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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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großzügig. Verblüfft starrte sie auf den Becher Wasser. Der Händler zuckte nur mit den Schultern. »Mehr Waschwasser ist leider nicht drin. In Okahandja bekommen Sie dann wieder mehr.«
    Jella musste lachen. Sie fand die Vorstellung, sich mit so wenig Wasser begnügen zu müssen, schon fast amüsant. Doch bereits am nächsten Tag änderte sie ihre Meinung, als sie feststellen musste, dass Schweiß und Staub allmählich überhandnahmen und als säuerliche Duftwolke durch ihre Gruppe zog. Besonders der kräftige Marktler stank zum Erbarmen. Manchmal marschierte Jella freiwillig neben dem Wagen her, nur um den Ausdünstungen ihres Mitreisenden wenigstens zeitweise aus dem Weg gehen zu können. Am vierten Tag erreichten sie Okahandja, wo sie eine zweitägige Rast einlegten. Wieder fanden sie in der Festung, die Jella bereits von ihrer Zugfahrt kannte, Unterkunft. Nur zu gern nutzte sie die Zeit, um sich und ihre Kleidung ausgiebig zu reinigen. Ein paar Tage später war der alte stinkende Status quo allerdings wieder erreicht. So schwer es Jella anfangs fiel, den Dreck mit Gelassenheit zu ertragen, nach weiteren zwei Tagen war er ihr egal. Je weiter sie in den Norden kamen, desto flacher wurde die Landschaft. Marktler erklärte, dass sie sich allmählich dem Rand der großen Kalahari-Wüste näherten, die sich östlich von ihnen vom Okawango-Delta bis hin nach Südafrika erstreckte. Der nördliche Teil der Kalahari war die Omaheke-Wüste.
    »Ein trostloses Stück Land, ohne Wasser und Weidegrund«, meinte der Händler. »Außer ein paar primitiven Buschmännern überlebt dort keiner.«
    »Sind das die berühmten Hottentotten?«, fragte Jella neugierig. Marktler schüttelte den Kopf. »Nein«, brummte er ungnädig. »Die meisten hier nennen alle Schwarzen, die einen auffälligen Fettsteiß haben, Hottentotten. Die ›echten‹ Hottentotten gehören zu den
Khoi-Khoin oder Namas. Sie leben eher im Süden in den ausgetrockneten Flussbetten der Namib- Wüste. Die Kalahari ist das Land der Buschmänner. Sie nennen sich selbst San, was so viel wie ›erster Mensch< bedeutet. Sie sind noch viel primitiver als die Hottentotten und leben schon seit Urzeiten als unzivilisierte Wilde in der Wüste. Man bekommt sie nur selten zu sehen. Sie meiden die Gebiete der Weißen, und wenn sie doch auf unsereinen stoßen, dann beklauen sie einen wie die Raben. Ein elendes Pack eben.«
    Jella schwieg. In den paar Monaten ihres Aufenthalts hatte sie schon oft abfällige Bemerkungen über die Einheimischen gehört. Sie fragte sich, ob es Vorurteile waren oder ob die Vorwürfe ihre Berechtigung hatten. Im Krankenhaus, aber auch jetzt auf ihrer Reise, waren ihr die Schwarzen immer freundlich und durchaus umgänglich erschienen. Lisbeth war felsenfest überzeugt, dass ihre Freundlichkeit nur daher kam, dass die Schwarzen in mühevoller, aufopfernder Arbeit missioniert worden waren. Jella konnte sich dagegen nur schwer vorstellen, dass allein der christliche Glauben aus »Wilden« umgängliche Menschen machte. Sie glaubte eher, dass es ihrem Naturell entsprach. Auf jeden Fall konnte sie außer der Hautfarbe und anderen Sitten und Gebräuchen keinerlei Unterschiede zwischen sich und den Einheimischen feststellen.
     
    Noch zweimal füllten sie auf ihrem Weg die Wasservorräte auf, bevor sie sich auf das unwirtlichste Stück ihrer Reise machten. Sie waren gezwungen, ein Stück der Omakeke-Wüste zu durchqueren. Die Sonne stach unerbittlich auf sie herab. Die Ochsen kämpften sich mit hängenden Köpfen vorwärts und konnten oft nur nach langem Zureden dazu gebracht werden, ihren Weg fortzusetzen. Jella saß mit hochrotem Kopf unter der Plane im ruckelnden Wagen. Immer wieder nahm sie aus ihrer Feldflasche einen kleinen Schluck Wasser, wobei sie gegen den unbändigen Willen ankämpfen musste, sich den gesamten Inhalt einfach
über den Kopf zu gießen. Marktler und Bittel trotteten scheinbar gleichmütig neben den Wagen her und mischten sich nur in Notfällen in die Arbeit der Treckführer ein. Die Hitze und die Eintönigkeit der Landschaft ließen auch die beiden bewaffneten Begleiter nachlässig werden. Längst ritt keiner mehr voran. Wozu auch? Die Wüste war eben und übersichtlich. Außer ein paar Rosinenbüschen und verstreuten Akazien und Kameldornbäumen war nichts zu sehen. Gegen Abend hatte die Monotonie ein Ende. Sie näherten sich einer kleinen Felsschlucht, in der sich eine Wasserstelle befinden sollte. Jellas Lebensgeister erwachten bei

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