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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Ansprüche an unser Leben haben. Früher mussten wir uns mit dem Wenigen begnügen, das ihr uns nicht wieder weggenommen habt.«
    »Nachdem ihr es uns gestohlen habt«, wandte Cindiel ein.
    »Die Menschen beanspruchen alles für sich , das ist menschlich, und genau das bin ich nicht.«
    Cindiel wirkte nachdenklich.
    Er hatte es geschafft. Er hatte eine Diskussion mit ihr begonnen, und er hatte das letzte Wort behalten. Stolz ließ seine Brust schwellen, gleichzeitig wuchs aber auch ein Gefühl des Verrats. Cindiel hatte ihm vor sechs Jahren vertraut und sogar zur Flucht verholfen. Ihr schien es egal, welcher Rasse jemand angehörte, für sie zählte nur die Person selbst. Er war gerade dabei, dieselben Fehler zu machen, deretwegen er die Menschen damals gehasst hatte. Er sah nur die Taten, nicht die Beweggründe.
    Zur Versöhnung reichte Mogda Cindiel ein Stück Dörrfleisch, das sie aus der Scheune eines Gehöfts außerhalb von Osberg gestohlen hatten. Gierig schlang Mogda sein Fleischstück hinunter, während Cindiel lustlos auf ihrem Streifen herumkaute. Sie sortierte ihre gesammelten Kräuter und Beeren und ordnete sie zu kleinen Häufchen an. Die Trommelbeeren sammelte sie wieder ein und wickelte sie in einen Stofffetzen.
    »Na, mal sehen, was haben wir denn da alles?«, murmelte sie mit halb vollem Mund. Mogda rückte etwas näher an sie heran und schaute ihr gespannt über die Schulter. Cindiel spürte sein Interesse, deshalb fuhr sie etwas deutlicher sprechend fort.
    »Nesselkraut. Man benutzt es, um Blutungen zu stillen. Die Anwendung ist zwar etwas schmerzhaft, bringt aber schnellen Erfolg. Das hier, was aussieht wie ein Knäuel grüner Würmer, ist Würgegras. Wenn man es lange genug durchkaut, kann es Vergiftungen aus dem Körper ziehen. Leider hilft es bei schnell wirkenden Giften zu langsam und meist zu spät. Dieses Stück braune Rinde ist vom Talbusch, sehr gut bei Ohnmachtsanfällen. Nur, wenn man zu lange daran schnuppert, wird einem übel. Und zu guter Letzt haben wir noch dieses Prachtstück hier.«
    Cindiel hob einen Pilz hoch und drehte ihn stolz vor Mogdas gerümpfter Nase.
    »Den sagenumwobenen Alle-Schwierigkeiten-weg-Pilz?«, fragte Mogda boshaft.
    Cindiel schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Das hier ist der äußerst seltene Schleimröhrling.«
    »Klingt nicht sonderlich lecker«, entgegnete der Oger.
    »Das vielleicht nicht, aber seine Wirkung ist in gewissen Kreisen sehr beliebt. Nachdem man den Pilz roh verspeist hat, dauert es einige Momente, doch dann zeigt er, was in ihm steckt. Zuerst verändern sich die Farben um einen herum, alles wird bunt und leuchtend. Wenig später verschwimmen dann auch die Umrisse von allem, was man sieht, und vermengen sich miteinander. Zusätzlich gerät man in Hochstimmung und wird extrem guter Dinge.«
    »Wozu soll das gut sein?«, erkundigte sich Mogda.
    Cindiel starrte Mogda fassungslos an.
    »Aus demselben Grund, weshalb jemand ein Dutzend Flaschen Wein trinkt.«
    »Dann hätten sie ihn Hagrimpilz nennen sollen«, entschied Mogda.
    »Setz dich wieder hin und verhalte dich ruhig«, sagte Cindiel. »Wir wollen mal sehen, ob wir einige Vorkoster aus dem Wald locken können.«
    Mogda rückte ans Feuer und beobachtete Cindiel erwartungsvoll. Sie hatte die Augen geschlossen und strich mit sanften Bewegungen über den moosbewachsenen Boden. Aus ihrer Kehle drang ein leises Summen. Es war keine richtige Melodie, es klang eher wie ein rhythmisches Rauschen. Die Zeit verstrich, aber Mogda wagte es nicht, sich zu rühren. Er befürchtete, ihren Zauber damit zu unterbrechen und dann selbst als Versuchstier zu enden.
    Aus dem Augenwinkel nahm Mogda eine Bewegung wahr. Über das Feuer hinweg sah er ein Eichhörnchen, das kopfüber von seinem Baum kletterte und aufgeregt in Cindiels Richtung spähte. Mit wenigen Sprüngen eilte es heran und hockte schließlich in Habtachtstellung zu ihren Füßen. Fast zeitgleich landete ein kleiner blauschwarzer Vogel auf ihrer Schulter und hüpfte mit verärgert klingendem Piepsen hin und her. Cindiel bewegte sich vorsichtig, dann zeigte sie mit den ausgestreckten Fingern ihrer Hand auf das Nesselkraut.
    Der kleine Vogel flatterte etwas unbeholfen auf Cindiels Schulter herum. Mit Hilfe seiner Krallen und des Schnabels hangelte er sich an ihrem Arm hinunter, landete auf dem Nesselkraut und pickte eifrig daran herum. Schon nach kurzer Zeit ließ er wieder davon ab und begann einen merkwürdigen Tanz. Mit seiner blau gefärbten

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