Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
fuhren und eine Brustwarze zusammendrückten, dämmerte ihr das wahre Ausmaß der Ungeheuerlichkeit. Ihr war, als hätte jemand einen Eimer eiskalten Wassers über sie ausgegossen. Im selben Augenblick schwappte eine Welle von Empörung und Ekel in ihr hoch.
»Sie widerlicher, geiler Fettkloß«, platzte es aus ihr heraus. Heftig klatschte sie auf die Pranke auf ihrer Brust. »Lassen Sie gefälligst sofort los!« Pischke ließ grinsend los. Ihre Beleidigungen prallten wirkungslos an ihm ab. Ihre Abwehr schien ihn im Grunde sogar mehr zu erregen, als abzuschrecken. Er wich keinen Schritt vor ihr zurück. Jella fühlte sich in die Enge getrieben. Die kleinen Schweinsaugen musterten sie voller triebhafter Lust. Ekelhaft! Rachel hatte sie immer wieder vor Pischke gewarnt. Er war ein primitiver Widerling, der sich auf Kosten von Schwächeren Vorteile
verschaffte. Aber es jetzt am eigenen Leib zu erfahren bedeutete für sie eindeutig eine neue Dimension. Sie hatte einfach nicht gelernt, damit umzugehen. Man hatte ihr beigebracht, dass ein Mädchen ihrer Herkunft und Bildung sich bei einem unverschämten Angebot zu schämen hatte. Es musste erröten, in Weinkrämpfe ausbrechen oder in Ohnmacht fallen. Allerdings schien Jella keine dieser Möglichkeiten im Moment wirklich sinnvoll. Ihr fehlte die Vulgarität der Mädchen vom Kiez, die sich mit Leichtigkeit und Witz aus solchen Situationen befreien konnten. So stand sie Pischke einfach nur gegenüber und blitzte ihn feindselig an. Das wiederum gab dem Hausmeister zunehmend das Gefühl, die Oberhand zu gewinnen, vor allem, als er feststellte, dass er und sie ganz allein in dem Hinterhof waren. Anzüglich strich er mit seiner Hand über die Hoden unter seinem Bauch.
»Na, was is?«, grinste er unverschämt. »Wollen wir nun in die Waschküche oder wollen wir gleich hier?«
Ihre Augen weiteten sich panisch, während es in ihrem Gehirn ratterte wie in einer Druckanstalt. Schreien hatte keinen Sinn. Sie überlegte sich, ihm tatsächlich das Geld aus ihrer Rocktasche zu geben. Doch damit würde er sich nicht zufriedengeben. Bei der nächsten Gelegenheit würde er ihr wieder auflauern. Vor allem jetzt, da er Blut geleckt hatte. Pischkes Bauch berührte bereits ihren Körper. Seine Finger umkrallten besitzergreifend ihren Oberarm. Der Geruch seines Körpers verursachte Jella Übelkeit, während sie seinen vor Erregung heißen Atem auf ihrem Hals spürte. Wenn ihr nicht gleich etwas Zündendes einfiel, würde sie der Kerl tatsächlich packen und in den Keller schleppen. Pischke war überall im Haus gefürchtet. Der Lüstling trieb es unter jedem Rock, den er heben konnte. Jella konnte sich nun plötzlich auch das seltsame Keuchen und Wimmern, dass sie hin und wieder in der Waschküche gehört hatte, erklären. Die Panik in ihr wuchs.
»Hast du schon mal?«, flüsterte ihr der Hausmeister mit geiler
Stimme ins Ohr. »Wenn du noch Jungfrau bist, kriegste noch’nen ganzen Monat mietfrei dazu - versprochen!«
Das Wort »Jungfrau« brachte Jella endgültig wieder zur Besinnung. Es war, als hätte jemand einen Lichtschalter angeknipst. Plötzlich fühlte sie sich wieder fähig, selbstständig zu denken und zu handeln. Hier ging es um ihre Ehre! Und die wollte sie sich ganz gewiss nicht von diesem Wüstling nehmen lassen.
»Lassen Sie mich sofort los!«, zischte sie ihn mit neu gewonnenem Selbstvertrauen an. Das irische Blut in ihr begann sich zu regen. Sie fühlte einen Zorn, der ihr ungeahnte Kräfte verlieh. Und mit einem Mal tauchte da auch blitzartig eine Idee auf, wie sie zumindest versuchen konnte, Pischke im Zaum zu halten. Es tat gut, wieder klar im Kopf zu sein. Sie nahm einen von Pischkes fetten Fingern an ihrem Arm und bog ihn rasch mit aller Gewalt nach hinten. Erst als sie einen hörbaren Knacks vernahm, stoppte sie.
»Spinnst du jetzt oder was?«, brüllte der Hausmeister laut auf. Er ließ sie auf der Stelle los und hielt sich seinen ausgerenkten Finger. Dabei schnaufte er wie ein Dampfross vor Empörung. Doch bevor er etwas sagen konnte, schnitt ihm Jella das Wort ab. »Sie werden mich und meine Mutter von nun an schön in Ruhe lassen«, blaffte sie ihn so kaltschnäuzig sie konnte an. »Ich hab Sie nämlich in der Hand!«
Pischke starrte sie mit offenem Mund an. Er brauchte eine Weile, bevor er die Lage neu einschätzen konnte. Gleichzeitig wurde er wütend.
»Hast du jetzt’ne Meise?« Sein Gesicht wurde noch roter, als es ohnehin schon war. »Was fällt dir
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