Der Rubin der Oger
Brust, ausgebreiteten Flügeln und hoch erhobenem Haupt stolzierte er auf und ab. Dabei trat er rhythmisch mit seinen Krallen im Moos herum. Plötzlich flatterte er los und landete auf Mogdas Kopf. Eilig begann er, einzelne Haare aus den geflochtenen Zöpfen des Ogers zu zupfen und neu zu drapieren. Mogda schaute etwas eingeschüchtert zu Cindiel hinüber, wagte es aber nicht, sich zu bewegen. Cindiel verfolgte das Schauspiel aufmerksam und lachte leise.
»Bleib so bis morgen früh, dann wird das Nest fertig sein«, kicherte sie.
Sie wandte sich wieder ab und führte die Hand über das Nesselgras. Das Eichhörnchen hoppelte herbei und begann sofort, sich die dünnen grünen Fäden in die Backen zu stopfen und genüsslich zu kauen. Plötzlich zuckte es zusammen und stellte den buschigen Schwanz auf.
»Na, was ist mit dir?«, flüsterte Cindiel, als Mogda sie unterbrach.
»Psst!«
»Nicht jetzt, Mogda«, wollte sie ihn abwimmeln.
»Wir werden beobachtet«, brummte er.
Vom Waldrand drang das Geräusch brechender Äste zu ihnen herüber. Cindiel drehte hektisch den Kopf von einer Seite zur anderen. Das Eichhörnchen hatte sich dicht an ihren Schenkel gepresst und kauerte nun in ihrem Schutz. Nur der Vogel auf Mogdas Kopf war zu beschäftigt, als dass er sich für seine Umgebung interessiert hätte.
»Was hast du mit deinem Zauber alles angelockt?«, wollte Mogda wissen.
»Ich?«, gab Cindiel empört zurück. »Es ist kein starker Zauber. Nur kleine Nager und Vögel reagieren darauf.«
Mogda versuchte, den Vogel von seinem Kopf zu verscheuchen, ohne ihn zu verletzen, doch das zarte Tier ließ sich nicht abschütteln. Es flatterte nur kurz auf, um gleich danach wieder auf seinem neuen Nest Platz zu nehmen.
»Wie schwer können Eichhörnchen werden?«, fragte Mogda, der mit konzentriertem Blick ins Feuer starrte.
»Ein halbes Pfund, mehr nicht«, antwortete Cindiel.
»Dann sind es vermutlich tausend Stück in einem Bollerwagen.«
»Sollen wir lieber das Feuer löschen, Mogda?«
Er schüttelte den Kopf.
»Es sind drei; sie beobachten uns. Wir warten einfach, was passiert.«
Cindiel zog die Knie an und kauerte mit gesenktem Blick vor dem Feuer.
»Ein wirklich ausgefeilter Plan.«
Mogda legte eine Hand auf seinen Schwertknauf.
Aus der undurchdringlichen Schwärze der hohen Tannen lösten sich drei Gestalten. Ihre Umrisse waren groß und massig, ihr Gang gebückt, und ihre Arme hingen fast bis zum Boden.
»Trolle«, zischte Mogda.
Die Trolle näherten sich der Lagerstätte und bauten sich im Schein des Feuers auf. Mogda erkannte, dass sie keine ausgebildeten Krieger waren. Ihre Kleidung bestand aus Wolfs- und Bärenfellen. Die Waffen, die sie trugen, waren schlichte Keulen. Dennoch waren sie nicht zu unterschätzen.
»Hallo, wen haben wir denn da?«, grollte einer von ihnen.
»Ihr geht besser wieder. Bei uns gibt es nichts zu holen. Die Hexe und ich stehen unter dem Schutz Tabals«, sagte Mogda und hoffte, dass man den unsicheren Unterton in seiner Stimme nicht heraushören konnte.
»Guck mal, Knaak, der Fette hat einen Vogel im Haar.«
Der Fette? Jetzt wusste Mogda, wen er zuerst töten würde, wenn es zu einem Kampf kommen sollte. Und als kleine Dreingabe hatten sie ihm auch noch ihren Anführer gezeigt, den er als Zweiten töten würde ... wenn er so lange durchhielt.
Knaak griff ins Lagerfeuer und zog ein brennendes Holzscheit heraus. Er fuchtelte damit vor Cindiel herum, die wie versteinert dasaß.
»Tabal hat euch verstoßen, nachdem ihr die Gemeinschaft verraten habt. Wir waren Freunde, vor dem Krieg. In ihm wurden wir zu Feinden und sind es immer noch. Wir nehmen die Frau und lassen dich zurück, Oger. Ob du stirbst oder nicht, liegt an dir.«
Die Hoffnung, dass sie nichts von dem Verrat des Paktes zwischen Orks, Ogern, Trollen und Goblins gehört hatten, zerplatzte. Nun legte Mogda all seine Zuversicht in die Möglichkeit, dass sie keine Einzelheiten kannten.
»Wir hatten nichts mit dem Krieg zu tun. Wir gehören zu einer Gauklertruppe«, versuchte der Oger, die Situation zu retten.
»Knaak, schau dir das Schwert von dem Fetten an. So eins hatte doch auch der Anführer dieser Verräter, dieser ... Moda.«
Ganz sicher würde er diesen Schwätzer zuerst töten; und es würde wehtun.
Die drei teilten sich auf und umringten Cindiel und Mogda langsam. Mogda musste den Angriff hinauszögern. Im Moment waren sie den Kerlen hoffnungslos unterlegen.
»Ich mache euch einen Vorschlag. Ihr nehmt
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