Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
großzügige Gage!«
Damit ließ er sie allein hinter dem Paravent zurück. Jella nahm das Kleidungsstück und hielt es prüfend hoch. Es war ein langes Kleid aus hauchdünner Seide, leicht durchscheinend, doch von wundervoller Qualität. Der Stoff schmiegte sich weich an die Haut. Außerdem war das Chiton bodenlang und bedeckte in ausreichendem Maße Brust und Dekolleté. Zögernd begann sie sich zu entkleiden. Immer wieder sagte sie sich, dass es keinen Grund gab, misstrauisch zu sein. Die Herren hatten sich bisher äußerst korrekt verhalten - und wenn es ihr unangenehm wurde, stand es ihr jederzeit frei zu gehen. Die Männer tuschelten unterdessen
an ihren Staffeleien über eine Zeitschrift, die sie durchblätterten. Offensichtlich amüsierten sie sich prächtig, denn sie hörte immer wieder lautes Gelächter. Dazu kam das Klirren von Gläsern, nachdem sie sich wiederholt mit Trinksprüchen zugetoastet hatten.
Das Kleid der Europa passte ihr wie angegossen. Es umspielte in weichen Formen ihren schlanken, hochgewachsenen Körper. Der warme Beigeton unterstrich ihren elfenbeinfarbenen Teint und ihr kupferrotes Haar. Um die Hüfte wurde das Chiton mit einer Art Kordel gebunden. Den Lorbeerzweig, den sie auf der Anrichte neben dem Ankleidespiegel gefunden hatte, steckte sie sich seitlich ins Haar.
Befangen trat Jella aus dem Schutz des Paravents und schielte in Richtung der Staffeleien. Bei ihrem Anblick verstummten die Herren. Der Hagere und der Untersetzte warfen sich vielsagende Blicke zu, während der Blassblonde sie eingehend mit seinem Monokel begutachtete. Jella kam sich vor wie eine Kuh, die auf dem Jahrmarkt versteigert werden sollte, war aber entschlossen, die Sache hier tapfer zu Ende zu bringen. Sie straffte ihren Körper und ging festen Schrittes auf das Podium zu, wo sie dachte, nun gemalt zu werden.
»Aber nicht doch, meine Liebe«, hielt sie der Hagere auf. Er schenkte etwas Wein in einen Kristallkelch, reichte ihn Jella und toastete ihr zu. Zögernd nahm sie ihn entgegen und trank dieses Mal einen großen Schluck. Der ungewohnte Alkohol stieg ihr sofort zu Kopf, wärmte aber auch gleichzeitig wohlig ihren Magen. Sie spürte, wie sie etwas lockerer und unbefangener wurde. Sie musste sich keine Vorwürfe machen. Das hier war ein Handel zwischen Ehrenmännern und ihr. Warum sollte sie nicht ein wenig Spaß haben? Sie trank noch einen Schluck. Der Untersetzte lachte. »Nur zu, meine Schöne! Entspannen Sie sich erst mal«, schmeichelte er. Wie beiläufig legte er seine Hand auf ihren nackten Arm und streichelte darüber.
»Der Chiton fällt viel zu lang«, meckerte der Blassblonde blasiert. Er war als Einziger sitzen geblieben. Mit einer nachlässig arroganten Bewegung deutete er auf Jellas bodenlanges Gewand. »Es gehört gerafft, bis es nur noch knielang ist. Stülpen Sie es wie einen zweiten Rock über die Kordel«, forderte er sie auf. Jellas Augen blitzten kurz empört auf, aber dann besann sie sich und zupfte etwas von dem feinen Stoff über die Kordel, dass es wie ein Bausch oder zweiter Überrock hinabfiel. Dabei wurden ihre wohlgeformten Beine sichtbar.
»Lassen Sie uns endlich anfangen«, forderte sie.
»Nun trinken Sie doch erst noch ein Gläschen«, drängte der Hagere. »Wir haben doch Zeit.«
»Mir wäre es lieber, wenn wir gleich anfangen könnten!«
»Wolfram, zeig ihr doch schon mal das Geld, dann drängelt sie nicht mehr so sehr!«, schlug der Untersetzte vor. Seine Hand lag immer noch auf Jellas Arm und fuhr nun anzüglich in Richtung Jellas Brust.
»Nehmen Sie Ihre Finger von mir!« Peinlich berührt zog sich Jella einen Schritt zurück. Hier wurden Grenzen überschritten, was sie nicht akzeptierte. Hatte sie etwa doch einen Fehler gemacht?
»Wenn Sie mich nicht malen wollen, dann kann ich ja wieder gehen!«, meinte sie angriffslustig.
»Wer redet denn hier von malen?«, fragte der Blassblonde mit Namen Wolfram amüsiert. Er wedelte mit einem Bündel Geldscheine und blätterte sie genüsslich auf das kleine, intarsienverzierte Tischchen vor sich. »Wir wollen Sie fotografieren und uns dabei amüsieren. Nun stellen Sie sich mal nicht so an. Mädchen wie du sollten froh sein, wenn sie so eine Chance geboten bekommen.« Unvermittelt war er von der distanzierten auf die vertraute Anrede gewechselt.
»Mädchen wie ich müssen für unser Geld hart arbeiten und
bekommen es nicht vererbt wie Sie!«, fauchte Jella. »Malen Sie mich, oder fotografieren Sie mich meinetwegen, aber
Weitere Kostenlose Bücher