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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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glaubte auch nicht, dass sie ihn überhaupt bemerken würden, selbst wenn er auf ihnen ritte. Esel waren eben Geschöpfe für sich. Was ihnen an Intelligenz fehlte, hatten sie an Trägheit zu viel. Behutsam richtete Mogda seinen Blick auf den Kutschbock und starrte in drei grinsende Gesichter.
    »Was macht ihr denn hier?«, fragte er verblüfft und gleichzeitig erleichtert.
    Cindiel, Finnegan und Barrasch hatten sich ihrer Kleidung entledigt und einfache Bauernkluft übergeworfen. Um ihre Verkleidung zu vervollständigen, hatten sie sich Hände und Gesicht mit Schmutz eingeschmiert.
    »Eigentlich wollten wir in die Stadt fahren, um die Elfen zu suchen«, erklärte Cindiel, »doch vor einer knappen Meile sahen wir diesen merkwürdigen Busch, aus dem ein riesiger Hintern hervorlugte. Da jedem von uns noch kein Bär untergekommen ist, der so schlecht sitzende Hosen trägt, dachten wir, dass wir uns die Sache mal genauer anschauen sollten. Und hier sind wir.«
    »Findest du eigentlich, dass dein Versteck gut gewählt war?«, fragte Barrasch mitleidig.
    »Macht euch ruhig lustig über mich. Wir wollen erst mal abwarten, was die Stadtwachen dazu sagen, wenn ihr drei mit einer Ladung faulem Heu in die Stadt wollt.«
    Mogda kroch aus seinem Versteck hervor und robbte zum hinteren Teil des Karrens. Das einachsige Gespann knarrte bedenklich, als er sich unter dem feuchten Heu versteckte. Es bedurfte mehrerer Anläufe, bis Mogda sein Gewicht so auf der Ladefläche verteilt hatte, dass es den Eseln gelang, den Karren weiter zu ziehen.
    Die Wachsoldaten am Stadttor waren schon auf den Bauernkarren aufmerksam geworden, doch ihr Misstrauen reichte nur für ein paar abfällige Witze auf Kosten der ärmeren Bevölkerungsschichten. Barrasch konnte nicht jedes Wort verstehen, doch es reichte für die Erkenntnis, dass auch in diesem Teil des Landes nicht unbedingt Klugheit und respektvolles Verhalten erforderlich waren, um Torwache zu werden. Der Hauptmann zwang sich ein freundliches Lächeln ab und nickte eifrig. Cindiel und Finnegan verhielten sich ihrer gespielten Stellung entsprechend eingeschüchtert.
    Als sie mit dem Karren näher kamen, versperrten ihnen die Soldaten den Weg.
    »Halt! Na, Alterchen, wo willst du denn hin?«
    »Oh, ich würde gern zurück auf meinen Hof«, antwortete Barrasch.
    »Nicht frech werden, Opa. Was willst du in der Stadt? Sprich!«
    Einer der beiden Soldaten zielte mittlerweile mit seiner Hellebarde auf Barrasch. Der andere umrundete misstrauisch den Wagen.
    »Eine Soldatenpatrouille kam gestern Morgen in unser Dorf und hat gesagt, wir sollen eine Fuhre Heu zum Stallmeister Winst bringen, um behelfsmäßige Lager für die Flüchtlinge einzurichten.«
    Die andere Wache stocherte mittlerweile missmutig in dem Heuhaufen herum.
    »Was für eine Patrouille?«, fragte der Posten nach.
    »Ich weiß nicht«, mimte Barrasch. »Einen von ihnen nannten sie Losan.«
    »Leutnant Losan?«, fragte der Wachposten erstaunt.
    Barrasch zuckte ahnungslos mit den Schultern. Sofort hörte der andere auf, im Heu herumzustochern, und bewegte sich zügig zurück zu seinem Kameraden.
    »Was steht ihr hier rum? Ihr versperrt den ganzen Weg. Macht, dass ihr weiterkommt.«
    Barrasch verlor keine Zeit und lenkte das Gespann durch das Stadttor. Er bemühte sich, die Esel im gleichmäßigen Trab zu halten. Die Tiere kannten sicherlich nur das Landleben und drohten entweder durchzugehen oder stehen zu bleiben, wenn sie mit einer neuen Umgebung konfrontiert wurden.
    In Turmstein galten für den Begriff Zusammenleben ganz neue Maßstäbe. Anders als in Osberg oder vergleichbaren Städten gab es hier keine vereinzelt stehende Häuser. Die lehmverschmierten Fassaden zogen sich über hundert Meter und mehr hin. Enge Gassen führten auf Hinterhöfe oder bildeten neue Häuserfronten. Haus an Haus und Tür an Tür wohnten, lebten und arbeiteten die Einwohner der größten Stadt Nelbors auf engstem Raum.
    Nicht selten hatten einfache Wohnhäuser fünf oder mehr Etagen, doch neben den in den Himmel ragenden Türmen wirkten sie wie Kiesel neben Felsen. Die wenigen breiten Hauptstraßen, Prunkgassen, wie sie sich nannten, verliefen sternförmig auf das Zentrum zu. Es gab deren sechs, jeweils ausgehend von einem der Stadttore. Im Zentrum der Stadt lag das Schloss. Früher einmal war es die Residenz des alten Lord Sigurt gewesen; heute regierte dort dessen Sohn, Tribert von Sigurt. Die Schlossanlagen nahmen rund ein Drittel der kompletten Stadt ein

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