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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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über den Boden gesenkt. Ethan sah sich besorgt nach seinem Packpferd um. Er wusste, dass er Boomer nicht überanstrengen durfte. Doch das ältere Pferd machte nicht den Eindruck, als ob er am Ende seiner Kräfte wäre. Ganz im Gegenteil – es schien den Morgen zu genießen und holte so weit aus, dass Ethan ab und zu warnend am Führstrick zupfen musste, um den Wallach in seinem Eifer zu bremsen.
    Eine frische Brise wehte, aber die Sonne stieg bald über die Hügel-kämme. Mit ihren Strahlen verdrängte sie die Nachtkühle schnell und endlich sah es einmal so aus, als ob es warm werden würde.
    In zügigem Tempo kamen sie voran, als der Hund plötzlich am Fuß eines Hügel stehen blieb, den Kopf hob und in die Luft schnupperte. Dann schlug er zielstrebig einen schmalen Pfad ein, der in Serpentinen bergauf führte. Immer wieder sah er sich nach Ethan um – aber Sonny war ihm dicht auf den Fersen.
    Ethan musterte die Spuren, die sich durch das graugrüne Gras zogen. Vermutlich war das ein Ziegenpfad, denn Rehe gab es in diesen Höhen nicht mehr. Doch dann entdeckte er etwas, das sein Herz höher schlagen ließ: Pferdemist! Und zwar nicht eingetrockneter – sondern ganz frischer.
    Schon hatte Laird den Hügelkamm erreicht. Ethan sah, wie er unvermittelt innehielt und eine Pfote hob. Der Hirschhund war auf eine Spur gestoßen.
    Sonny tänzelte aufgeregt. Entweder spürte er die Aufregung seines Reiters oder er wollte sich endlich austoben – denn mit einem Mal galoppierte er los, ohne dass Ethan ihn dazu aufgefordert hätte. »Ruhig, Sonny.« Ethan griff die Zügel fester. Doch erreichten sie bereits den Hügelkamm und Sonny fiel von allein in Schritt.
    Und jetzt sah Ethan, was sein Wallach schon vor ihm gespürt haben musste. Unter ihm tat sich eine Senke auf. Eine kleine Herde verwildert aussehender Ponys hatte sich in einem Pulk dicht zusammengedrängt. Einige von ihnen grasten friedlich, andere dösten.
    Ethan spürte, wie sein Herz bis zum Hals schlug. Eine der Wildpferdherden! Hier hatte Patricia hingewollt.
    Ein Schimmel – offenbar der Leithengst – stand ein paar Schritt entfernt und schlug unruhig mit dem Schwanz. Er sicherte die Umgebung. Plötzlich nahm auch eine schwarze Stute Witterung auf. Den Moment wählte Laird, um laut bellend den Hügel hinabzustürzen.
    »Laird, bei Fuß«, wollte Ethan noch rufen, doch es war zu spät. Alarmiert hoben die Ponys die Köpfe und rasten davon.
    Zurück blieb nur ein graues Pony. Es hatte nicht wie die anderen gegrast, sondern in der Mitte des Pulkes am Boden gelegen. Warum machte es keine Anstalten aufzustehen? Ethan wusste, dass Wildpferde sich nur selten hinlegten, und wenn, dann nur im Schutz der Herde. Sie hatten einen so starken Herdentrieb, dass sie nie alleine zurückbleiben würden. Das Tier musste krank sein, sagte er sich, während er Sonny den Hügel hinunterlenkte.
    Aber dann weiteten sich seine Augen. Unwillkürlich ließ er den Strick los, mit dem er Boomer führte, und trieb Sonny an. Dicht vor dem grauen Pony parierte er den Wallach durch. Noch immer regte sich das Tier nicht, es sprang nicht auf, um vor dem Fremden zu flüchten.
    Nein, es war nicht krank. Es war auch keines der wild lebenden Ponys. Es war Dallis! Die Stute hatte sich dicht an eine Gestalt gedrängt, die leblos neben ihr im Gras lag.
    »Sie kommen gleich«, murmelte Ethan und küsste vorsichtig Patricias Stirn. Er hatte ihren Kopf in seinen Schoß gelegt. Wie oft hatte er davon geträumt, sie so halten zu dürfen. Doch jetzt, als er es wagte, vermochte er sich nicht zu freuen.
    Patricias Gesicht glühte und er konnte nicht erkennen, ob sie schlief oder bewusstlos war. Sie hatte die Augen bisher nicht geöffnet, doch als er mit zittrigen Fingern nach ihrem Puls gefühlt hatte, war dieser zwar schwach, aber dennoch erkennbar gewesen.
    Ethan hätte vor Erleichterung fast aufgeschluchzt, denn nach einem Blick auf Patricias wächserne Gesichtshaut hatte er tatsächlich das Schlimmste befürchtet.
    »Sie kommen gleich mit dem Hubschrauber«, fuhr er fort. »Sie können hier landen, weißt du, in der Senke ist Platz genug. Ich kenn das von meinem Vater, der hat mir mal erklärt, unter welchen Bedingungen Hubschrauber landen können. Und das Wetter – es ist so strahlend schön. Sie werden uns gleich finden.« Er hielt inne. Seine Worte waren sinnlos, Patricia konnte ihn nicht hören. Und doch redete er weiter auf sie ein, schon allein, um die Stille der Highlands zu durchbrechen. Denn

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