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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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verloren zu haben, tat ihr weh; gleichzeitig wusste sie auch, dass sie es nie schaffen würde, sich von einem Mann berühren zu lassen. Die seelischen Verletzungen, die sie damals erlitten hatte, waren nur oberflächlich verheilt und jetzt mit einer Wucht wieder aufgebrochen, die Jella zutiefst verunsicherte. Der Makel dieser schrecklichen Tat würde immer an ihr kleben bleiben. Erst in den Morgenstunden fiel sie in einen unruhigen Schlaf voller Albträume. Als sie erwachte, war es immer noch finstere Nacht. Schweiß rann über ihr Gesicht und überzog ihren ganzen Körper. Jella zog sich aus und wusch ihren Körper an der Waschschüssel, die auf der Kommode stand. Nass wie sie war, zog sie sich ein frisches Nachthemd an. Doch ihr war immer noch viel zu heiß. Barfuß verließ sie ihr Zimmer und begab sich hinaus auf den Hof. Fritz’ Pferd war nicht mehr da. Natürlich. Sie hatte ihn so vor den Kopf gestoßen, das konnte er sich nicht gefallen lassen. Noch einmal traf sie der Schmerz über seinen Verlust mit voller Kraft. Es geschah ihr recht. Sie wollte ja nie wieder von einem Mann berührt werden. Trotzdem war sie enttäuscht. Es war so schön gewesen, seiner samtigen Stimme zu lauschen. Unwillkürlich ging ihr Blick hoch hinauf zu den Sternen. Sie funkelten und blitzten, als wäre nichts geschehen. Über dem Horizont erkannte sie das Kreuz des Südens. Mittlerweile fand sie dieses Himmelsbild viel schöner als den Großen Wagen und die anderen Sternbilder, die sie aus Berlin kannte. Hier in Afrika war der Himmel wie eine große Glaskugel, die einen Blick in die Weiten des Universums erlaubte. Das Firmament leuchtete aus Millionen von Lichtquellen und machte
die Welt so lebendig und klar. Immer noch quollen Tränen aus ihren Augen, aber mit der Zeit schwemmten sie den Schmerz mit sich fort und wurden klar und heilsam. Jella fühlte sich auf eine besondere Art getröstet, und dann vernahm sie aus der Weite der Nacht plötzlich eine Stimme, die ihr so vertraut vorkam, als würde sie jeden Tag mit ihr sprechen. Leise und melodiös erklang sie, umhüllte sie und spendete Trost:
     
    Husch - husch - Nakeshi - ist - bei - dir !!! - Husch
     
    Nakeshi? - Was mochte das bedeuten? Jella wusste es nicht.
    »Wer bist du?«, fragte sie in die sternenglitzernde Nacht hinein.
    Nakeshi! ,
    erklang es noch einmal. Verwirrt blickte Jella sich um. Niemand war in ihrer Nähe. Auf der Farm war alles ruhig und schien zu schlafen. Spielte die Einbildung ihr schon einen Streich? Sie wartete auf weitere Botschaften, doch die Nacht blieb still. Mit einem Mal fühlte Jella sich müde und erschlagen und beschloss, wieder zurück in ihr Bett zu gehen. Kaum hatte sie ihre Augen geschlossen, glitt sie auch schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Neue Perspektiven

    Als Jella am nächsten Morgen die Augen aufschlug, fühlte sie sich erstaunlich erfrischt. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft auf Owitambe hatte sie die Kraft, an ihre Zukunft zu denken. Außerdem hatte sie einen Entschluss gefasst. Es ärgerte sie ein wenig, dass sie dabei vom guten Willen Lucies abhängig sein würde, aber auf der anderen Seite konnte sie sich nicht vorstellen, dass die Witwe ihres Vaters ihr diesen letzten Wunsch abschlagen würde. Voller Ungeduld wartete sie in der Küche, bis Lucie endlich aufgestanden war und sich zu ihr bequemte. Morgens war sie meistens schlechter Laune, aber Jella hatte nicht die Absicht, heute darauf Rücksicht zu nehmen.
    »Guten Morgen, Lucie«, begrüßte sie ihre Stiefmutter munter. »Haben Sie gut geschlafen?« Lucie betrachtete Jella mit einem skeptischen Blick.
    »Nanu, heute schon so gut gelaunt?«
    Jella schenkte ihr ein aufgesetztes Lächeln, das Lucie schmeicheln sollte. Es war ihr eigentlich zuwider, aber sie hoffte dadurch ihr Ziel schneller zu erreichen.
    »Könnte ich heute noch einmal ein Pferd bekommen? Vielleicht ein etwas Muntereres als beim letzten Mal? Ich möchte gern ausreiten.«
    »Darf ich wissen, wohin Sie reiten möchten?« Lucie fragte eher gelangweilt als neugierig, während sie an ihrer Teetasse nippte. Es interessierte sie nicht besonders, was Jella auf Owitambe unternahm,
solange sie sich nur nicht in die Farmangelegenheiten einmischte.
    »Ich werde morgen die Farm verlassen«, kündigte Jella an. Lucie zog überrascht die Augenbrauen hoch.
    »Ach, wirklich?«, meinte sie mit unverhohlener Freude.
    Jella nickte. »Ja, es wird Zeit, dass ich mein Leben wieder selbst in die Hand nehme. Ich werde zurück nach

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