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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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von ihm magisch angezogen. Ihre Verlegenheit überspielend nahm sie auf der großen Wurzel der Schirmakazie Platz. Fritz setzte sich neben sie. Schweigend verfolgten sie den raschen afrikanischen Sonnenuntergang. Schon bald saßen sie in den dunkler werdenden Schatten, die der Waterberg auf sie warf, weil die Sonne hinter ihm untergegangen war. Einige kleinere Papageienvögel krächzten über ihnen im Gezweig der Bäume, doch mit
der einsetzenden Dunkelheit verstummten sie und zogen sich auf ihre Schlafplätze zurück.
    »Wenn wir jetzt noch einen kleinen Augenblick warten, dann erleben wir ein großes Wunder«, unterbrach Fritz schließlich das Schweigen. »Gleich macht es Klick - und dann steht der Sternenhimmel über uns, als hätte ihn jemand wie elektrisches Licht angeknipst.«
    Tatsächlich. Völlig unerwartet tauchten erst wenige, dann immer mehr Sterne am Himmel auf, und mit einem Mal war das Firmament erleuchtet und zeigte Abermillionen der fremden Himmelskörper. Jella war fasziniert, wie jedes Mal, wenn sie dieses Naturschauspiel betrachtete. Sie genoss den Anblick schweigend, während Fritz ihr Geschichten von den Sternen und ihren Beziehungen zu den Menschen erzählte.
    »Die Buschmänner glauben daran, dass zu jedem Stern ein bestimmter Mensch gehört, und wenn die Sterne einander nahe stehen, dann stehen auch die dazugehörigen Menschen einander sehr nahe. Man sagt, dass zwei Buschmänner, die Sternengeschwister sind, selbst über Hunderte von Meilen hinweg miteinander in Kontakt treten können. So ist es auch zu erklären, dass sich zwei Buschmannsippen an einem beliebigen Tag an einem bestimmten Ort verabreden können, ohne dass sie sich telegrafieren oder heliografieren könnten.«
    »Was für eine wunderschöne Vorstellung!«
    Jella dachte plötzlich an ihre seltsamen Visionen, die sie seit einiger Zeit immer wieder heimgesucht hatten. Fasziniert lauschte sie weiter seinen Geschichten. Fritz konnte wunderschön erzählen. Ihr gefiel die ruhige Art, wie er über die Natur und die Menschen sprach. Sie war voller Hochachtung und Bewunderung. Alle Zurückhaltung und Reserviertheit, die er während ihrer kurzen Reise an den Tag gelegt hatte, war wie weggeblasen. Vielleicht hatte sie sie sich auch nur eingebildet. Das matte Sternenlicht hob
sein Profil hervor, die lange, gerade Nase, das kräftige Kinn mit dem Grübchen und die hohe Stirn, die von einer hereinfallenden Locke unterbrochen wurde. Fritz merkte, dass sie ihn ansah, und wandte sich ihr zu.
    »Es ist sehr schön hier«, flüsterte er. Jella wandte sich schnell ab.
    »Es ist so schön hier, weil Sie hier sind«, fügte er noch hinzu. Verlegen spielte sie mit ihren Händen. Ein warmes Gefühl machte sich in ihr breit, das gleichzeitig kribbelte. Was war nur plötzlich los mit ihr?
    »Wir sollten langsam wieder zurückgehen«, meinte sie verwirrt. »Die anderen könnten sonst etwas denken.«
    »Welche anderen? Ich sehe niemanden, dem Sie Rechenschaft schuldig wären.« Fritz hob amüsiert eine Augenbraue. Das machte Jella noch ratloser.
    »Ach, Sie wissen ganz genau, was ich meine!«
    Sie sprang auf und wollte zurück zum Haus. Fritz hielt sie fest.
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    Wie warm und wohltuend seine Stimme war. Seine gesunde Hand hielt sie immer noch am Oberarm fest.
    »Ich weiß nur, dass ich jeden Augenblick mit dir genieße.«
    In seinen schwarzen Augen funkelte es, während er sie langsam an sich heranzog, um sie zu küssen. Jella erschrak fürchterlich. Das Funkeln seiner Augen erinnerte sie plötzlich an etwas ganz Schreckliches, was sie längst in ihrem Innersten verschlossen geglaubt hatte. Es lag Begierde darin, die sie zutiefst verunsicherte, ja abstieß. Sie musste an die drei Männer denken, die sie so grausam vergewaltigt hatten. Die Bilder überdeckten in dem Moment alles, was sie für Fritz empfinden mochte. Mit einer heftigen Bewegung stieß sie den erstaunten Mann zurück und wandte sich ab. Voller Panik und Scham rannte sie zurück zum Haus und schloss sich, ohne sich noch einmal umzuwenden, in ihrem Zimmer ein.

     
    Sie war so wütend auf sich. Immer machte sie alles falsch! Sie hatte Fritz ermutigt, sich ihr zu nähern. Nur ein Idiot wie sie konnte so naiv sein und ihn bitten, mit zu ihrem Lieblingsplatz zu kommen. Sie hatte ihn in eine Falle gelockt, die gar keine sein sollte. Jetzt hatte sie seine Zuneigung verspielt und würde ihn nie wiedersehen. Schluchzend weinte sie in ihr Kopfkissen. Die Vorstellung, Fritz

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