Der Rubin der Oger
die Frau und mein Schwert, aber ihre Tasche mit den Kräutern lasst ihr hier.«
Die schnelle Aufgabe seiner Besitztümer verwirrte die Trolle. Sie waren es gewohnt, erst um die Beute zu feilschen, ihr Opfer dann im Nachhinein zu töten und alles zu bekommen.
Cindiel regte sich noch immer nicht. Mogdas falsches Angebot hatte sie sicherlich durchschaut, doch ein einziger Schlag dieser Unholde konnte ein jähes Ende für einen Menschen bedeuten.
»Was sind das für Kräuter?«, brüllte Knaak.
Sie hatten angebissen. Jetzt kam es nur noch darauf an, ihr Interesse zu steigern.
»Nichts Besonderes«, sagte Mogda in übertrieben ahnungslosem Tonfall.
Jetzt war es an Cindiel, in die Scharade einzusteigen. Sie schnappte sich, so unbeholfen sie konnte, den Schleimröhrling und ließ ihn unter ihrem Kleid verschwinden.
Knaaks Rechte schnellte vor und packte sie am Handgelenk. Seine Kraft hätte ausgereicht, ihr mühelos den Arm zu brechen, doch er drehte ihr nur die Handfläche nach oben. Während der ganzen Aktion hatten sich seine Füße keinen Zoll breit bewegt. Der lange Oberkörper und die schlaksigen Arme erlaubten es ihm, drei Schritt weit in jede Richtung zu greifen, ohne seinen Platz zu verlassen.
»Was ist das?«, knurrte er Cindiel an.
»Das ist ein Pilz«, rief einer der Trolle euphorisch von hinten.
»Schnauze, ihr Idioten, das sehe ich selber!«, brüllte ihr Anführer zurück.
Knaak riss den anderen Arm herum und zeigte auf Mogda.
»Du. Du sagst mir, was mit dem Ding ist, sonst reiße ich der kleinen Hexe den Arm aus.«
Mogda stellte sich trotzig und wendete seinen Blick ab.
»Du redest auf der Stelle«, keifte Knaak, »oder ich werfe das Ding ins Feuer.«
»Nein, nicht ins Feuer«, flehte Mogda. »Der Pilz, ich brauche ihn. Ich habe jahrelang nach ihm gesucht. Er ist alles, was ich will.«
Knaak inspizierte das kleine Schwammgewächs genauer. Er schnüffelte daran herum und rollte ihn in seiner massigen Hand von einer Seite zur anderen.
»Was ist damit? Ist er verzaubert?«
Mogda nickte betrübt. Er kannte die Trolle, sie waren leicht zufrieden zu stellen. Es gab nur wenig, wonach sie strebten. Reichlich Nahrung und die Aussicht auf eine Schlacht reichten den meisten ihres Volkes. Magische Effekte wie Kraft, Unsichtbarkeit oder Heilung waren ihnen egal, ihr Größenwahn ließ sie ohnehin denken, sie seien unverwundbar. Jedoch gab es etwas, nach dem sie mehr verlangten als alles andere. Es war die Magie. Allerdings nicht deren Effekte, sondern deren eigene Anwendung. Sie wollten sein wie jene Rassen, die mit ihren Magiern diese Welt beherrschten.
Also begann Mogda zu fabulieren: »Du hast von mir gehört und weißt, dass ich mich von anderen Ogern unterscheide. Ich bin schlauer als sie, und das habe ich einem Pilz zu verdanken. Genau so einem, wie du ihn in den Händen hältst. Vor Jahren traf ich einen Zauberer. Ich wollte sein Vieh stehlen und ihn töten, aber er schlug mir einen Handel vor. Er sagte, wenn ich ihn verschone, würde er mir seine Klugheit übertragen. Ich ging auf den Handel ein, und er verzauberte einen Pilz. Nachdem ich ihn gegessen hatte, konnte ich lesen, schreiben und wusste alles Mögliche über das Land und deren Bewohner. Ich wurde alles, was ich heute bin. Jetzt, etliche Jahre später, habe ich es geschafft, diese Hexe in meine Gewalt zu bringen und sie zu zwingen, ihre Magie in den Pilz zu legen. Damit wäre ich kein Oger mehr. Ich wäre ein Gott, würde ganze Völker unterwerfen und über das Land herrschen.«
Die drei Trolle schwiegen nachdenklich und drängten sich dicht aneinander, um einen genaueren Blick auf diese wundersame Pflanze zu werfen.
»Trolle sind von Natur aus klug. Aber wenn ich den Pilz esse, kann ich dann zaubern?«, fragte Knaak.
Mogda zeigte auf Cindiel.
Knaak hatte sie immer noch am Handgelenk gepackt und hob sie nun wie ein erlegtes Stück Wild vor sich in die Höhe. Cindiel hatte begriffen, was Mogda plante, nur war sie sich nicht sicher, ob es funktionieren würde. Sie nickte überzeugend.
Der Troll zu Knaaks Linken meldete sich zu Wort.
»Iss ihn nicht, das ist eine Falle. Sie wollen dich vergiften.«
Der Troll zu seiner Rechten versuchte ebenfalls, den Anführer von seinem Vorhaben abzubringen.
»Vergiss nicht, er ist ziemlich schlau. Er versucht nur, dich reinzulegen.«
Knaak ließ die Einwände einen Augenblick auf sich wirken, zerstreute sie dann aber.
»Genau! Ihm ist klar, dass wir wissen, dass er schlau ist, und deswegen
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