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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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eines. Auf Messingschildern daneben standen die Namen der Wohnungsinhaber. Jella drückte den Klingelknopf neben dem Namen »Maurice Duvalier, Maître D’Art, Paris«. Im Atelier dieses Künstlers pflegte sich einmal monatlich die Künstlervereinigung »Wohllust« zu einem künstlerischen Abend zu versammeln. Die Herren Künstler hatten Jella erzählt, dass sie dazu regelmäßig Modelle einluden, um an ihnen verschiedene Studien zu betreiben. Mit Spannung wartete Jella darauf, dass sich die schwere, verzierte Eingangstür öffnete. Zu ihrer Überraschung öffnete ihr ein wahrer Hüne von Mann - offensichtlich ein Bediensteter - die Tür. Er war in einen bodenlangen, braun-beige gestreiften Kaftan gehüllt und trug auf dem Kopf einen roten türkischen Fez mit einer langen, schwarzen Troddel. Ein mächtiger, schwarzer Schnurrbart und der olivbraune Teint ließen Jella auf einen Muselmanen tippen.
    »Madame werden erwartet«, sagte er mit unbewegter Miene und wies Jella an, hereinzukommen. Das war die letzte Gelegenheit zur Umkehr. Jella kaute unentschlossen auf ihrer Unterlippe, aber dann siegte doch die Neugier. Schweigend folgte sie dem Riesen, der sie über eine ausladende Treppe, die in der Mitte mit einem roten Läufer überzogen war, in die Beletage führte. Durch eine zweiflügelige, weit offen stehende Tür wurde sie
in einen riesigen Salon geführt, der früher einmal für große Bälle genutzt worden war. Von der Decke hingen schwere Kristalllüster, die jedoch in dem Moment verlöschten, als Jella den Saal betrat. Gleichzeitig schloss der Hüne die zweiflügelige Tür. Anstelle des grellen Lichtes der Deckenbeleuchtung kamen jetzt die Kerzen nachempfundenen Wandbeleuchtungen zur Geltung. Sie tauchten die gemusterten Stofftapeten an den Wänden in ein wärmeres, aber für Jella auch unklares Licht. Ausladende Polster und Kissen, zwischen denen hier und da Wasserpfeifen standen, verliehen dem Raum etwas Orientalisch-Fremdländisches. In der Mitte des Raums stand eine Art Podium, um das herum sich verschiedene Staffeleien, aber auch kleine Tischchen mit Kristallkaraffen und Gläser mit rubinrotem Rotwein befanden. Die großen Fenster waren mit schweren Samtvorhängen verhangen. Die drei Künstler waren gerade dabei, ihre grauen Überzieher und Fräcke gegen bequemere, bodenlange Morgenmäntel zu tauschen. Jella war die Atmosphäre in dem Atelier nicht ganz geheuer. Ihr Instinkt riet ihr zum Rückzug. In diesem Moment kam der Hagere mit zwei Gläsern Rotwein auf sie zu.
    »Herzlich willkommen«, begrüßte er sie mit einem jovialen Lächeln. »Fühlen Sie sich wie zu Hause.« Er breitete einladend seine Arme aus und reichte ihr das Glas. Jella nahm es zögernd. Schon jetzt kam ihr alles eine Spur zu intim vor.
    »Lassen Sie uns auf den bevorstehenden Abend anstoßen«, lud sie der Hagere ein. Er toastete Jella zu und trank sein Glas in einem Zug aus. Jella nippte nur an ihrem.
    »Warum denn so verlegen, junges Fräulein?«, meinte der Hagere und schob sie ein wenig nach vorn. »Den meisten Modellen ergeht es am Anfang so wie Ihnen. Wenn Sie sich erst einmal eingewöhnt haben, werden Sie sich schon wohler fühlen!«
    Jella dachte an das leicht verdiente Geld und ließ sich beruhigen. Der Hagere führte sie zu den anderen zwei Künstlern, die bereits
an den Tischchen neben ihren Staffeleien Platz genommen hatten. Man begrüßte sie höflich. Die Leinwände waren unter weißen Tüchern noch verborgen. Jella wunderte sich, dass keinerlei Farben auf den Beistelltischchen zu sehen waren. Bevor sie danach fragen konnte, stand der Blassblonde auf und führte sie am Arm hinter einen kunstvoll bemalten, japanischen Paravent.
    »Hier finden Sie unser Repertoire an Kostümen«, sagte er mit einem angedeuteten Lächeln. »Ich bin sicher, dass wir das Richtige für Sie ausgesucht haben.« Er deutete auf einen Stuhl, über den ein einzelnes dünnes Kleidungsstück aus hellbeiger Seide gelegt war. Jella sah sich suchend um.
    »Und wo ist der Rest?«, fragte sie verunsichert.
    »Welcher Rest?« Der Blassblonde zog mit gespieltem Erstaunen eine Augenbraue hoch.
    »Dieser Fetzen ist doch nicht viel mehr als... als... ein Unterhemd.«
    »Europa war eine wunderschöne Frau wie Sie«, schmeichelte er. »Sie stammte aus dem antiken Griechenland. Dort trug man Chiton und Clamys und keine einengenden Fischbeinkorsetts und Tournüren wie heutzutage. Es wird Ihnen passen. Keine Sorge!«
    »Aber...«
    »Kein aber! Denken Sie an Ihre

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