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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Erde. Roly, getrieben von den Neckereien der anderen, schuftete mit zusammengebissenen Zähnen und totenblassem Gesicht. Er schaffte trotzdem mehr als Greg und Bobby. Jack McKenzie und Lieutenant Keeler wechselten sich dabei ab, die beiden zu rüffeln.
    »Bin doch kein Maulwurf«, murrte Bobby gerade wieder mal, und Jack wandte die Augen gen Himmel. Immer wieder die gleiche Ausrede für Faulheit. Auch Greg pflegte zu tönen, dass er viel lieber mit der Waffe in der Hand Streife ginge, statt sich in die Erde zu wühlen. Dabei flogen ihnen eigentlich genug Kugeln um die Ohren. Die Türken gegenüber – da es in Gallipoli überall eng war, hatten die Feinde sich kaum mehr als hundert Meter voneinander entfernt eingegraben – belegten die Truppe schon während des ganzen Tages mit Störfeuer. Jack grub deshalb in Windeseile. Er wollte fertig werden und der Artillerie das Schussfeld freigeben. Schließlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die Türken ihre Gräben voll bemannt und schwerer bewaffnet hatten.
    Und dann bewahrheiteten sich auf einen Schlag seine schlimmsten Befürchtungen. Im Gegensatz zu den Briten hatten die Türken Handgranaten, und irgendjemand auf der anderen Seite versuchte sich jetzt im Zielwerfen.
    Jack und seine Leute arbeiteten »unter Tage«, als es passierte. Die Überlebenden aus dem nächsten Graben erzählten später, dass einer der Feinde sich todesmutig kurz über dem Graben aufgerichtet, das Geschoss entsichert, geworfen und mit tödlicher Zielsicherheit – oder einfach mit Glück – getroffen habe. Die Granate explodierte im Graben hinter Jacks Leuten. Sie schleuderte die Erde empor und zerriss die Männer, die den Boden dort mit Balken auslegten und die Wände verschalten. Jack und die anderen hörten den Lärm und die Schreie; direkt einsehen konnten sie die Stelle nicht, was sie auch vor Schrapnellsplittern und auffliegenden Trümmern schützte.
    Doch Jack erkannte die Gefahr.
    »Raus hier! Schnell! In die Gräben!«
    Die Verbindungsgräben nach hinten boten Schutz und Rückzugsmöglichkeit. Allerdings vermutete Jack, dass sie jetzt von Soldaten verstopft waren, die gerade nach vorn drängten.
    »Blödsinn!«, donnerte denn auch Lieutenant Keeler. »In Verteidigungsstellung! In die fertigen Gräben und zurückschießen! Bajonette aufpflanzen, falls jemand durchbricht! Schaltet die Kerle aus!«
    Aber bevor die Männer die widersprüchlichen Befehle auch nur verarbeiten konnten, explodierten bereits weitere Granaten. Eine davon direkt über ihren Köpfen. Die Erde bebte, der Stollen brach ein ... Instinktiv hielten die Männer die Schalbretter über die Köpfe. Verschüttet werden konnten sie kaum, schließlich verlief der Stollen kaum mehr als einen Meter unter der Erde. Das herabstürzende Erdreich bot eher Deckung.
    Roly O’Brien konnte jedoch nicht mehr denken. Statt liegen zu bleiben, schüttelte er die Erde wie von Sinnen von sich, robbte durch den Stollen, richtete sich halb auf und wollte nach hinten. Als er die Gräben von Menschen verstopft sah, machte er Anstalten, hinauszuklettern. Jemand zog ihn am Hosenbund zurück. Roly kämpfte gegen ihn ... und fand sich plötzlich Major Hollander gegenüber.
    »Was soll das denn, Soldat?«
    Roly starrte ihn mit irrem Blick an. »Ich will hier raus!«, schrie er und machte einen weiteren Ausbruchsversuch. »Ich muss weg ... die Mine stürzt ein!«
    »Sie wollen desertieren, Soldat?«
    Roly begriff seine Worte nicht. »Weg! Wir müssen alle weg ...!«
    »Der Mann weiß nicht, was er redet.« Lieutenant Keeler, der sich inzwischen aus dem Schutt gearbeitet hatte und Anstalten machte, die neuen Männer auf die Schießscharten zu verteilen, schob sich dazwischen. »Erste Feindberührung, Sir. Es ist die Panik, Sir.«
    »Das treiben wir ihm jetzt aus!« Der Major holte schwungvoll aus und versetzte Roly zwei gewaltige Ohrfeigen. Roly fiel nach hinten, verlor das Gleichgewicht, kam aber wieder halbwegs zu sich. Er tastete nach seiner Waffe.
    »Richtig!«, lobte Lieutenant Keeler. »Gewehr aufheben, Schießscharte aufsuchen, Feuer erwidern. Umso schneller kommen Sie hier wieder raus!«
    Fassungslos ließ Roly zu, dass ihn zwei Kameraden in eine Nische des Grabens zerrten und ihn zwangen, das Gewehr anzulegen. Der Himmel über ihm war zwar bleigeschwängert, aber immerhin frei. Roly konnte wieder atmen.
    »Das wird Folgen haben, das verspreche ich! Auch für Sie, Lieutenant! Sie hätten den Kerl beinahe desertieren lassen. Wenn das hier zu

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