Der Ruf der Kiwis
sie hat die Blumen dafür am Busen getragen. Und nun schaut sie jeden Tag danach aus, ob Sie das Lesezeichen wirklich bei sich tragen ...«
Christopher lächelte und zog Brigit fester an sich. Die Polka ging in einen Walzer über, da war das vertretbar.
»Du kannst ihr sagen, ich halte es in Ehren«, bemerkte er. »Und du hast Recht, Mary ist ein reizendes Kind ...« Seine Finger spielten leicht mit ihrer Hand.
»Aber Ihnen ist eine Frau lieber, nicht wahr, Reverend?«, flüsterte Brigit verschwörerisch. »Ich frage mich, ob ich Ihnen gefalle ...«
Christopher biss sich scheinbar peinlich berührt auf die Lippen. Jetzt begann das Spiel, das er liebte: Die Frage, wer wem eher seine Unschuld anbot – das Mädchen dem Geistlichen oder der Geistliche der Frau. Vorerst würde es sich auf harmlose Plänkeleien beschränken, ein Wort hier, eine Berührung da. Und bei einem so jungen Mädchen wie Brigit würde er kaum über einen Kuss hinausgehen. Obwohl ... sie schien erfahrener, als er gedacht hatte ...
Mehr als zwei Tänze mit einer Partnerin zu tanzen, noch dazu einer so jungen, schickte sich nicht für den Reverend. Deshalb trennte Christopher sich nach dem Walzer von Brigit. Nicht zu ungern, das gehörte zum Spiel. Er verbeugte sich formvollendet vor ihr und führte sie zurück zu ihrem Tisch. Während er ihr den Stuhl zurechtrückte, hörte er zwei Mädchen am Nebentisch miteinander flüstern.
»Da siehst du’s, er ist verliebt in sie!«, erklärte Lilian triumphierend. »Ich hab’s dir gesagt. Er tanzt mit ihr, aber lieber würde er sie küssen. Und für Miss Bleachum hat er keinen Blick ...«
Christopher erstarrte. Der rothaarige Kobold! Verdammt! War seine Zuwendung zu Brigit Pierce-Barrister wirklich so offensichtlich, oder hatte dieses Mädchen einfach ein Gespür für Verwicklungen? Auf jeden Fall war es geschwätzig. Wenn er nicht völlig in Verruf geraten wollte, musste ihm bald etwas einfallen. Christopher dachte an die letzte Standpauke des Bischofs und fühlte sich elend. Wenn seinem Vorgesetzten noch einmal etwas zu Ohren kommen sollte, konnte ihn das die Stelle kosten. Und Christopher war so gern in Sawston ... Er gab sich einen Ruck, lächelte den Schülerinnen und Lehrerinnen von Oaks Garden noch einmal zu und schlenderte dann zu Sarah hinüber.
»Würdest du gern tanzen, meine Liebe?«, fragte er höflich.
Sarah nickte und lächelte strahlend. Eben noch hatte sie etwas unwillig ausgesehen. Ahnte auch sie etwas? Christopher nahm ihre Hand. Er musste das jetzt durchziehen. Hatte er nicht längst entschieden, dass Sarah die ihm von Gott bestimmte Gattin war? Es wurde Zeit, die Sache zu beschleunigen.
Sarah nahm ihre Brille ab und folgte ihrem Cousin halb blind auf die Tanzfläche. Es war schön, von ihm umfasst zu werden. Sarah hatte das Gefühl, sich ganz seiner Führung zu überlassen, aber Christopher hatte das Gefühl, einen Mehlsack in seinen Armen zu halten. Entweder musste er sie ziehen, oder sie trat ihm auf die Füße. Er zwang sich, trotzdem zärtlich zu lächeln.
»Ein schönes Fest, meine Liebe«, bemerkte er. »Und du hattest großen Anteil daran. Was hätten wir ohne deine Vorbereitungshilfe getan?«
Sarah hob den Kopf und blickte zu ihm auf, sah sein Gesicht aber nur verschwommen. »Aber ich habe so wenig von dir«, beschwerte sie sich sanft. »Musst du mit all diesen Frauen tanzen? Mrs. Buster hat schon eine Bemerkung gemacht ...«
Christopher durchfuhr es heiß und kalt. Die alte Hexe hatte also auch etwas gemerkt. Es half nichts, er musste Nägel mit Köpfen machen. »Sarah, meine Liebe, Mrs. Buster wird jede Gelegenheit nutzen, boshaften Klatsch zu verbreiten. Aber wenn es dir recht ist, werden wir ihr eine gute Botschaft mit auf den Weg geben. Ich möchte dich heiraten, Sarah! Hast du etwas dagegen, wenn wir es heute aller Welt verkünden?«
Sarah errötete sofort und konnte nicht weitertanzen. Endlich! Er hatte endlich gefragt! Eine winzige Regung in ihr protestierte noch – ein Heiratsantrag war für Sarah eigentlich eine intimere Angelegenheit. Und an sich hätte sie auch erwartet, Christopher würde ein Ja von ihr hören wollen, ehe er es ausposaunte. Aber diese Regungen gehörten noch zu der alten Sarah, der Frau, die sie gewesen war, bevor sie wirklich liebte. Sarah bemühte sich zu lächeln.
»Bitte ... ich möchte ... also, ich ... habe nichts dagegen ...«
»Miss Bleachum sieht aus, als wäre sie vor eine Tür gelaufen«, bemerkte Lilian
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