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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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quälten sie die Schmerzen ihres geschundenen Körpers, ihre Lippen waren rau und aufgesprungen, ihre Rippen schmerzten bei jeder kleinen Bewegung, und die Verletzungen zwischen ihren Beinen brannten wie Feuer. Sie suchte Heil in dem wohltuenden Dämmerschlaf, der sie lindernd von ihrem Leid ablenkte.

    Das Klopfen hörte nicht auf.
    »Jella! Mach auf!«
    Heinrich Zilles polternde Stimme gab nicht nach. Warum ließ er sie nicht in Ruhe! Was wollte der Maler von ihr? Ihr etwa Vorwürfe machen und Sie an ihre Pflichten in der Destille erinnern?
    »Lassen Sie mich in Ruhe!«, rief sie mit krächzender Stimme. »Ich arbeite nicht mehr für Gustav.«
    »Nun mach doch mal auf!«, drängte Zille. Seine Stimme klang besorgt und keineswegs ärgerlich. Jella zog das Kopfkissen über ihren Kopf.
    »Mensch, Kindchen! Es gibt nichts, über das wir nicht reden könnten.«
    »Ich will nicht reden«, schrie Jella verzweifelt. »Gehen Sie!«
    »Nicht, bevor du mir für einen kurzen Augenblick in die Augen geschaut hast.«
    Zille ließ ihr keine Ruhe. Erst als er schließlich drohte, die Tür einzutreten, quälte sich Jella notgedrungen aus ihrem Bett. Sie hatte Mühe, auf die Beine zu kommen. Der Maler wollte sie sehen. Nun gut. Das konnte er haben. Hauptsache, danach würde er endlich verschwinden.
     
    Bei ihrem Anblick packte Zille das blanke Entsetzen.
    »Um Himmels willen«, rief er erschrocken. »Welcher Unhold hat dich denn so zugerichtet?«
    Jella schwieg. Ihr Äußeres sprach Bände. Dunkle Ringe hatten sich um ihre zugeschwollenen Augen gegraben und bildeten einen erschreckenden Kontrast zu ihrem bleichen, eingefallenen Gesicht. Die Lippen waren aufgeplatzt und verschorft, und ihre Haare standen wie ein wirrer Haarkranz um ihren Kopf. In ihrem einfachen, weißen Leinennachthemd sah sie aus, als wäre sie soeben von den Toten auferstanden. Sie öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen, aber statt Worten bekam der Maler nur ein unverständliches Brabbeln
zu hören, bevor sie ihm ohnmächtig entgegenfiel. Er konnte sie gerade noch rechtzeitig auffangen und die hochgewachsene Frau zu ihrem Bett ziehen. Dort legte er sie vorsichtig ab. So wie er es bei seinen eigenen Kindern immer getan hatte, wenn er sie zu Bett gebracht hatte. Sorgfältig strich er die Bettdecke über ihr glatt und sah sich nach einem Tuch und etwas Wasser um, um ihr die Stirn zu benetzen. Jella war immer noch ohne Besinnung. Ihre Augäpfel flatterten unter den geschlossenen Lidern. Zille konnte die Anspannung darunter erkennen. Die junge Frau musste etwas Schreckliches erlebt haben, das ihre Seele aufs Entsetzlichste beschädigt hatte. Diese verdammten Kerle. Es gehörte nicht viel dazu, sich auszumalen, was geschehen war. Zille wusste, dass es in der besseren Gesellschaft bestimmte Kreise gab, die sich den ausschweifenden Vergnügungen eines Herrenabends hingaben. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden Prostituierte und Strichjungen engagiert, mit denen man sich dann ungezügelt vergnügte. Oft wurden die Abende unter ein bestimmtes Thema oder Motto gestellt. Man gab vor, fotografieren oder Modelle zeichnen zu wollen, doch in Wirklichkeit ging es nur darum, der in der Gesellschaft herrschenden Moral ein Schnippchen zu schlagen. Zille selbst mied diese Abende, verurteilte die Ausschweifungen allerdings nicht, solange alle Beteiligten das taten, was ihnen gefiel. Aber dass sich diese feinen Herren jetzt an einem unschuldigen Mädchen vergriffen hatten, war eindeutig eine Sache für die Gendarmen. Zille musste plötzlich an seine eigene Tochter Margarete denken, die in einem ähnlichen Alter wie Jella war.
    »Verdammtes Pack!« Er schlug mit der Faust auf die Kommode. Die Sache würde noch ein Nachspiel haben. Dafür würde er schon sorgen. Jellas Augen öffneten sich und flackerten unstet umher wie die eines gehetzten Tieres. Ängstlich sah sie sich um. Ihre Hände verkrallten sich am oberen Rand der Zudecke. Zille stand hilflos daneben. Tränen traten in seine Augen. Am liebsten
hätte er das Mädchen in den Arm genommen und festgehalten. Aber er scheute sich davor, sie zu berühren. Nicht, weil es unschicklich gewesen wäre, sondern weil er spürte, dass die junge Frau vielleicht nie wieder die Berührungen eines Mannes würde ertragen können.
     
    Er beschloss, sie mit sich nach Hause zu nehmen. Jella schwieg zu seinem Vorschlag, ließ jedoch alles willenlos mit sich geschehen. Als Zille ihr aus dem Bett half und ihr bedeutete, sich anzuziehen, gehorchte

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