Der Rubin der Oger
gequältes Stöhnen, dann verstummte er. Als Lord Sigurt zurücktrat, sackte der Arm des Hauptmanns zu Boden. Die abgetrennte Hand hing an der Kette über ihm.
»Erkennst du nun, was passiert, wenn du mich weiterhin anlügst?«, fragte Sigurt in ruhigem, fast gelassenem Ton. »Dieses Spiel können wir so lange fortsetzen, bis wir deinen Freund vollkommen befreit haben. Ich frage mich nur, ob ihm die Freiheit so viel wert ist.«
Mogda zerrte an den Ketten. Es war aussichtslos. Es gab nichts mehr zu gewinnen, nur noch zu verlieren. Er wollte keine Schuld am Tod des Hauptmanns tragen. Lord Sigurt würde ohnehin das tun, wonach ihm der Sinn stand. Eine erzwungene Lüge war hier unten genauso viel wert wie die Wahrheit. Der Lord wollte den Thron – sollte er ihn ruhig haben. Die Frage war nur, wie lange diese Welt noch einen König brauchte.
»Hat Felton euch geschickt?«, wiederholte Lord Sigurt seine Frage.
Mogda nickte.
»Ich habe es gewusst!«, rief der Lord verzückt. »Das wird ihn die Ländereien Osbergs sowie seine Armee kosten. Und ich werde König sein!«
Sigurt drehte sich um und schlug das Beil in den Haublock.
»Folterknecht, du kümmerst dich um den Hauptmann. Binde seine Wunde ab und sorge dafür, dass er bis übermorgen am Leben bleibt. Wenn er stirbt, wirst du bei meiner Krönung seinen Platz einnehmen. Und glaube mir – der wird dir nicht gefallen.«
Mit diesen Worten verließen Sigurt und sein Gefolge den Kerker.
Das Letzte, was Mogda von ihnen sah, war der Hofmagier Libriandus, wie er die Tür hinter sich zuzog und Mogda einen Blick zuwarf. In den Augen des Magiers konnte er Schuldgefühl und Bedauern erkennen.
40
Die Goblinschmiede
In der Durchreiche zur Küche türmte sich das schmutzige Geschirr. Immer wieder hetzte die Schankmaid Isbell aus der Gaststube heran und stellte benutzte Gläser, Krüge und Teller ab. Es würde nicht mehr lange dauern, und Tordek der Wirt würde in die Küche stürmen, eine seiner Predigten über entgangenen Profit halten und wieder hinausstürmen. So ging das jetzt schon seit Tagen in der Goblinschmiede .
Cindiel hasste die Zeit von Sonnenuntergang bis zur Sperrstunde, wenn schon der Morgen graute. Das Abwaschwasser war bereits kalt, und es blieb nicht einmal genügend Zeit, einen frischen Kessel aufzusetzen. Tordek hatte Isbell angewiesen, jedes Glas vom Tisch zu nehmen, sobald der Gast ausgetrunken hatte. Dadurch wollte er verhindern, dass die Besucher der Kneipe ihren eigenen Wein oder andere Getränke mitbrachten und so einen billigen Abend bei ihm verbrachten.
Die Schwingtür wurde aufgestoßen. Tordek kam mit dem Hintern voran in die Küche, ein leeres Fass Bier in den Händen. Er stellte das Fass in den Lastenaufzug, der zum Keller führte.
»Na los, Mädchen, halt dich ran! Wie sollen wir neue Getränke ausschenken, wenn keine Gläser mehr da sind?«
Cindiel blickte auf ihre vom Wasser aufgeweichten Hände.
»Es geht nicht schneller«, erklärte sie bestimmt. »Es dauert seine Zeit, alles sauber zu bekommen.«
Tordek hatte die Luke zum Weinkeller schon aufgerissen. Kommentarlos verschwand er in dem Gewölbe unter der Küche. Cindiel hörte, wie er Fässer und Flaschen umräumte. Glas zersplitterte, und leise Verwünschungen hallten die Treppe herauf. Als Tordek wieder aus dem Keller kam, hielt er vier Flaschen Wein unter dem Arm.
»Wir haben nur noch gutes Zwergenbier«, nörgelte er. »Auf keinen Fall schenke ich das an den Pöbel dort draußen aus.«
Cindiel zuckte mit den Achseln. Ihr war es gleich, was die Gäste tranken, die Gläser musste sie ja ohnehin spülen; egal, was darin gewesen war.
»Mit dieser Brühe bekomme ich das Geschirr einfach nicht mehr sauber«, erklärte sie.
»Es muss ja auch nicht sauber sein«, schimpfte Tordek. »Das Essen schmeckt sowieso immer gleich, Bier ist Bier, und die Gläser schwenke ich solange, bis die Rotweinränder verschwunden sind. Wichtig ist nur der Umsatz. Von den Dummköpfen da draußen erinnert sich morgen keiner mehr daran, was er gestern getrunken hat. Die kommen schon wieder.« Mit diesen Worten verschwand er wieder hinter seinem Tresen.
Der Schankraum war zum bis Bersten gefüllt. Nur die Hälfte der Gäste hatte einen Stuhl ergattern können, die übrigen standen am Tresen, saßen in den Fensternischen oder hockten neben einem Tisch. Isbell hatte alle Hände voll zu tun. Von überall her riefen ihr die Gäste Bestellungen zu oder pöbelten sie an, wenn sie zu lange warten mussten.
Seit
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