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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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kenne Ben Biller ja nicht, aber er müsste schon eine seltene Lichtgestalt sein, um dem Helden in der 
Herrin
 nahezukommen. Was machen wir jetzt? Irgendeine Idee?«
    Elaine warf den Kopf so heftig zurück, dass ihre Locken sich aus der strengen Frisur befreiten und ihr Hütchen endgültig auf Halbmast ging.
    »Ich schreibe jetzt erst mal einen bewundernden Leserbrief an ›Brenda Boleyn‹. Und frage vorsichtig nach den Details meiner Familiengeschichte. Vielleicht ist sie ja eine lange verschollene Cousine, welche die Erbfolge von Kiward Station noch mal so richtig nett durcheinanderbringt. Mal sehen, was Lily antwortet.«
    Elizabeth grinste. »Eine sehr diplomatische Lösung – elegant an Tim vorbei. Brenda ist dann wahrscheinlich eine alte Schulfreundin, ja? Aber auf Dauer müsst ihr das lösen, Elaine. Es ist doch eine Farce, dass sich da zwei Familien bekriegen wegen nichts und wieder nichts.«
    »Aber originell«, bemerkte Elaine. »Die Montagues und Capulets schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein, während Romeo Polynesisch lernt und Julia ihre Familiengeschichte zu Geld macht. Das ist nicht mal Shakespeare eingefallen!«
     
    Verehrte Miss Boleyn,
     
    nachdem ich nun das dritte Ihrer literarischen Werke lesen durfte, erlaube ich mir hiermit, Ihnen meine allergrößte Bewunderung und Hochachtung für Ihr schriftstellerisches Talent auszusprechen. Es ist selten einer Autorin gelungen, mich mit ihrer Fantasie derart zu fesseln.
    Doch bitte erlauben Sie mir eine Frage: Zu meiner Verwunderung finde ich in bisher allen Ihren Werken bemerkenswerte Parallelen zu der Geschichte meiner Familie. Zunächst glaubte ich an Zufall, dann an eine mögliche spirituelle Verwandtschaft. Ein zweifellos sensitiver Mensch wie Sie dürfte mediale Fähigkeiten besitzen. Aber warum ist es gerade meine Familie, die Ihnen Ihr möglicher Schutzgeist beschreibt? Über all diese Gedankengänge bin ich zu der Überlegung gelangt, dass Sie vielleicht eine uns bisher unbekannte oder verschollene Familienangehörige sein mögen, die auf ganz diesseitige Weise Kunde von meiner Geschichte hat. Sollte das der Fall sein, so würde ich mich über eine Kontaktaufnahme sehr freuen. Ich verbleibe mit anerkennenden Grüßen
     
    Ihre Elaine Lambert
     
    Lily stutzte zunächst, als sie die Schrift der Schreiberin sah, doch sie erhielt so viel Leserpost, dass sie sich längst nicht mehr auf das Schriftbild konzentrierte. Bei der Lektüre der ersten Zeilen jedoch wurde sie rot, um dann loszukichern.
    Sie griff nach ihrer Schreibmaschine, überlegte es sich dann aber anders. Auf einen ihrer geliebten, parfümierten Briefbogen schrieb sie die Worte:
     
    Geliebte Mummy ...
     

4
    Gwyneira McKenzie war nie ein besonders geduldiger Mensch gewesen, und daran hatte auch ihr fortgeschrittenes Alter nichts geändert. Dieser Sommer hatte ihr nun das Äußerste an Langmut abgefordert: erst Glorias Rückkehr und ihre Ablehnung, dann ihr erneutes Verschwinden, diesmal mit den Maoris, und jetzt Jack. Elaines Besuch hatte ihr immerhin ein wenig Auftrieb gegeben. Es war schön, ihre lebhafte Enkelin und deren aufgeweckte Jungs um sich zu haben. Die herumtobenden Kinder ließen das Haus zu neuem Leben erwachen. Aber Jack war nicht aufgetaut; er schlich weiter wie ein betrübter Geist durchs Haus. Und auch Gloria ließ nichts von sich hören, obwohl Gwyn überzeugt war, dass Verbindungen zwischen dem wandernden Stamm und den auf Kiward Station verbleibenden Maoris bestanden. Gwyneiras Maori war nicht perfekt, aber sie meinte, Kiri und Moana in der Küche oft über Besucher plaudern zu hören. Es wäre leicht gewesen, auch ihr einen Gruß zu übermitteln. Aber Gloria hüllte sich in Schweigen – und Gwyneira war der Explosion ihrer aufgestauten Gefühle gefährlich nahe.
    Schließlich erwischte es Jack, an dem Tag, als die Maoris ihre Wanderung endlich beendeten. Kiri und Moana baten um früheren Ausgang. Sie bereiteten nur ein rasches, kaltes Abendessen für ihre Herrschaft.
    »Stamm zurück, wir feiern!«, erklärte Moana vergnügt.
    Gwyneira erwartete daraufhin Glorias Ankunft, aber das Mädchen ließ sich nicht blicken. Als auch der Nachmittag zu vergehen schien, ohne dass sie heimkehrte, klopfte Gwyneira an Jacks Zimmertür. Als niemand antwortete, riss sie die Tür auf.
    Ihr Sohn lag auf dem Bett und starrte an die Decke. Er schien ihr Klopfen nicht gehört zu haben. Tuesday, die an seinem Fußende gelegen hatte, sprang auf und bellte zur Begrüßung. Gwyn

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