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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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schaudern.
    Entgegen seinem Versprechen hatte Rator die beiden Trolle nicht laufen lassen. Er hatte ihnen die Hände auf den Rücken gebunden und einen Holzstamm zwischen die Armbeugen geschoben, der Nokrat und Tusfell miteinander verband. Sonst aber ließ er sie in Ruhe, was bei seiner momentanen üblen Laune an ein Wunder grenzte. Die Bewachung der beiden Gefangenen hatte er Kruzmak übertragen, der sich seiner Verantwortung bewusst war und ein Dutzend Oger zu seiner Unterstützung gerufen hatte.
    Es war früher Morgen, und die meisten Oger hatten die letzten Stunden dazu genutzt, sich von dem mühsamen Marsch durch die felsige Landschaft zu erholen.
    Rator und Hagmu, die die Führung des kleinen Heeres übernommen hatten, machten keinen Hehl daraus, dass sie mögliche Angriffe der Menschen nicht fürchteten.
    Mogda beobachtete seine Kameraden, während er seinen letzten Proviant kaute. Mit Besorgnis stellte er fest, dass das Verhalten der anderen von Stunde zu Stunde aggressiver wurde. Die meisten verhielten sich planlos und gereizt. Eigentlich waren dies Eigenschaften, die jeder Oger von Geburt an besaß, jedoch nicht in dieser Ausprägung. Mogda fragte sich, ob es der Einfluss Tabals war, wie Tusfell ihn beschrieben hatte, oder ob die Gereiztheit auf die Proviantknappheit zurückzuführen war. Die einzige Ausnahme bildete Gnunt.
    Mogda war dieser selbst für einen Oger klobige Koloss schon häufiger aufgefallen. Er unterschied sich in seinem Tun vollkommen von den Artgenossen. Statt träge herumzuliegen, ständig auf der Suche nach etwas Essbarem zu sein und keiner Rauferei aus dem Wege zu gehen, verbrachte er seine Zeit damit, seine Umwelt zu untersuchen.
    Momentan lag er über einen großen Felsen gebeugt und streckte sein Hinterteil in die Luft. Mogda erkannte ihn nur an dem fehlenden Flicken in Höhe der Gesäßtasche und dem zu niedrigen Hosenbund. Beides gewährte ihm einen Einblick, den Mogda sich gern erspart hätte, jedenfalls vor dem Frühstück.
    »Gnunt, bist du das?«, fragte er. »Was machst du da?«
    Gnunt antwortete nicht. Er war damit beschäftigt, mit einem trocknen Ast einen Kreis in der sandigen Erde nachzuzeichnen. Dies schien Mogdas Beobachtung zu bestätigen, dass Gnunt nur selten zwei Sachen gleichzeitig tat.
    Mogda schaute eine Weile zu und fand Gefallen an der Beharrlichkeit, die Gnunt an den Tag legte.
    »Genau wie Gnunt«, flüsterte Gnunt.
    Mogda betrachtete die Linien im Sand, konnte aber keine Ähnlichkeit feststellen.
    »Malst du schon länger?«, fragte er.
    »Fniege genau wie Gnunt«, wiederholte der Oger.
    Mogda musste etwas übersehen haben. Neugierig beugte er sich weiter hinunter und versuchte, etwas zu erkennen. Erst als sein enttäuschtes Schnauben eine Vielzahl von Ameisen aufwirbelte und hektisch umherlaufen ließ, erkannte er das Treiben vor seiner Nase. Die kleinen Sechsbeiner hatten sich zu Dutzenden auf eine Wespe gestürzt, versuchten sie zu erledigen und in ihren Bau zu schaffen.
    »Das ist eine Wespe«, klärte Mogda seinen Kameraden auf.
    »Gnunt wie sie. Aneise wie Ork.«
    Mogda beschloss, Gnunt nicht ständig zu verbessern. Schließlich konnte er nicht wissen, wie der Oger darauf reagierte, wenn er mit seinen Beobachtungen fertig war. Dennoch ließ ihm sein Verhalten keine Ruhe. Er musste herausfinden, was Gnunt und ihn selbst von den anderen Kindern Tabals unterschied, auch wenn dabei nur herauskam, dass Gnunt eben ein Kind im Körper eines Ogers war, und er selbst nur verhext.
    Mogda schnappte sich ebenfalls einen Ast und begann, die Ameisen von ihrer Beute zu verjagen. Jedes Mal, wenn er einen kleinen Trupp dieser Krabbeltiere aufgescheucht hatte, blies er sie fort und schlug schließlich mit der flachen Hand darauf. Irgendwann schaffte es die Wespe, wieder die Oberhand zu gewinnen und die restlichen Angreifer zu vertreiben. Erschöpft fing sie an, sich einzugraben.
    »Fniege jetzt frei, aber kann nicht fniegen«, stellte Gnunt verblüfft fest.
    »Genau wie Gnunt«, bestätigte Mogda und lächelte.
    Bei Gnunt dauerte die Reaktion etwas länger, äußerte sich dafür aber umso überschwänglicher.
    »Du Freund gefunden?«, hörte Mogda die herablassende Stimme von Rator hinter sich. »Gnunt aufpassen, sonst zerbrechen Lieblingsoger von Tabal.«
    Mogda löste sich aus der Umarmung seines neuen Freundes und rieb sich die frischen blauen Flecken an den Armen.
    »Ich dachte immer, ihr Kriegsoger seid die Lieblinge Tabals, und die anderen werden mehr oder weniger

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