Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
gedankenverloren irgendwelchen Fantastereien nachgehangen. Jetzt saß sie in der Falle! Sie tat so, als hätte sie ihn nicht gehört, und versuchte schnell durch die Tür ins Haus zu gelangen. Doch Pischke musste ihre Absicht erraten haben, denn bevor sie sie in die Tat umsetzen konnte, hatte er sich auch schon an ihr vorbeigeschoben und ihr den Weg verstellt. Dort stand er nun. Feist, in seiner fettigen Stoffhose mit herabhängenden Hosenträgern. Er trug nur ein dreckiges Unterhemd, aus dem ein wabbeliger, nackter Schmerbauch hervorquoll.
»Und? Wat is nu?«, fragte er.
»Wie, was ist?« Jella stellte sich dumm.
»Tu nicht so!«, polterte Pischke. »Du weißt ganz jenau, wovon ich spreche.«
»Weiß ich nicht! Aber ich hab jetzt auch gar keine Zeit. Meine Mutter ist krank.«
»Das Geld!«, sagte er nachdrücklich. Sein Blick wanderte zu ihrer Einkaufstüte. »Offensichtlich seid ihr ja wieder bei Kasse!« Er hielt seine rechte Hand auf, an der die zwei mittleren Finger fehlten. Pischke war früher Vorarbeiter in den Stahlwerken gewesen und hatte sie bei einem Unfall durch eine Presse eingebüßt. Seither war er arbeitsuntauglich. Weil es ein Arbeitsunfall gewesen war, musste die Firma für ihn aufkommen und hatte ihm deswegen die Stelle als Hausmeister in dem Mietshaus vermittelt. Das war ein einträgliches Geschäft, denn er musste auch dafür sorgen, dass die Mieten pünktlich bezahlt wurden. Pischke genoss es, »seine« Mieter, wie er sie nannte, zu terrorisieren. Kurz: Er war korrupt, schmierig und brutal. Doch deshalb brauchte sich Jella noch lange nichts von ihm gefallen zu lassen!
»Ich habe kein Geld bei mir!«, behauptete sie dreist und sah Pischke dabei fest in die Augen. Gleichzeitig tastete sie mit ihrer linken Hand in der Rocktasche nach dem wenigen Geld, das noch übrig war.
»Das kannst du dem Gesangverein erzählen, aber nicht mir!«, schnaubte er und wies mit dem Kopf in Richtung ihres Einkaufs. »Die Grambor schreibt nischt an. Also haste auch Jeld gehabt, um das Zeugs da zu kaufen!«
Pischke beugte sich zu Jella vor, bis sie seinen übel riechenden Atem in die Nase bekam. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. Er zeigte auf die Tüte, in der ihre Einkäufe steckten. »Gib mir das da als Anzahlung!«, forderte er.
Jella wich zurück.
»Hände weg«, empörte sie sich. »Das hat nichts mit der Miete zu tun!« Pischke rückte nach, bis er wieder direkt vor ihr stand. Sein fetter Bauch blieb als einzige Barriere zwischen ihnen. Jella fand, dass der Hausmeister mehr Ähnlichkeit mit einem Schwein als mit einem Menschen hatte. Nur dass Schweine wahrscheinlich mehr Charakter besaßen. Auf seinem birnenförmigen Körper steckte ein fetter, roter Hals, der nahtlos in seinen Kopf überging. Das schüttere, aschblonde Haar klebte mit Pomade geglättet auf seinem Schädel. Wegen der Hitze strömten feine Rinnsale aus Schweiß seine Wangen herab. Dazu kam ein widerlich säuerlicher Körpergeruch.
»Ich will mein Geld heute noch. Ist das klar? Andernfalls sitzen du und deine Frau Mama am Monatsende auf der Straße.«
Pischke genoss seine Überlegenheit.
»Bitte«, Jella zwang sich zu einem Lächeln, »geben Sie uns noch bis Ende der Woche Aufschub!« Jeder Tag bedeutete eine kleinere, weitere Verschnaufpause.
»Meine Geduld ist am Ende.«
»Aber wir brauchen die Zeit!«
»Das ist nicht mein Pech, Fräulein. Wenn ihr kein Geld habt, um zu bezahlen, dann müsst ihr eben auf der Straße wohnen. Ich bin hier nicht die Wohlfahrt! Es sei denen...«
Er machte eine Pause und betrachtete Jella von oben bis unten, so als mustere er auf dem Viehmarkt eine Kuh. Plötzlich breitete sich ein lüsternes Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Es sei denn...« Sein glupschäugiger Blick wanderte von ihrem Gesicht über den Hals bis zu den Brüsten, wo er unanständig lange hängen blieb. »... Es sei denn, du bist mir gefällig!« Seine Zunge fuhr dabei genüsslich über seine fleischigen Lippen. Jella erstarrte. Einen Augenblick lang war sie unfähig, sich zu bewegen. Nur langsam sickerte die Bedeutung des Angebots in ihr Bewusstsein. Der Hausmeister nahm ihr Schweigen als erstes Einverständnis und rückte noch ein Stückchen näher an sie heran.
»Du zahlst mir in Naturalien, und ich vergess die Miete für diesen Monat«, grunzte er zufrieden. »Ick kenne da eine nette kleine Ecke unten im Keller.« Jella stand immer noch wie gelähmt da. Erst als Pischkes kurze Stummelfinger über ihre Brüste
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