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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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äußerst beliebt war. Zwei bewaffnete Männer und sechs schwarze Treckhelfer, die von den beiden Händlern eingestellt worden waren, begleiteten den Zug. Einer der Bewaffneten ritt in regelmäßigen Abständen ein Stück voraus, um die Lage zu sondieren, während der andere den Zug von hinten absicherte. Jella hockte neben dem vierschrötigen Oswald Marktler auf dem Kutschbock des vorausfahrenden Wagens, während im hinteren Planwagen ein etwas griesgrämig wirkender Händler namens Bittel saß. Vier kräftige Ochsen zogen je einen Planwagen und kämpften sich unter das Joch gezwängt tapfer durch den mal staubigen, mal von groben Steinen und Felsbrocken durchsetzten Pad. Bis Okahandja zogen sie durch die Senke zwischen dem im Western gelegenen hügeligen Khomas-Hochland und den im Osten liegenden, blaugrau schillernden Eros-und Otjihavera-Bergen.
    Zum ersten Mal, seit sie in Afrika angekommen war, hatte Jella Gelegenheit, ihre neue Heimat in aller Ruhe in sich aufzunehmen.
So grau und scheinbar lebensfeindlich das Land auf den ersten Blick aussah, so abwechslungsreich und vielfältig war es beim näheren Hinsehen. Mit Freude entdeckte sie immer wieder neue Pflanzen und Tiere und ließ sich vom Zauber der verändernden Landschaft einfangen. Im frühen Morgengrauen war die Landschaft von einer unglaublichen Klarheit gezeichnet. Die Büsche und Bäume zeigten nach den ersten Regenfällen ein zartes Grün, waren aber noch so licht, dass man ihre Äste und Zweige darunter klar erkennen konnte. Immer wieder beobachtete Jella Tiere, deren Namen und Aussehen sich so völlig von denen in ihrer Heimat unterschieden. Antilopen in allen Größen. Manche, wie die Ducker, waren klein wie Katzen und trugen nur kleine Stummelhörnchen auf ihrem Kopf, andere, wie die Kudus, waren groß wie Rothirsche und mit mächtigen Geweihen versehen. Schakale streunten durchs Unterholz, und hin und wieder war das irre Lachen von Hyänen zu hören. Auf dem kargen Geröll wuchsen gelbe, weiße und grüne Flechten, zwischen denen allerlei Reptilien auf die Jagd gingen. Manchmal ging der Pad an großen Felsblöcken vorbei, die wie gigantische, kreisrunde steinerne Murmeln übereinandergetürmt waren. Aus den Spalten wuchsen kräftige Bäume und ragten wie Geisterhände in die Landschaft. Ihre Äste waren bedeckt von totem Gezweig. Bei genauerem Hinsehen entdeckte Jella, dass es sich dabei um kunstvoll verschlungene Nestbauten handelte, in denen Hunderte von Webervögeln ihre Paläste gebaut hatten. Im Schatten der Bäume knackten Paviane mit ihren langen Reißzähnen Früchte und bleckten angriffslustig die Zähne in ihre Richtung, wenn der Zug ihnen zu nahe kam. Im Mittagslicht begannen die Konturen zu verschwimmen. Der blaue Himmel wurde gleißend hell und verschmolz mit dem ebenfalls immer heller werdenden Horizont zu einer flirrenden, unklaren Grenze.
    Bereits am ersten Tag ihrer Reise machte Jella eine überraschende Erfahrung. Im Schatten der Zeltplanen, die in einem Halbrund
über die Ränder des Wagens gezogen waren, döste sie vom unregelmäßigen Takt des Fahrzeugs geschüttelt vor sich hin. Das ewige Schaukeln und die schweigsame Art Oswald Marktlers hatten sie schläfrig werden lassen. Hin und wieder tönten die knappen Befehle Marktlers an die Treckhelfer. Rechts und links von ihnen wuchsen dichte mannshohe Rosinenbüsche, was die Fahrt noch eintöniger machte. Plötzlich knackte es im Gebüsch direkt neben Jella. Sie schrak auf und drehte sich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Unvermittelt sah sie sich zwei großen kugelrunden, schwarzen Augen gegenüber. Ein vor Schreck aufgerissener Schnabel, der auf einem schlangenähnlichen Hals saß, näherte sich ihr bedrohlich. Er gehörte zu einem riesigen Vogel, der gerade dazu ansetzte, nach Jellas Gesicht zu hacken. Mitten in seiner Hackbewegung schwenkte der Schnabel jedoch zur Seite. Marktler hatte dem Tier rechtzeitig einen heftigen Faustschlag versetzt. Benommen bog sich der lange Hals zurück, schnellte wieder nach vorn und pendelte nochmals zurück, bevor das riesige Tier seine tellerförmigen Flügel aufplusterte und auf langen Beinen die Flucht ergriff.
    »Was war das denn für ein Huhn?«, fragte Jella erschrocken.
    Zum ersten Mal seit ihrer Reise lachte der wortkarge Händler aus vollem Herzen. Selbst der griesgrämige Bittel verzog sein Gesicht zu einem schmalen Lächeln.
    »Das war ein Vogel Strauß«, erklärte der Händler und wischte sich eine Lachträne

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