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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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hatte rein gar nichts mit Rachel gemeinsam. Sie war viel zu jung und affektiert und in gewisser Weise auch billig. Jella wusste, dass sie kein Recht hatte, ihrem Vater irgendetwas vorzuschreiben; dennoch war ihre Enttäuschung einfach grenzenlos. Die weite Reise, die bangen Hoffnungen. Sie hatte nach einem Strohhalm gegriffen, der ihr aus den Händen geglitten war, bevor sie ihn überhaupt gehalten hatte.
    Wie in Watte getaucht bekam sie mit, wie sich die fremde Frau als Lucie von Sonthofen vorstellte.
    »Wie ist er denn gestorben?«, brachte sie endlich mit tonloser Stimme hervor. In ihren Ohren surrte es, während das Blut aus ihren Wangen wich. Hätte sie nicht gesessen, wäre sie wohl zusammengebrochen.
    Mit einer einstudiert wirkenden Bewegung ging Lucies Hand in Richtung Jellas Knie. Sie zuckte zurück und registrierte den goldenen, viel zu protzigen Ehering und die ebenso unpassenden rot lackierten langen Fingernägel. Eine Trauernde sollte keine rot lackierten Nägel tragen, schoss es ihr wie ein Blitz durch den Kopf,
doch dann wurde sie von Lucies Bericht über den Tod ihres Vaters auch schon wieder abgelenkt.
    »Es ist gerade mal vier Wochen her«, fing Lucie an. Ihre Hände wanderten erneut zu dem Taschentuch, das sie sich an die Augen drückte, bevor sie fortfuhr: »Johannes und Victor Grünwald, der Vorarbeiter von Owitambe , wollten den ganzen Tag unterwegs sein, um die Zäune, in denen sich unsere Rinderherden befinden, zu kontrollieren. Das war notwendig geworden, weil wieder einmal eine Gruppe herumstreunender Hereros Löcher hineingeschnitten hatte, um ihr Vieh auf unsere Weiden zu treiben. Diese unzivilisierten Wilden kennen keine Schranken und Grenzen. Sie glauben, sich nach Herzenslust an fremdem Eigentum bedienen zu dürfen. Auf jeden Fall sind die beiden Männer im Morgengrauen aufgebrochen und gegen Mittag an einem Ort, den die Herero Erindi nennen, auf einige Rinderkadaver gestoßen. Sie waren eindeutig Opfer eines in das Farmgelände eingedrungenen Löwenrudels. Johannes war darüber so erbost, dass er darauf bestand, ihrer Fährte zu folgen, um die Raubtiere ein für alle Mal von Owitambe zu vertreiben.«
    Jella spürte Lucies Blick auf sich ruhen und sah auf. Die eisblauen Augen sahen sie prüfend an, so als wolle Lucie sich vergewissern, dass Jella alles verstanden hatte.
    »Mit einem Löwenrudel ist nicht zu spaßen«, erklärte sie. »Das sind unberechenbare Bestien, die selbst vor Menschen nicht Halt machen. Victor - ich meine Herr Grünwald - schlug vor, erst zur Farm zurückzureiten, um ein paar Männer zur Verstärkung zu holen, aber Johannes blieb stur und ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Ja, er befahl Victor sogar zurückzubleiben, um die Zäune auszubessern, während er sich allein an die Verfolgung machen wollte. Er wollte nicht, dass noch mehr Rinder verloren gingen.« Lucie schüttelte bekümmert den Kopf. »Victor hätte das nicht zulassen dürfen, aber Johannes war der Boss und konnte
recht ungemütlich werden, wenn jemand nicht nach seiner Pfeife tanzte. Auf jeden Fall machte er sich allein auf den Weg. Er versprach, vor Sonnenuntergang wieder zurück in Erindi zu sein, um sich mit Victor zu treffen. Doch er erschien nicht, nicht bei Sonnenuntergang und auch nicht in der darauf folgenden Nacht. Victor übernachtete notgedrungen draußen im Busch und machte sich gleich im Morgengrauen auf die Suche nach Johannes. Nach vielen Stunden fand er schließlich seine Spur. Zwischen zerklüfteten Felsen muss er den Löwen in die Falle gegangen sein...«
    Lucie machte eine Pause und schnäuzte kräftig in ihr weißes Taschentuch. Jella begann das schreckliche Ende zu ahnen. Mit zusammengeballten Fäusten hörte sie sich den Rest der Geschichte an.
    »Es war einfach nur schrecklich. Überall war Blut. Zerrissene Kleidungsstücke, Knochenreste und ein zerfetzter Schuh. Die Bestien haben von Johannes nichts übrig gelassen. Nur seinen mit Blut verkrusteten Hut hat Victor mir als Erinnerung zurückgebracht. Die wenigen sterblichen Überreste hat er an Ort und Stelle begraben, um sie vor den Geiern und Hyänen zu schützen.«
    Jella hörte es und hörte es doch nicht. Die unheilvollen Worte perlten an ihr ab wie Wasser von einem Wachstuch. Alles in ihr weigerte sich, das gerade Gehörte zu glauben. Und doch war es die Wahrheit. Allein die irrwitzige Vorstellung, dass ihr Vater kurz bevor sie ihn kennenlernen konnte von wilden Löwen zerrissen worden war, zerfleischt,

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