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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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Jella das Papier entgegen und faltete es auseinander. Ihr Herz klopfte heftig, als sie auf einen Eintrag mit dem Namen Johannes Sonthofen stieß.
    »Woher haben Sie das?«, stammelte sie erregt. »Ich habe doch alles durchgesehen!«
    Dr. Kuhn verschränkte genüsslich seine Arme. »Die Papiere sind erst kürzlich in Windhuk eingetroffen. In Otjiwarongo wurde der Bezirkshauptmann ausgetauscht. Einiges lag dort im Argen. Unter anderem wurden auch diverse Unterlagen nicht ordnungsgemäß nach Windhuk gesandt. Darunter auch diese Katasterauszüge. Allem Anschein nach besitzt Ihr Vater eine Farm in der Nähe des Waterbergs!«

    Jella sah sich die Papiere genauer an. Sie konnte es einfach noch nicht fassen. Endlich, endlich hatte sie eine greifbare Spur! Dr. Kuhn zeigte ihr eine detaillierte Karte. Das tafelähnliche Hochplateau des Waterbergs lag über hundert Kilometer nördlich von Windhuk. Die Farm trug den lautmalerischen Namen Owitambe . Ein unkontrolliertes Zittern überkam sie plötzlich. Mit einem Mal war die Möglichkeit, ihren Vater zu finden, in greifbare Nähe gerückt. Gleichzeitig spürte sie auch einen Kloß in ihrem Hals. Würde ihr Vater sie überhaupt akzeptieren? Immerhin hatte ihr Großvater ihm jahrelang vorgegaukelt, dass sie das Kind eines anderen sei. Ärgerlich schob sie ihre negativen Gedanken beiseite. Wenn sie erst ihrem Vater gegenüberstand, würde sich alles klären. Ihr Freund Zille war schließlich immer der Überzeugung gewesen, dass Blut stärker war als alle Intrigen. Sie wollte es gern glauben. Am liebsten wäre sie sofort in den Norden aufgebrochen. Doch das gestaltete sich nicht so leicht, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sowohl Dr. Kuhn als auch Lisbeth rieten ihr von einer übereilten Abreise ab.
    »Was du vorhast, stellt alles, was du bisher erlebt hast, in den Schatten«, warnte sie ihre Freundin. »An den Waterberg fahren keine Eisenbahnen. Dorthin musst du tagelang reiten oder dich einem Ochsenwagentreck anschließen, der noch viel länger unterwegs ist. So wie es aussieht, macht sich allerdings im Moment niemand in den Norden auf. Du musst noch etwas Geduld haben. Irgendwann wird sich für dich schon eine Gelegenheit finden, dorthin zu kommen.«
    Doch Geduld aufzubringen war das, was Jella am schwersten fiel. Notgedrungen fand sie sich dennoch wieder in den Krankenhausalltag ein, auch wenn sie sich fortan jeden Tag in Tagträumen das Wiedersehen mit ihrem Vater vorstellte. Bald schon würde sie mit ihm auf seiner Farm in Afrika leben. Um dieses Vorhaben möglichst schnell in die Tat umzusetzen, ging sie beinahe jeden Tag
von den Bergen hinunter nach Windhuk und fragte im »Tintenpalast«, aber auch in den Stores nach Möglichkeiten, in den Norden zu reisen.
     
    Anfang November kam ausgerechnet Lisbeth, die ihre Freundin am liebsten für immer in ihrer Nähe gewusst hätte, aus der Stadt. Sie brachte eine aufregende Neuigkeit mit.
    »Jella, du musst packen«, meinte sie halb betrübt, halb freudig. »Übermorgen geht ein Ochsenwagentreck in Richtung Norden nach Otawi! Von dort ist es nur noch ein Katzensprung bis an den Waterberg.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Lisbeth sah Jella verschwörerisch an.
    »Erinnerst du dich an Selina, die junge Herero, die wir vor zwei Wochen von diesen prächtigen Zwillingen entbunden haben? Sie hat es mir verraten. Sie arbeitet als Küchenhilfe bei dem Händler Oswald Marktler. Ich besuche sie hin und wieder, um nach den Kleinen zu sehen. Mehr oder weniger beiläufig hat sie mir erzählt, dass ihr Herr sich zusammen mit einem anderen Händler auf in den Norden macht. Sie haben sogar zwei Bewaffnete Männer engagiert, die den Tross begleiten werden. Auf Monate hinaus wird das die letzte Chance sein, in den Norden zu reisen. Wenn die Regenzeit erst richtig beginnt, wird sich keiner mehr ohne Not auf den beschwerlichen Weg machen. Du musst diesen Marktler nur noch davon überzeugen, dass du mit willst.«
    Jella war begeistert.
    »Das lass mal meine Sorge sein!«

Gefährliche Wildnis

    Es war eine Rüttelpartie ohne Ende. Langsam holpernd schleppten sich die beiden voll beladenen Ochsenwagen über die staubigen Wege, die Pads, in Richtung Norden. Sie waren voll beladen mit Waren, die für die Siedler in Otawi gedacht waren. Neben Biltong, getrockneten Fleischstreifen, Stoffen, Reis, Saatgut und Werkzeugen befand sich auch ein riesiges Fass Branntwein darin, was die Fahrt insofern gefährlich machte, als Alkohol bei den einheimischen Hereros

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