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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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und beherbergten sämtliche Stadtwachen, einige hohe Beamte, zahlreiche Zauberer und Kleriker sowie rund zweihundert Bedienstete. Im Vergleich zum restlichen Teil Turmsteins war das Schloss der ländliche Teil der Stadt. Es gab aber nicht nur das Leben in und über der Stadt, sondern auch unter ihr. Turmstein besaß ein ausgedehntes Netzwerk aus Kanalisation und unterirdischen Katakomben. Dieses Tunnelsystem war mehr oder weniger frei zugänglich, auch außerhalb der Stadtmauern wurde es nur durch ein Fallgitter geschützt.
    Dennoch hieß es, es sei einfacher, die Mauern Stein für Stein abzutragen, um in die Stadt einzudringen, als durch die Tunnel.
    Eindringlinge, die sich dort unten nicht auskannten, irrten entweder bis zum Hungertod durch das endlose Labyrinth von Gängen, oder sie starben durch Fäulnisgase. Und jemand, der diese Gefahren zu meistern wusste, wurde sicherlich Opfer eines oder mehrerer Bewohner der Kanalisation. Dort unten hausten Aussätzige, Mörder und Kreaturen, die nur entfernt etwas mit Menschen zu tun hatten. In einem Gedicht hieß es:
    Das Ärgste, das die Götter schufen,
    wurde in Turmstein ins Leben gerufen.
    Die unseligsten Kreaturen
    Kriechen dort aus finst’ren Fluren.
    Böse Zungen hatten den Text im Laufe der Jahre umgedichtet und ersetzten die letzte Zeile mit den Worten:
    ... wohnen in Lord Sigurts Fluren.
    Doch egal, was die Volksweisheit sagte, Barrasch wusste es besser. Die Bewohner von Turmstein waren nicht böse. Die Stadt war es, die sie verdarb. Turmstein war fest in der Hand des Lords. Durch die schlechte Lage für den Handel und die wenigen Rohstoffe, die das Land hergab, hätte Turmstein eigentlich nicht über die Größe eines Dorfes hinauswachsen können. Der alte Lord Sigurt jedoch hatte den Wunsch gehegt, die größte Stadt des Landes zu regieren. Das dafür notwendige Geld verschaffte er sich mit horrenden Steuern und hohen Geldstrafen für kleine Delikte. Im Laufe der Jahre füllten sich seine Kassen immer mehr, und die Bevölkerung wurde immer ärmer. Der alte Lord Sigurt war jedoch kein schlechter Mensch gewesen, nur besessen von seiner Vision. Sein Sohn, Tribert, war da anders.
    »He, ihr Bauerntrampel, zieht ab mit eurem Gerümpel. Macht, dass ihr wegkommt!«
    Verunsichert blickten sich Cindiel, Finnegan und Barrasch um. Hinter ihnen drängelte eine vornehm aussehende Pferdedroschke, die von zwei Rappen gezogen wurde. Der Lenker, ein anscheinend übellauniger und kräftiger Mann mit Vollbart, wurde immer ungeduldiger.
    In solchen Droschken fuhren keine normalen Bürger. Nur Adlige oder höhere Beamte konnten sich Personal und einen Stellplatz für ein Gespann leisten. Um weiterhin unauffällig zu bleiben, mussten die drei der lautstarken Aufforderung nachkommen. Geschickt nutzte Barrasch eine Lücke zwischen zwei Marktständen und wich auf den Bürgersteig aus, damit die Droschke vorbeiziehen konnte.
    »Ihr solltet lieber auf den Feldern bleiben, wo ihr hingehört«, schrie der Kutscher noch, als er seinen Pferden die Peitsche gab.
    Verärgert schauten die drei der Droschke hinterher, auf deren hinterem Teil das Wappen von Lord Sigurt zu sehen war: ein Habicht, der auf seine Beute niederstürzt. Die Esel hatten beschlossen, eine kleine Verschnaufpause einzulegen. Trotz wiederholter Versuche konnte Barrasch die Tiere nicht dazu bewegen, sich wieder auf den Weg zu machen. Der Kaufmann, vor dessen Laden sie standen, lief aufgeregt hinter seinem Tresen auf und ab. Barrasch ging das komplette Repertoire an Befehlsworten und Lauten durch, die nötig waren, um ein Pferd in die Schlacht zu lenken. Anscheinend hatten die Tiere überhaupt keine Ausbildung genossen, denn die einzige Regung, die sie zeigten, waren ihre zuckenden Ohren. Der Händler hatte wenig Verständnis für das widerspenstige Verhalten der Esel und stürmte mit einer Knute bewaffnet aus seinem Laden.
    »Ihr versperrt meinen Kunden den Weg, blödes Pack! Wenn ihr nicht auf der Stelle verschwindet, rufe ich die Stadtwache.«
    Barrasch wollte einlenken und den Kaufmann beruhigen. Doch bevor er den Mund aufmachen konnte, verpasste der Händler einem der Esel einen Schlag auf das Hinterteil. Das Tier drehte sich gelangweilt um und schnaubte verächtlich. Barrasch nahm die Sache weniger gelassen hin. Er sprang vom Kutschbock, riss dem Mann die Knute aus der Hand und peitsche sie ihm über den Oberschenkel. Bevor der überraschte Händler um Hilfe rufen konnte, packte ihn der Hauptmann an der Kehle und

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