Der Rubin im Rauch
dich. Erstens schuldest du mir 'ne halbe
Krone. Der alte Selby hat ins Gras gebissen. Sie ham ihn am Samstag
aus dem Fluß gefischt, und heut morgen is 'n Bulle bei uns gewesen,
und der Laden is dichtgemacht, 's gibt da Untersuchungen. Also raus
mit dem Geld."
Frederick warf ihm eine Münze zu und setzte sich.
„Was weiß man darüber?" fragte er.
„Er war am Freitag unterwegs, um nach 'nem Schoner in der Nähe
von Bow Creek zu schaun. Am Brunswick Pier is er in 'nen Kahn
gestiegen und nich zurückgekommen. Der Bootsmann auch nich. Der
große Kerl von Mrs. Holland war mit ihm am Pier, aber er is nich in
'n Kahn gestiegen, 's gibt 'n Zeugen, der ihn gesehn hat. Was hältste
davon?"
„Verflucht", sagte Frederick. „Und du glaubst, daß es der Mann aus
dem Warwick Hotel war?"
„Klar. Is doch logisch."
„Und hast du das der Polizei gesagt?"
„Wozu denn?" fragte Jim verächtlich. „Darauf können se lange
warten."
„Jim, es handelt sich um einen Mord."
„Selby war 'n Gauner", sagte Jim. „Er hat ihren Vater in den Tod
getrieben, oder nicht? Er verdient nix anderes. Das is nich Mord -- das
is ausgleichende Gerechtigkeit."
Sie sahen beide Sally an. Die anderen beiden würden zustimmen,
wenn sie zur Polizei gehen wollte, das spürte sie. Aber irgend etwas
gab ihr ein, daß sie in diesem Falle nie die Wahrheit erfahren würde.
„Nein", sagte sie. „Noch nicht."
„Es ist gefährlich", meinte Frederick.
„Für mich, nicht für dich."
„Deshalb mach ich mir Sorgen", erwiderte er ärgerlich.
„Du verstehst es nicht. Und ich kann es nicht erklären. Ach, bitte,
Frederick, überlaß das Ganze mir!"
Er zuckte die Achseln. „Was hältst du davon, Jim?"
„Sie is verrückt. Laß sie am besten in Ruh, falls es ansteckend is."
„Also gut. Aber Sally, versprichst du mir, daß du mir immer sagst,
was du vorhast und wo du bist? Wenn du wild entschlossen bist, dich
in Gefahr zu begeben, dann will ich's wenigstens wissen."
„Gut, ich versprech's."
„Na, das ist wenigstens etwas. Jim, was hast du heute vor?"
„Weiß nich. Rumlungern und Leute ärgern wahrscheinlich."
„Willst du zusehn, wie man 'ne Kamera aufbaut und 'ne Aufnahme
macht?"
„Ja, bitte!"
„Also dann los..."
Sie gingen ins Studio und ließen Sally allein zurück. Sie nahm sich
die Zeitung vor und wollte den Börsenbericht lesen. Aber ihr Blick
fiel auf eine Überschrift; sie fing an zu lesen und sprang plötzlich blaß
und zitternd auf.
GEHEIMNISVOLLER ÜBERFALL AUF GEISTLICHEN OXFORD BRÜDER IN RÄTSELHAFTEN MORDFALL
VERWICKELT
Außergewöhnliche Ereignisse trugen sich am letzten Samstag in
Oxford zu, die im Mord eines Bruders des Ortsgeistlichen ihren
Höhepunkt fanden. Der Ermordete, Mr. Matthew Bedwell, hielt sich
bei seinem Zwillingsbruder, dem Pfarrer Nicholas Bedwell, Vikar von
St. John, Summertown, auf. Es begann mit einem hinterhältigen und
grundlosen Angriff auf Pfarrer Bedwell, während er ein älteres
Gemeindemitglied besuchte. Als der Vikar den Weg betrat, der zum
Haus des Invaliden führte, wurde er von einem großgewachsenen
Mann angegriffen, der einen Dolch schwang. Trotz Verletzungen an
Armen und Gesicht gelang es Pfarrer Bedwell, den Angreifer
abzuwehren, der daraufhin verschwand. Mr. Bedwell begab sich zu
einem Arzt, doch in der Zwischenzeit war im Pfarrhaus eine Nachricht
eingetroffen, die den Bruder ersuchte, ihn in der Nähe am Fluß in
Port Meadow zu treffen.
Mr. Matthew Bedwell, der auf diese Weise aus dem Haus gelockt
wurde, verließ das Pfarrhaus gegen drei Uhr und ward nicht mehr
lebend gesehen. Kurz nach sieben Uhr abends fand ein Fährmann
seine Leiche im Fluß. Man hatte ihm die Kehle durchschnitten.
Das Opfer dieses abscheulichen Mordes war ein Seemann, der erst
vor kurzem von einer Reise zum Malaiischen Archipel zurückgekehrt
war. Er und sein Bruder waren eineiige Zwillinge, und es wird für
möglich gehalten, daß diese Tatsache die vorhergehende Attacke auf
Pfarrer Bedwell erklären könnte; doch die näheren Umstände bleiben
unklar.
Sally warf die Zeitung hin und rannte weg, um Frederick zu suchen.
Sie schrieben sofort an Nicholas Bedwell und verbrachten den
restlichen Tag schweigend mit Arbeit. Niemand hatte viel zu sagen,
nicht einmal Jim. Rosa ging früher als gewöhnlich ins Theater.
Jim hatte sich so nützlich gemacht, daß sie ihn baten, zum
Abendessen zu bleiben. Er ging mit Trembler und Adelaide zum
Gasthaus ,Herzog von Cumberland' um die Ecke, um etwas Bier
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