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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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gelegenen Walvisbay einen geschützten Hafen, aber den hatten einige Jahre zuvor die Engländer unter ihr Protektorat gestellt. Zum Löschen ihrer Fracht mussten die deutschen Schiffe einige hundert Meter vor der Küste vor Anker gehen. Es gab zwar eine gewaltige Mole, die einige Jahre zuvor ins Meer hinein gebaut worden war, doch die war mittlerweile kaum noch zu gebrauchen. Nur in den ersten Monaten nach ihrer Fertigstellung war es möglich gewesen, von der Mole aus die einlaufenden Schiffe zu entladen. Mächtige Dampfkräne hatten dafür gesorgt, dass die Lasten schnell aus den Schiffsbäuchen geladen werden konnten. Doch schon bald hatte sich herausgestellt, dass die Sandbewegungen während der Tide die Mole rasch versanden ließen. Jede Flut häufte neuen Sand auf, sodass bei Niedrigwasser eine Löschung der Ladung wegen zu geringer Wassertiefe bald unmöglich war. Von Monat zu Monat verringerte sich der Zeitraum, in dem die Mole genutzt werden konnte. In diesen Tagen war nur bei Hochwasser noch ein ungefährdetes Ankern an dem Landungssteg möglich. Schon aus diesem Grund blieben die Kru-Boys unentbehrlich. Zeit war Geld. Damit die Ladung möglichst schnell und unabhängig von den Gezeiten gelöscht werden konnte, brauchte man ihre Hilfe. Sobald die Schiffe vor Anker
gegangen waren, stiegen die Kru-Boys in flache, langgezogene Landungsboote um und setzten sich an die Ruder. Mit unglaublicher Geschicklichkeit hielten sie ihre Boote in der kabbeligen See längsseits des Schiffes und warteten darauf, dass die Ladung in Körben zu ihnen herabgelassen wurde. Dann ruderte die Mannschaft los und bugsierte in halsbrecherischen Fahrten die flachen Boote durch die gefährliche Brandung an Land. Wenn mehrere Schiffe vor Svakopmund vor Anker lagen, dann wimmelte die See von schwarz bemannten Landungsbooten, die haarscharf aneinander vorbei ihre Ladungen an Land transportierten. Es war unvermeidlich, dass auch die Passagiere auf diese Weise an Land gebracht werden mussten.
    Kurz nach Sonnenuntergang ließ der Kapitän der Hans Woermann die Anker setzen. Jella stand mit Lisbeth draußen an Deck und starrte in die schwarze Nacht.
    »Sieh nur«, rief Lisbeth begeistert und deutete auf ein beeindruckendes Sternbild, das sich quer über den klaren Nachthimmel zog. »Das ist das Kreuz des Südens. Ist es nicht wundervoll? Den Großen und den Kleinen Wagen wirst du hier auf der Südhalbkugel vergeblich suchen.«
    Jella starrte in den Himmel und versuchte das Sternbild auszumachen, das Lisbeth ihr zeigen wollte. Doch die Sterne leuchteten so hell und in so großer Zahl, dass es ihr auf Anhieb nicht gelang, das Kreuz des Südens auszumachen. Fasziniert genoss sie das helle nächtliche Leuchten.
     
    Am nächsten Morgen konnte sie es kaum erwarten, an Deck zu gehen, um einen ersten Blick auf ihre neue Heimat zu werfen. Lange vor Sonnenaufgang stand sie an der Reling. Dichter grauer Nebel umgab sie. Irgendwo in der grauen Suppe schrien Seemöwen. Außerdem war es empfindlich kalt. Schaudernd hüllte sie sich in ihre warme Wollstola. Der Nebel vor der afrikanischen
Küste war so voller Feuchtigkeit, dass Jellas Haut bald mit feinen Wassertröpfchen überzogen war. Ihre kupferroten Haare begannen sich widerspenstig zu kräuseln.
    »Das also soll Afrika sein?«, entfuhr es ihr enttäuscht, weil sie nahezu nichts von ihrer neuen Heimat erkennen konnte. Sie hatte es laut vor sich hin gesagt.
    »Svakopmund wird Sie auf den ersten Blick eher an einen norddeutschen Kurort erinnern als an eine exotische Stadt.«
    Jella drehte sich überrascht um. Sie hatte sich allein gewähnt. Fritz van Houten war unbemerkt zu ihr getreten. Sie fühlte sich ertappt. Die letzten beiden Tage war sie ihm absichtlich aus dem Weg gegangen. Der hochgewachsene Mann mit seinem intensiven Blick aus dunklen Kohleaugen verwirrte sie.
    »Was Sie nicht sagen!«, entgegnete sie etwas hilflos. Van Houten lächelte, bevor er fortfuhr.
    »Dieser Nebel ist für Svakop ganz typisch. Aber keine Angst, in wenigen Stunden wird er sich gelichtet haben, und dann werden Sie eine ungehinderte Sicht auf Ihr neues Zuhause haben.«
    Van Houten lüpfte seinen breitkrempigen Strohhut und nickte ihr freundlich zu.
    »Ich wünsche Ihnen ein erfreuliches Wiedersehen mit Ihrem Vater.«
    Damit verschwand er im dichten Nebel.
     
    Zwischen neun und zehn Uhr lichtete sich der Nebel tatsächlich. Erst riss die Sonne ein kleines Loch in den trostlosen Himmel, das sich dann rasch vergrößerte und

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