein Hemd über, bückte sich zu dem Feuer hinunter und zog den Käsespieß aus dem Boden, der noch immer dort steckte.
    »Ja, du darfst ihn essen, und auf deine zweite Frage gibt es ebenfalls ein Ja.«
    Rator begriff noch immer nicht, wollte sich aber nicht die Blöße geben, ein weiteres Mal nachzufragen.
    »Ja, wir kennen uns«, erklärte Haran. »Vor rund sechs Jahren haben wir uns in Lorast getroffen. Meine Lage damals war ziemlich beschämend und wesentlich hoffnungsloser als unsere heute.«
    »Du Mann in Käfig«, schloss Rator. »Du gefoltert von Meister.«
    »Genau, mein breitschultriger Freund. Und genau wie damals werde ich euch auch heute wieder in die richtige Richtung lenken.«
    »Wir gehen Turmstein«, protestierte Rator.
    »Ja, keine Angst! Du wirst Turmstein näher kommen als dir lieb ist«, beruhigte ihn Haran.

33
Ein gutes Versteck
    Eine Nacht ist wie die andere , sagte sich Mogda, als er versuchte, ungesehen in die Nähe der Stadtmauern zu kommen. Turmstein war zweifelsohne die beeindruckendste und größte Stadt Nelbors. Leider war sie auch die am besten bewachte. Auf den sechzig Fuß hohen Mauern mit doppelten Wehrgängen patrouillierten Soldaten Tag und Nacht.
    Der untere Gang lag auf halber Höhe im Inneren der Mauer. In regelmäßigen Abständen unterbrachen schmale Schießscharten den glatt behauenen Stein. Im Falle eines Angriffs sollten sie dazu dienen, gezielte Schüsse mit Armbrüsten auf Belagerungsmaschinen abzugeben. Für den Fall, dass Sturmleitern angelegt wurden, konnten von ihnen aus auch Reißketten verschossen werden.
    Der obere Wehrgang bot Platz für eine ganze Armee der besten Langbogenschützen des Landes. Durch die erhöhte Position war es keinem Feind möglich, sich näher als dreihundert Schritt an die Mauer zu wagen, ohne von einem Pfeilhagel begrüßt zu werden.
    Für den Fall eines Ansturms durch einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner dienten die bis zu einhundertfünfzig Meter hohen Türme als Plattform für die Zauberer. Von hier aus schleuderten sie Feuerbälle und Blitzschläge auf die heranstürmenden Krieger.
    Turmstein galt als uneinnehmbar.
    Mogda hatte allerdings auch gar nicht vor, die Stadt einzunehmen. Ihm würde es schon reichen, unbemerkt hineinzugelangen.
    Turmstein war ihm nicht fremd. Vielleicht ein Dutzend Mal hatte er die Stadt bereits als Botschafter der Oger besucht.
    Bei jedem Besuch war er immer wieder aufs Neue von der filigranen Architektur beeindruckt gewesen. Die Gebäude schienen sich gegenseitig zu stützen und allen irdischen Gesetzen zu trotzen. Bei jedem Schritt durch die kleinen Händlergassen veränderten sich die Düfte, die einem in die Nase stiegen. Die Dekoration der Läden zeigte kostbarste Waren aus allen Ländern. Wohin man auch sah, feilschten Händler und Käufer miteinander und hofften, ihren Schnitt zu machen. Trotz der Vielzahl von Eindrücken behagte Mogda die Stadt nicht. Viele Einwohner waren finstere Gestalten und ihm zumeist nicht wohlgesinnt.
    Enge Gassen und kleine Läden machten es einem Oger

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