Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
ein! Dir werd ich zeigen, was Sache ist, du undankbares Gör! Ich hab dir’n großzügiges Angebot gemacht, und das ist nun der Dank? Gib mir das Geld oder schert euch zum Teufel! Ich bin hier der Chef! Zack, zack!«
Jella schnappte nach Luft. Sie durfte sich jetzt nur nicht einschüchtern lassen. Ihre Idee war ziemlich riskant, aber ihr blieb
im Moment gar keine andere Wahl, als alles auf eine Karte zu setzen.
»Wir werden überhaupt nirgendwo hingehen. Wir bleiben hier. Und die Miete bekommen Sie, wenn wir wieder zu Geld gekommen sind!«
Pischke starrte sie an, als wäre sie verrückt geworden.
»Und wieso sollte ick so großzügig sein?«, fragte er beinahe amüsiert.
»Weil ich sonst Dinge ausplaudern könnte, die die Herren Gendarmen ganz bestimmt interessieren werden!«
»Und was soll das sein?«
Pischke kniff misstrauisch seine Glupschaugen zusammen und musterte Jella. »Wenn das ein Bluff sein soll, dann ist das aber ein ganz jämmerlicher!«, behauptete er immerhin leicht verunsichert. Allein dass er auf ihre Worte eingegangen war, ließ Jella Hoffnung schöpfen. Sie spürte, dass sie auf dem richtigen Weg war.
»Ich habe Sie gesehen«, behauptete sie. »Ich habe gesehen, wie Sie mit Ihrem Zweitschlüssel in Mia Grosches Wohnung eingedrungen sind!«
»Das ist nicht wahr!«, empörte sich Pischke. Er wirkte plötzlich nervös. »Dafür hast du keine Beweise.«
Die hatte Jella tatsächlich nicht. Ihre sämtlichen Behauptungen beruhten eher auf reinen Vermutungen, die sie sich aus dem Tratsch im Haus zusammengereimt hatte. Letzte Woche hatte es in der Wohnung von Mia Grosche einen Einbruch gegeben. Nicht, dass das im Kiez etwas Besonderes gewesen wäre. Seltsam war nur, dass der Dieb ganz genau gewusst haben musste, dass ausgerechnet die Grosche über ein kleines Vermögen verfügte. Nur ein paar Leute vom dritten Hinterhaus hatten gewusst, dass Mia jeden Groschen, den sie von ihrer Rente übrig behielt, in ihre Suppenschüssel gelegt und gespart hatte. Erst kürzlich hatte Mia, gutgläubig wie sie war, im Treppenhaus verkündet, dass sie nun genügend
Geld beisammen hatte, um eine Fahrkarte nach Südamerika zu ihrem Sohn zu kaufen. Pischke hatte ganz in der Nähe gestanden und alles mitbekommen. Für Jella lag es auf der Hand, dass er der Einbrecher war. Niemand anderer kam in Frage. Er hatte nämlich nicht nur von Mias Geld gewusst, sondern war zudem auch noch auf dem Laufenden darüber, wann sie das Haus verließ. Für ihn war der Diebstahl ganz einfach gewesen. Er hatte nur warten müssen, bis Mia weg war, und war dann in die Wohnung eingebrochen. Das erklärte auch, dass er nichts anderes hatte mitgehen lassen als ausgerechnet das gut versteckte Geld in der Suppenschüssel. Und was noch kurioser war: Die Wohnungstür war nicht aufgebrochen worden! Der Einbrecher musste über einen Generalschlüssel verfügt haben! Nicht nur Jella hatte sofort Pischke in Verdacht gehabt. War er nicht auch am nächsten Tag mit einer sündhaft teuren Zigarre gesehen worden? Natürlich hatte Jella Mia Grosche von ihrem Verdacht erzählt und hatte ihr sogar angeboten, mit ihr zur Polizei zu gehen. Aber davon wollte die arme Frau nichts wissen. Lieber ertrug sie ihren Verlust und fing wieder von Neuem an zu sparen, als dass sie sich mit der Obrigkeit oder mit dem Pischke anlegte. Jella hatte genügend eigene Sorgen, also hatte sie sich damit abgefunden, dass der Diebstahl nie aufgeklärt werden würde. Doch jetzt konnte ihr Verdacht, falls er sich bestätigte, ihr und ihrer Mutter den Hals retten.
»Ich habe gesehen, was ich gesehen habe«, meinte Jella zweideutig.
»Du lügst, du kleine Schlampe!« Pischke wurde zunehmend unruhiger, obwohl er versuchte, gelassen zu bleiben. Jella stellte ihre Falle auf.
»Leider haben Sie vergessen, die Wohnungstür hinter sich zu schließen. So konnte ich vom Flur aus sehen, wie Sie das Geld aus der Suppenschüssel vom Büfett genommen haben!«, behauptete sie dreist.
»Das... das ist nicht wahr!«, empörte sich Pischke. »Ich hab die Tür verschlossen. Ich bin doch nicht blöd!« Die Worte waren schon über seine Lippen gekommen, als er erst bemerkte, dass er sich damit selbst verraten hatte. Sein Gesicht nahm nun eine puterrote Farbe an. »Das heißt ja noch gar nischt!«, stotterte er. »Ick weiß ja nich mal, wovon du redest!« Nun hatte er doch die Fassung verloren. Seine Augen wanderten unstet über den Hof. Als er niemanden entdeckte, trat er in seiner Not rasch einen
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