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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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Hintergedanken!«
    »Habe ich nicht!«, verteidigte er sich. »Es ist meine Pflicht, dir zu helfen.«
    »Ich entbinde dich von ihr«, entgegnete Jella trotzig. Sie glaubte nicht an den plötzlichen Sinneswandel. »Meine Freiheit ist mir wichtiger. Ich komme in meinem neuen Leben sehr gut zurecht.«
    »Ja, indem du in zwielichtigen Kneipen anderen Leuten gefällig bist«, brauste der Baron auf. »Dass du dich nicht schämst, als Baronesse solche Aufgaben zu übernehmen.«

    »Es hat noch keinem Menschen geschadet, zu arbeiten. Wenigstens weiß ich am Abend, dass ich mir mein Geld ehrlich verdient habe.«
    »Willst du damit andeuten, ich arbeite nicht?«
    »Denk doch, was du willst.« Jella war plötzlich müde. Sie wollte nicht mit ihrem Großvater streiten. Sie wollte nur noch ihre Ruhe. Auch der Baron schien sich zu besinnen. Er setzte seinen Zwicker wieder auf die Nase und sah seine Enkeltochter ratlos an. Offensichtlich suchte er nach Worten, die seine streitbare Enkelin nicht auf die Palme brachten.
    »Lass es uns einfach noch einmal versuchen.«
    Jella wandte sich wortlos ab und strebte in Richtung Ausgang. Der Baron folgte ihr.
    »Ich werde keinen Druck mehr auf dich ausüben«, drang er in sie. Das Polternde in seiner Stimme war nun fast vollständig verschwunden. »Ich bitte dich sogar um Verzeihung.« Jella wusste, dass die Worte ihn einige Überwindung gekostet haben mussten. Trotzdem ging sie ungerührt weiter.
    »Wenn du willst, erlaube ich dir sogar, das Lehrerinnenseminar zu besuchen und danach zu arbeiten. Auch wenn es unter deinem Stand ist. Und mit dem Heiraten kannst du dir auch Zeit lassen.«
    Jella blieb abrupt stehen und blitzte den alten Herrn mit ihren limonengrünen Augen giftig an.
    »Siehst du, es ist genau wie immer«, platzte es aus ihr heraus. »Du sagst, du übst keinen Druck aus, aber in Wirklichkeit steckt bei jedem deiner Worte ein Zwang dahinter. Du hast überhaupt nicht verstanden, um was es mir in meinem Leben geht.«
    »Ich will doch nur das Beste für dich!«
    »Du willst das Beste für dich und deinen Ruf!«, konterte Jella zornig. »Und jetzt lass mich in Ruhe!«
    »Wenn du nicht freiwillig mit mir kommst, kann ich dich zwingen«,
drohte der Großvater. Seine Geduld schien langsam zu Ende zu gehen.
    Jella lachte grimmig auf.
    »Versuch es«, zischte sie aufgebracht. »Von mir aus kannst du gleich die Gendarmen rufen und mich in Handschellen zurück in deine Villa bringen lassen. Aber eines verspreche ich dir: Ich werde die erstbeste Gelegenheit nutzen, um zu entkommen. Du musst mich schon in ein Verlies sperren, um das zu verhindern!«
    »Ich verbitte mir diese Impertinenz! Du bist mein Mündel und wirst gefälligst tun, um was ich dich bitte. Bisher hatte deine Mutter das Sagen, aber jetzt werde ich dich auf den richtigen Weg weisen. Du wirst sehen, es ist das Beste für dich!« Baron von Sonthofens Miene zeigte, dass er keinerlei Widerrede mehr duldete. Er war felsenfest von seiner Meinung überzeugt. Diese Arroganz, gepaart mit einer unglaublichen Ignoranz, ließ das Fass für Jella überlaufen. Die Gefühle in ihr wurden übermächtig. Sie merkte, wie sie ihre Fassung verlor. »Was bist du nur für ein armseliger, alter Mann!«, quoll es aus ihr heraus. »Du glaubst, dass alle Menschen nach deiner Pfeife tanzen müssen, nur weil du das Familienoberhaupt der von Sonthofens bist. Aber den Menschen in deiner Nähe gefällt das nicht. Sie gehorchen dir nur, weil sie Angst vor dir haben und von dir abhängig sind. Ich bin es nicht mehr, und mein Vater hat sich offensichtlich auch von deiner Tyrannei befreit. Lieber gehe ich bis ans Ende der Welt, als dass ich noch einen Tag unter deiner Fuchtel stehe!«
    Bevor der Baron sie aufhalten konnte, rannte Jella davon.

Die Erzählerin

    »Die Sonne ist ein Mann und heißt ›gam‹, der Jäger. Der Mond ist eine Frau und heißt ›nauga‹, die Herumlaufende. Hört nun ihre Geschichte...« Nakeshi machte eine lange Pause. Sie genoss die Spannung in den Gesichtern der Herumsitzenden. Als erfahrene Geschichtenerzählerin wusste sie genau, wie sie ihre Zuhörer auf die Folter spannen konnte. Alt und Jung hatten sich heute zum »gna she«, zum großen Feiertag der Joansi, versammelt. Den ganzen Tag über war gesungen, getanzt und gegessen worden, was die Tage vorher gejagt, gesammelt und zubereitet worden war. Es war der einzige Tag im Jahr, an dem alle Joansi im Lager blieben und faulenzten. Niemand suchte Feldkost und keiner ging auf die

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